Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
anderen Dämonen nehmen mich auf die leichte Schulter?« Ich schüttelte bloß den Kopf, denn ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte.
»Ich will dich, Lily! Ich will dich, und ich brauche dich.« Er hob mein Kinn. »Du weißt, was wir beide als Team erreichen könnten. Arbeite mit mir zusammen!«
»Rose opfere ich nicht.«
»Ich weiß.« Er trat zurück und wandte mir den Rücken zu. »Es gibt eine Möglichkeit, sie zu retten.«
»Ihre Seele in einen anderen Körper verfrachten?«
Er drehte sich um, und ich zuckte mit den Schultern.
»Ich habe auch meine Quellen. Aber diese Lösung gefällt mir nicht. Ich bringe niemanden um, damit Rose leben kann. Nicht, bis ich mir absolut sicher bin, dass es keinen anderen Ausweg gibt.« Zum ersten Mal hatte ich meine wahre Meinung zu diesem Thema ausgesprochen. Und während ein Teil von mir es hasste, dass ich dazu in der Lage wäre - dass ich das Leben einer Unschuldigen beenden könnte, um Rose Schutz zu bieten -, war ein anderer Teil erleichtert, dass es diese Möglichkeit überhaupt gab. Eine Lösung, auf die ich ausweichen konnte, wenn ich nur verzweifelt genug war.
Ob ich jemals so verzweifelt sein könnte, einem unschuldigen Menschen das anzutun, was Clarence und Konsorten mir angetan hatten - das wiederum wusste ich nicht.
»Es gibt vielleicht noch einen anderen Weg.« Schlagartig hatte Deacon meine Aufmerksamkeit. »Es ist gefährlich, aber...«
»Was?«
»Das Gefäß des Hüters.«
»Wie bitte?«
»Es hat eigentlich eine originellere Bezeichnung«, schmunzelte Deacon, »aber die Umschreibung trifft es ganz gut.«
»Was soll das sein?«
»Ein Gefäß, wie ein Topf oder ein Glas. Ich weiß nicht genau. Gesehen habe ich es noch nicht.«
»Und?«, drängte ich, obwohl das gar nicht nötig war. Ich hatte den Eindruck, ich wusste, wozu dieses Gefäß diente: Man bewahrte darin Seelen auf. Und Deacon würde gleich vorschlagen, Rose’ Seele da reinzustecken.
»Nur, bis wir einen passenden Körper für sie finden«, sagte er, nachdem er meine Vermutung bestätigt hatte.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Kommt gar nicht in die Tüte.«
»Warum nicht? Das ist doch die perfekte Lösung. Sie herausholen. Ihren Körper zerstören. Und mit ein bisschen Glück vernichten wir Johnson dabei gleich mit.«
»Wie? Wie willst du sie herausholen?«
Er wandte sich wieder ab. »Das schaff ich schon.«
»Erklär’s mir!«
Ich sah, wie sich seine Schultern verspannten, ehe er mir wieder in die Augen blickte. »Ich kann meine Essenz in den Körper schicken. Dann kann ich Rose rausstoßen.«
»Und Johnson? Der sieht da seelenruhig zu?«
»Vielleicht kämpft er darum, drinzubleiben, vielleicht kommt er auch raus.«
»Raus?«, wiederholte ich. »Und wo will er dann hin?« Ein schrecklicher Gedanke durchfuhr mich. »Mein Gott! Was ist, wenn er in deinen Körper eindringt?«
Der Anflug eines Lächelns tanzte um Deacons Mundwinkel. »Schön, dass dich diese Möglichkeit ebenso kränkt wie mich. Aber nein. Ich habe Mittel und Wege, meinen Körper zu schützen, wenn ich nicht drin bin.«
»Ach.« Ich ließ mir das Ganze ein wenig gründlicher durch den Kopf gehen, überlegte, was dann mit Rose passieren würde. »Sie lebt dann also in einem Topf wie eine dieser Kreaturen in den alten Folgen von Raumschiff Enterprise?« Das klang nun gar nicht erstrebenswert.
»Wir werden einen Körper finden«, sagte Deacon geduldig.
»Ich töte keine Unschuldige!«
Er deutete auf die Ölflecke am Boden. »Was wäre geschehen, wenn du ihn mit einem anderen Messer getötet hättest?«
»Die Leiche wäre immer noch da«, antwortete ich ihm langsam. »Leer. Einfach tot.«
»Genau.«
Ich schüttelte den Kopf. Die Vorstellung bereitete mir Unbehagen. »Dann wäre sie nicht sie selbst.«
»Bist du noch du selbst?«
Ich runzelte die Stirn. Ehrlich gesagt: Ich wusste die Antwort nicht.
Er fasste mich am Kinn. »Lily, er bringt sie so oder so um! Ihre Zeit läuft ab. Und die der Erde ebenso. Ich brauche deine Unterstützung, um den Schlüssel zu holen. Und du willst Rose von Johnson befreien. So geht es, Lily. Und nur so.«
»Aber der Körper eines Dämons ...«, entrüstete ich mich.
»Der Körper ist nicht entscheidend, sondern die Essenz. Das weißt du selbst, Lily. Wenn es jemand weiß, dann du.«
Er hatte recht. Mir gefiel es zwar nicht, aber ich wusste es.
»Na schön«, sagte ich schließlich. »Wo ist es?«
Er runzelte die Stirn. »Tja, das ist das Problem. Ich weiß es
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