Blockade
Schmerzen, mit zerschundenen Wangen und besudeltem Gesicht öffnete er die Augen. Er lag in einer seltsam gemusterten Schlammpfütze.
Die Muster wurden von den dazwischenliegenden Schatten der Maispflanzen gebildet. Der Schlamm waren die Marschen. Dod grinste und warf eine Handvoll Schlamm nach den Vögeln. Sie kreischten ungläubig zurück.
Also war der Fühler ausgeschaltet worden. Dod untersuchte den Anzug. Irgendwie hatten die Düsen versagt, und er war bewußtlos in die Felder hinabgeglitten. Er erinnerte sich an das häßliche Schütteln der Luftströme – war es ihm gelungen, den Motor des Fallschirms zu zerstören oder war der Fallschirm nur nicht ordentlich gewartet gewesen?
Es war einerlei. Er aß die faden Lebensmittel, die er in der Notausrüstung fand. Dann richtete er sich unsicher in dem Anzug auf, so daß er die Landschaft überblicken konnte.
Die Vögel kreischten und kreisten um seinen Kopf. Er überlegte, daß sie seine Position verraten konnten. Er brach ein paar Maiskolben ab und warf sie den Vögeln zu, die sich darauf stürzten. Es war Zeit, daß er weiterkam.
Als er über die unendlichen Felder blickte, fühlte er Verzweiflung in sich aufkommen.
Sie zogen sich meilenweit hin, nur gelegentlich durch eine Feuerschutzschneise unterbrochen. Ein letztes Stück Horizont mußte er noch absuchen. Er bewegte sich vorsichtig in seiner verrückten Hockestellung.
Was er sah, veranlaßte ihn, sich erneut in den dicken Schlamm zu werfen.
Etwa eine Meile entfernt ging der Mais in eine Wiese über. Und mitten auf der Wiese stand eine Villa! Es mußte der private Wohnsitz eines hohen Funktionärs sein.
Lang hingestreckt und weiß im Morgennebel gab sie ihm neue Hoffnung. Einen Moment huschte Dod ein Blitz des Erkennens durch den Sinn – dies war das seltsame Rechteck, das er gesehen hatte, als sein Fallschirm versagte.
Es war seine einzige Hoffnung. Welche Gefahren diese Villa auch in sich bergen mochte, sie war eine Verbindung mit der Zivilisation. Dod blickte noch einmal zu den Vögeln empor und brach sich durch die Maisfelder vorwärts. Er mußte das Fort rechtzeitig erreichen, um die Botschaft seiner Großmutter noch zu hören. Und sie lag im Sterben.
Nach einer halben Stunde verfluchte Dod sein Ungestüm. Er wanderte im Kreis herum, denn zweimal war er schon zu seinen eigenen Fußspuren zurückgekommen.
Als er einen praktizierbaren Plan ausgearbeitet hatte, brauchte er trotzdem noch drei Stunden, bis er den Rand des Feldes erreichte. Ehe er daraus hervortreten konnte, veranlaßte ihn das klare pfeifende Geräusch eines Aufpassers, sich längelang gegen die harten Stengel der Pflanzen zu werfen. Er horchte ängstlich, aber das Geräusch erstarb wieder.
Die Vögel fanden ihn und kreischten sich gegenseitig wild an. Dod überlegte sich, ob er sie auslöschen sollte, doch schließlich belustigte ihn ihr ungläubiges Geschrei.
Nachdem er mehrere Minuten gewartet hatte, ob der Aufpasser wieder erscheinen würde, bewegte er sich aus dem Maisfeld heraus an den Perimeter der Villa vor.
Sollte er ihn überschreiten?
Wenn er den Perimeter überschritt, würden Wachroboter kommen. Überschritt er ihn nicht, hatte er womöglich einen Umweg von Hunderten von Meilen vor sich.
Vielleicht gelang es ihm, die Roboter zu bereden, wie er es auf der landwirtschaftlichen Station getan hatte. Denn er wußte, daß die Verzögerung eines einzigen Tages bedeuten könnte, daß er zu spät käme, um seine Großmutter nach dem Kinsella-Detweiler-Effekt zu fragen.
Er überschritt ihn.
Es geschah nichts.
Er bewegte sich vorsichtig auf das riesige Messingtor der Villa zu. Noch immer wurde er von keiner Stimme angerufen. Konnte dieses Haus unbewohnt sein? Verlassen? Hatte jemand in dem allgemeinen Umbruch, in dem sich das System befand, die Villa eilig verlassen und nicht die sonst übliche Vorsichtsmaßnahme getroffen, die Wachen zu aktivieren?
Er wollte gerade über die Tore klettern, doch schon durch seinen ersten Griff wurden sie auf leisen Angeln weit aufgestoßen. Er ging hindurch.
Er befand sich in einem Hof, der einem antiken Original nachgebildet worden war. Es war, als ob man Jahrtausende hinter sich ließ, wenn man sich dieser schönen Villa näherte. Ein kleiner Springbrunnen schickte einen dünnen Strahl in die Morgensonne. Auf dem Teich wuchsen Wasserlilien. Büsche und kleine Bäume warfen Licht- und Schattenmuster.
Sie mußte einem exzentrischen, anachronistisch gesinnten Funktionär gehören,
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