Blood - Ein Alex-Cross-Roman
Rollbahren durch die Gegend, Ärzte, Krankenschwestern und Patienten gingen in allen Richtungen an mir vorbei.
Ein junger Mann lag auf einem Feldbett und blutete aus einer Risswunde am Haaransatz. »Muss ich jetzt sterben?«, fragte er jeden, der vorbeikam.
»Nein, Sie werden wieder ganz gesund«, sagte ich, da niemand sonst mit ihm reden wollte. »Alles in Ordnung, mein Sohn.«
Aber wo war Kayla? Es ging mir hier alles viel zu hektisch zu. Niemand, den ich nach ihr fragen konnte. Dann hörte ich eine Stimme hinter mir rufen.
»Alex, hier drüben!«
Annie winkte mir vom Ende des Flurs entgegen. Als ich bei ihr war, nahm sie mich am Arm und schob mich in eines der Behandlungszimmer − eine Nische mit zwei Betten, die durch einen grünen Plastikvorhang vom übrigen Geschehen abgetrennt war.
Medizinisches Personal stand im Halbkreis um das Bett herum.
Sie hatten alle Hände voll zu tun, und viele davon steckten in blutverschmierten Handschuhen.
Krankenhauspersonal kam und ging, und sie alle drängten sich an mir vorbei, als ob ich Luft wäre.
Das bedeutete, dass Kayla am Leben war. Ich ging davon aus, dass man hier versuchen wollte, ihren Zustand wenn möglich zu stabilisieren und sie anschließend in den Operationssaal zu schaffen.
Ich reckte den Hals, um so viel wie möglich sehen zu können, und dann entdeckte ich Kayla. Sie hatten ihr eine Maske über Mund und Nase gelegt. Irgendjemand nahm gerade eine rote, durchnässte Kompresse von ihrem Bauch, wo sie ihr die Bluse bereits abgeschnitten hatten.
Die Chefärztin, sie dürfte Mitte dreißig gewesen sein, sagte: »Stichwunde im Unterbauch, womöglich Milzverletzung.«
Jetzt kamen noch andere Stimmen hinzu, und ich versuchte, das Gesagte zu verstehen, aber es ging alles durcheinander und wurde immer unverständlicher.
»Blutdruck siebzig, Puls hundertzwanzig. Respiration dreißig bis vierzig.«
»Ich brauche eine Absaugung hier drüben, bitte.«
»Wird sie wieder gesund?«, platzte ich heraus. Ich fühlte mich wie in einem Albtraum, in dem niemand mich hören konnte.
»Alex…« Ich spürte Annies Hand auf meiner Schulter. »Du musst ihnen ein bisschen mehr Platz lassen. Viel wissen wir noch nicht. Ich sag dir Bescheid, sobald wir etwas sagen können.«
Da wurde mir klar, dass ich mich immer näher an das Krankenbett, zu Kayla, gedrängt hatte.
Mein Gott, ich sehnte mich so nach ihr und bekam kaum noch Luft.
»Sagt im siebten Stock Bescheid, dass wir so weit sind«, sagte die Ärztin, die hier im Zimmer das Kommando zu haben schien. »Sie hat einen harten Unterbauch.«
Annie flüsterte mir zu: »Das heißt, dass ihre Verdauung nicht mehr funktioniert.«
»Auf geht’s, Leute, bewegt euch.«
Da schubste mich jemand von hinten, und zwar ohne jede Spur von Freundlichkeit. »Bewegung, Sir. Gehen Sie aus dem Weg. Die Patientin schwebt in Lebensgefahr.«
Ich trat beiseite, und sie rollten ihre Bahre auf den Flur hinaus. Kaylas Augen waren immer noch geschlossen. Wusste sie, dass ich da war? Oder wer ihr das angetan hatte? Ich ging so dicht wie irgend möglich hinter der Prozession her. Doch plötzlich hatten sie sie in einen Fahrstuhl geschoben, und die Metalltüren zwischen ihr und mir hatten sich geschlossen.
Annie stand direkt neben mir. Sie deutete auf einen anderen Fahrstuhlschacht. »Ich kann dich nach oben ins Wartezimmer
bringen, wenn du willst. Sie geben alle ihr Bestes, das kannst du mir glauben. Sie wissen, dass Kayla auch Ärztin ist. Und alle wissen, dass sie ein wunderbarer Mensch ist.«
76
Die Patientin schwebt in Lebensgefahr… Alle wissen, dass sie ein wunderbarer Mensch ist.
Die folgenden drei Stunden verbrachte ich im Wartezimmer, allein und ohne jede Nachricht bezüglich Kaylas Zustand. Alle möglichen, verstörenden Schicksalsironien spukten mir im Kopf herum: Zwei meiner Kinder waren im St. Anthony’s zur Welt gekommen. Maria war hier für tot erklärt worden. Und nun Kayla.
Dann war Annie Falk wieder bei mir, kniete sich vor mich hin und sprach mich mit leiser, rücksichtsvoller Stimme an. Nichts auf der Welt hätte mir in diesem Augenblick mehr Angst einjagen können.
»Komm mit, Alex. Komm mit, bitte. Und beeil dich. Ich bringe dich zu ihr. Sie ist frisch operiert.«
Im Aufwachzimmer angekommen, dachte ich zuerst, Kayla sei noch betäubt, aber als ich näher kam, bewegte sie sich. Sie schlug die Augen auf, sah mich und erkannte mich sofort.
»Alex?«, flüsterte sie.
»Hey, du da«, flüsterte ich zurück und
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