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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Bäumen vorbeiführte, daß deren Äste die
Seiten des Autos streiften.
»Und was ist, wenn wir nicht mehr umdrehen können?«
fragte Kevin, der sich instinktiv duckte, als ein Ast gegen die
Windschutzscheibe schlug.
»Mach dir keine Sorgen«, hörte er seinen Vater sagen. »Ich
bin schon oft hier gewesen.«
Etwas in der Stimme seines Vaters machte Kevin stutzig. Er
schaute seinen Vater an.
Die Augen des Mannes und die des Jungen trafen sich einen
Moment lang, dann sah Kevin weg.
Da war etwas in den Augen seines Vaters, das er nie zuvor
gesehen hatte.
Etwas, das ihm Angst machte.
    Anne hörte, wie die Post durch den Schlitz in der Haustür
geworfen wurde und wandte ihre Augen vom Monitor ab. Sie
entspannte ihre Nackenmuskulatur, stand auf und dehnte ihren
ganzen Körper. War es denn möglich, daß sie wirklich schon
drei Stunden vor dem Computer in ihrem Arbeitszimmer saß,
um die Akten über die Interviews durchzusehen? Aber jetzt,
nachdem sie in ihrer Konzentration gestört worden war, kam es
ihr sogar noch viel länger vor: Ihre Beine waren steif, und ihre
rechte Schulter tat ihr vom ständigen Bedienen der Maus weh.
Bis jetzt hatte sie allerdings noch nichts gefunden. Sie hatte
sich lediglich durch lange und ermüdende Informationen
gearbeitet, die ihr noch so bekannt waren, daß sie sie im Schlaf
hätte herunterbeten können.
    Unabhängig davon, ob Richard Kraven nun der Serienmörder war, für den sie ihn nach wie vor hielt, war er ganz
gewiß ein Mann mit vielen Gesichtern gewesen. Er hatte sich
nicht nur in Biologie und Elektrotechnik ausgekannt, sondern
darüber hinaus auch noch Religion und Metaphysik studiert.
Ferner hatte er die Künste geliebt, vor allem den Tanz. Deshalb
hatte er auch jedes Jahr mindestens tausend Dollar dem Ballett
gespendet.
    Dutzende, Hunderte von Menschen hatten ihn gekannt, doch
darunter war niemand gewesen, der von ihm wie von einem
Freund gesprochen hatte.
    Eine ganze Menge der von ihr interviewten Leute hatten ihn
immer wieder mit denselben Worten charakterisiert. Darunter
hatten sich viele positive Beurteilungen gefunden:
»Charmant… faszinierend… belesen… genial.«
    Aber auch weniger schmeichelhafte Attribute waren ihm
wiederholt zugeschrieben worden:
»Kalt… distanziert… gleichgültig… unnahbar.«
Seufzend mußte Anne sich eingestehen, daß ihre anfängliche
Zuversicht, in den Akten etwas zu finden, das ihr bislang
entgangen war, allmählich schwand. Sie ging durch das
Wohnzimmer in den Flur.
Noch bevor sie sich hinunterbeugte, um die auf dem Boden
verstreut liegende Post aufzuheben, fiel ihr etwas auf: ein
weißer, ganz gewöhnlicher Briefumschlag mit ihrem Namen
und ihrer Adresse. Und er war in derselben spitzen Schrift
beschrieben wie das Papier, das sie erst vor kurzem in Rory
Kravens Wohnung gelesen hatte. Sie ließ die übrige Post liegen, nahm den Umschlag und riß ihn auf. Sie wollte schon die
eine Seite, die darin steckte, herausziehen, doch dann hielt sie
sich zurück.
Fingerabdrücke! Vielleicht, aber nur vielleicht war die Person, die den Brief geschrieben hatte, unachtsam gewesen. Mit
zitternden Händen trug sie den Brief in die Küche, fand eine
Zange und zog vorsichtig das gefaltete Papier aus dem
Umschlag. Mit klopfendem Herzen las sie, was darauf stand.
    Teuerste Anne!
Zunächst eine Erklärung: Wie Sie sicher
wissen, hatte ich während meines vorübergehenden Gefängnisaufenthaltes keine
Gelegenheit, mein chirurgisches Geschick
weiter zu vervollkommnen. Deshalb ist es
auch zu dem Mißgeschick mit der Katze
Ihrer Tochter gekommen. Ich hätte einfach
noch mehr Praxis gebraucht. Vielleicht hätte
ich meine Signatur hinterlassen sollen, aber
da es sich ja nur um eine Katze gehandelt hat
war diese Arbeit nicht repräsentativ für das,
was ich wirklich zu leisten imstande bin.
Übrigens hat niemand die Katze hinausgelassen. Ich bin ins Haus gegangen und habe
sie mir geholt, genau wie ich hineingegangen
bin, um die Nachricht auf Ihrem Computer
zu hinterlassen. Ich kann nämlich jederzeit in
Ihr Haus gehen. Immer – wann ich will.
    Anne war zu Eis erstarrt. Sie las den Brief ein zweites, dann
ein drittes Mal. Blanke Panik stieg in ihr hoch; sie spürte den
seltsamen Drang, durchs Haus zu rennen, alle Fenster und
Türen zu verschließen und die Vorhänge zuzuziehen. Aber
draußen war heller Tag, elf Uhr Samstagmorgen. Was konnte
ihr schon geschehen. Und falls Richard Kraven…
    Nein! Nicht

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