Blitz und Pam
ist?« fragte er. Er spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Ungehalten sagte er: »Enttäuschung birgt keine magischen Kräfte in sich, Pam, und das ist, was ich empfinde, wenn ich an uns beide denke.«
»Enttäuschung?« wiederholte sie. »Ich dächte doch, da gebe es etwas an deres für uns — Treue zum Beispiel, sich selbst und dem andern gegenüber, und unser Glück.«
»Schön«, sagte er ruhig, »dann verderbe ich eben unser Glück und sage. Ich liebe dich zu sehr, als daß ich dich gehen lassen könnte.«
»Aber du mußt«, sagte sie ebenso ruhig.
»Warum?«
»Weil ich glaube, daß wir beide das erlangen werden, was wir wollen, wenn die Zeit dazu gekommen ist.« Ihre Stimme bebte, und sie war den Tränen nahe. »Aber nicht jetzt. Ich bin genau sowenig wie du bereit, mich niederzulassen. Ich habe noch zuviel zu sehen und zu tun, und du auch. Es wäre keinem von uns beiden gegenüber fair. Wir würden uns eingeengt fühlen und könnten nicht tun, was wir möchten.« »Wird das später besser sein?« fragte Alec und bemühte sich, die Bitterkeit aus seiner Stimme fernzuhalten.
»Ich denke ja«, antwortete sie leise. »Das hab’ ich gemeint, als ich sagte, wir würden beide das erlangen, was wir wollen, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Es gibt da nichts Enttäuschendes — nicht mit allem, was wir zu tun haben, und nicht, wenn du mich so liebst, wie ich dich liebe. Es ist nur eine Wartezeit.« Sie hielt einen Moment inne, ehe sie weitersprach. »Schau es so an, Alec: Wenn ich dich bäte, mit mir wegzugehen, würdest du kommen?«
Alec ließ seinen Blick auf die Straße geheftet, aber er spürte, daß sie ihn mit den Augen ebenso wie mit der Stimme ausfragte.
»Nein«, sagte er endlich. »Du weißt, daß ich das nicht täte. Ich könnte gar nicht. Ich gehöre in die Rennwelt.«
Sie lachte, aber ihre Augen blieben ernst.
»Siehst du?« meinte sie. »So einfach ist das. Du hast Wichtiges zu tun, und ich habe eben auch Wichtiges zu tun.«
»Es ist aber nicht ganz das gleiche«, widersprach er. »Auf der Farm wärest du in der Natur und bei alldem, was du liebst.«
»Ich weiß«, pflichtete sie ihm bei. »Ich will ja auch zu alldem und zu dir zurückkommen. Aber nicht jetzt«, fügte sie hastig hinzu. »Es ist für uns beide noch zu früh.«
»Man wird dir weh tun, wenn du so weitermachst«, sagte Alec. »Man wird dich überrennen. Du wirst sehen, daß es Leute gibt, die viel schlimmer sind als Henry, und du wirst sie nicht ändern können, wie du ihn geändert hast.«
»Dann werden wir eben zusammen gegen sie kämpfen, sobald ich zurückkomme«, tröstete sie ihn aufgeräumt. »Mach dir keine Sorgen!« »Ich gedenke nicht zu warten, bis du zurückkommst«, sagte er entschlossen. »Ich werde dir nachreisen. Wo du auch hingehst, ich werde dort sein, und wenn es auch nur jeweils für einen Tag ist — bis ich sehe, daß du bereit bist, zurückzukommen und zu bleiben. Ich gebe dich nicht auf.«
»Das wäre ja herrlich«, entgegnete sie.
Nachdem sie auf der Farm angekommen waren, wartete Alec in der Wohnung, während Pam ihre Sachen packte. Die ganze Zeit über lief der Plattenspieler, den sie bis zuletzt stehen ließ. Die Musik zersprengte beinahe den kleinen Raum. Irgendwo in jenen grellen Akkorden, jenen dröhnenden Gitarren, jenen verworrenen Chören vermeinte er etwas herauszuspüren, das ihm Pams Drang weiterzuziehen erklärte. Doch er konnte es nicht greifen. Die Musik war zu laut, zu primitiv. Sie brachte ihm den Kopf durcheinander.
Nur wenn Pam Platten spielte, auf denen Volkslieder gesungen wurden, konnte er aus der Musik etwas heraushören, das ihm etwas sagte. Er hörte den klaren Stimmen, den schönen Worten zu, die von Liebe, Freude und Morgensonne erzählten. Das war Pam, wie er sie kannte. »Wo gehst du hin?« fragte er schließlich, wohl wissend, daß ihm nun nichts mehr übrig blieb, als sich nach der Richtung zu erkundigen, die sie einschlagen wollte.
Sie kam hinter der spanischen Wand, welche die Küche abtrennte, hervor. Sie hatte ihre Stadtkleider abgelegt und trug nun einen weichen Cowboy-Hut und ihr übliches Tenue: Jeans, ein verwaschenes blaues Hemd mit heruntergeknöpftem Kragen und braune Wildlederschuhe, die das Putzen dringend nötig gehabt hätten. Sosehr sie sich bemühte, Stall und Pferdegeschirr sauber zu halten, so schien es zu ihrem Stolz zu gehören, ihre Wildlederschuhe niemals mit einem Schwamm zu berühren. Alec wunderte sich über diesen Gegensatz. Vielleicht
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