Blood Coven Vampire 04 - Beiss, Jane, Beiss-iO
Innern genauso sehr vermisst wie ich, wenn nicht noch mehr.
»Ja«, gibt sie zu. »Es wird schön sein, ihn zu sehen.«
»Wen zu sehen?«, mischt Crystal sich ein.
»Unseren Vater. Du weißt schon, den Typen, dem das Penthouse gehört, das ihr besetzt haltet«, antwortet Rayne, bevor ich etwas sagen kann.
»Oh. Ähm, er ist nicht da. Er musste wegen einer geschäftlichen Angelegenheit dringend weg und ist heute Morgen gefahren.« Crystal zuckt die Achseln. »Ich denke, dass er frühestens in einer Woche zurückkommen wird.«
»Moment mal, wie bitte?«, ruft Rayne und verliert die Fassung. »Scheiße, nimmst du mich auf den Arm? Er ist nicht hier?«
»Nein.« Crystal lächelt selbstgefällig. »Aber er hat gesagt, wir sollen euch ganz lieb von ihm grüßen.«
Ich weiß, ich sollte etwas sagen – irgendetwas, um Rayne zu beruhigen, bevor sie völlig durchdreht, aber der Kloß in meiner Kehle macht mir das Sprechen unmöglich.
Das ist so typisch. So verdammt typisch. Ich weiß nicht mal, warum ich überrascht bin. Sagen wir einfach, unser Dad ist nicht gerade der hingebungsvollste Vater auf dem Planeten. Er ruft nie an, und wenn er es doch tut, dann macht er immer Versprechen, die er nie hält. Der einzige Grund, warum wir ihn letztes Frühjahr an unserem Geburtstag zu sehen bekommen haben, war Jareths Eingreifen; Jareth hatte ihm geschrieben und ihm mitgeteilt, dass Rayne einen Virusinfekt hatte und im Sterben lag. Trotzdem, man sollte meinen, er könnte wenigstens die Höflichkeit haben, ein oder zwei Tage zu bleiben, wenn er gerade gehört hat, dass seine Töchter mehr als dreitausend Kilometer quer durchs Land fliegen wollen, um sich mit ihm zu treffen.
Ich schaue zu meiner Schwester hinüber. Sie wirkt gefasster, als ich erwartet habe. Was vielleicht noch beunruhigender ist. Eine wütende Rayne kann ich beruhigen. Die Rayne, die den Schmerz tief in sich verschließt, ist ein größeres Problem. Im Wesentlichen deshalb, weil all diese Wut und der Schmerz sich in ihr aufbauen, bis sie zu einem Pulverfass wird, bereit, bei der geringsten Provokation zu explodieren. Vor Kurzem hätte ihr Temperament sie beinahe ihre Beziehung mit Jareth gekostet. Und das wäre eine echte Tragödie gewesen, weil sie einander so sehr lieben.
Im sechsundzwanzigsten Stock des Gebäudes gleiten die Aufzugtüren auf. Wir folgen Crystal den Flur entlang und sie bleibt vor einer nichtssagenden Tür mit der Aufschrift PH 17 stehen. Sie hält einen kleinen Kartenschlüssel vor das Lesegerät und die LED-Lichter blinken grün. Die Tür schwingt auf und wir treten in ein helles, luftiges Appartement mit Fenstern, vom Boden bis zur Decke reichen.
Während ich mich umsehe, stoße ich einen leisen Pfiff aus. Die Wohnung ist unglaublich. Komplett in Weiß eingerichtet und mit den modernsten Möbeln, die ich je gesehen habe. Statt eines gewöhnlichen Sofas stehen dort eine weiße Lederbank und eine Chaiselongue aus einem Material, das verdächtige Ähnlichkeit mit einem Flauschteppich aus den Siebzigerjahren hat. Eine Sammlung von Glas- und Chromtischen in verschiedenen Höhen schmiegt sich zwischen die Sitzmöbel und als Krönung des Ganzen beansprucht ein riesiger Flachbildfernseher die gesamte Westwand. (Ich stehe nicht so auf moderne Möbel, aber dieser Fernseher ist verdammt beeindruckend.)
Eine Frau, die ich auf Anfang vierzig schätze, sitzt mitten im Raum, den Körper in einer Art komplizierter Yogaposition verbogen. Sie trägt nur sehr wenig - einen weißen BH und kurze Frotteeshorts - aber mit einem Körper wie ihrem würde ich mir auch keine Mühe mit Kleidern machen. Ihre Beine sind lang und gebräunt und auf ihrem straffen Bauch könnte man ein Vierteldollarstück tanzen lassen. Das blonde Haar trägt sie sehr kurz geschnitten.
Das ist unsere Stiefmutter? Die Frau, für die Dad unsere schöne, barfüßige Hippie-Erdmutter verlassen hat? Ich denke an Mom und ihre sanften Kurven, ihr langes, gewelltes Haar und ihre fließenden Röcke. Diese Frau ist definitiv die Anti-Mom.
Sie kreischt, als sie uns sieht, entwirrt ihre Gliedmaßen und springt auf die Füße. Bevor ich mir ganz sicher bin, was los ist, finde ich mich in ihren Armen wieder. Ich muss zugeben, für jemanden, der gerade trainiert hat, riecht sie gut – wie Vanilleeis. Ich dagegen rieche wahrscheinlich wie eine Olympia-Sportlerin an dem Tag, an dem sie ihr Deodorant vergessen hat.
»Rayne! Sunny!«, ruft sie und ihr Enthusiasmus kann es mit dem einer Cheerleaderin
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