Blood Sun
hatte.
Danny war zu Tode gehetzt worden wie ein Tier, davon war Sayid nun überzeugt. Er ließ den Film schneller laufen und sah die Polizei eintreffen. Der Bahnsteig wurde geräumt, ein Polizist zeigte in den Tunnel, in den Danny gelaufen war. Feuerwehrleute und Sanitäter drängten sich ans Ende des Bahnsteigs, dann erschien etwas Beängstigendes auf dem Bildschirm. Die Polizei ließ zwei Neuankömmlinge nach vorne durch, die mit ihrer schwerfälligen Schutzkleidung wie Astronauten aussahen. Sollten sie vielleicht eine Bombe entschärfen? Die beiden stiegen aufs Gleis hinunter und verschwanden mit einer Trage im Tunnel. Die haben nichts mit Bomben zu tun, erkannte Sayi d – solche Anzüge dienten dem Schutz vor biologischen Gefahren.
Die Aufregung auf dem Bahnsteig war förmlich spürbar. In diesem Tunnel musste etwas sein, was alle in Angst und Schrecken versetzte.
Das Krokodil zerrte an dem Kadaver. Max stürzte um ein Haar ins Wasser. Er rutschte vom glitschigen Ast und konnte sich nur noch mit den Knien daran festhalten, während in dem aufgewühlten Wasser unter ihm Fleischfetzen an die Oberfläche stiegen. Die Ebbe hatte einen zwischen den Mangrovenwurzeln verwesenden Tierkadaver freigelegt. Den hatte das Krokodil gewittert. Eine Schrecksekunde lang hatte Max gedacht, es sei einer der Männer aus dem Boot, aber dann hatte er Huf und Hinterlauf eines Hirschs erkannt, der offenbar im Fluss ertrunken und hier angespült worden war. Kein Wunder, dass es so stank. Während unter ihm das Krokodil das Wasser aufpeitschte, zog Max sich verzweifelt an dem Ast hoch, um ja nicht in dieses grausige Getümmel zu fallen.
Mit einer heftigen Bewegung riss das Krokodil den Kadaver mit sich ins Meer. Sekunden später lag das schlammige Wasser wieder still da. Max hielt den Ast derart fest umklammert, dass er sich beinahe die Handknochen brach. Er musste sich beruhigen und seine Atmung unter Kontrolle bringen. Sein Herz hämmerte unglaublich laut. Max befürchtete schon, dass ihn das Krokodil da unten im Wasser hören konnte.
Wenigstens hatte sich nur ein einziges Krokodil über den Kadaver hergemacht. Wären noch mehr in der Nähe gewesen, hätten sie sich bestimmt einen langen, wilden Kampf geliefert.
Nach einer Weile ließ er die weiße Sitzbank ins Wasser hinab. Sie schaukelte ein wenig und trieb dann langsam mit der Strömung davon.
Max sprach sich selbst Mut zu. Nicht zu viel nachdenken. Die Augen offen halten. Einen Halt suchen. Das Wasser geht dir nur bis zur Brust. Dir passiert nichts, da unten ist nichts, du schaffst das. Wenn du erst mal da unten stehst, bist du im Handumdrehen wieder bei Xavier. Es geht nicht anders. Du musst ins Wasser. Nur so kommst du zum Strand zurück. Tu es endlich!
Was war schlimmer? Sich langsam aber sicher in dieses trübe Wasser hinabzuhangeln oder sich einfach fallen zu lassen? Wenn er Glück hatte, würde es nicht laut Platsch machen. Und wenn er großes Glück hatte, war das Krokodil mit dem Kadaver längst ganz woanders.
Schluss jetzt damit! Quäl dich nicht mit solchen Gedanken, sonst kommst du nie von hier weg! Er musste seine Angst überwinden. Max ließ los, streckte die Beine gerade nach unten und die Arme über den Kopf. Dabei hielt er das Brett mit der Metallspitze senkrecht über sich, um glatt wie ein Messer ins Wasser zu gleiten. Er presste die Lippen zusammen. In dieser Brühe wimmelte es von Bakterien und er wollte nicht einen einzigen Tropfen davon in den Mund bekommen.
Seine Füße stießen auf Grund. Er sah sich einmal rasch nach allen Seiten um und bewegte sich dann auf die treibende Sitzbank zu, bis er sie zu fassen bekam. Er zitterte immer noch, so sehr hatte ihn das Krokodil erschreckt.
War das alles nicht total irreal? Er watete durch einen strömenden Fluss, wurde von Menschen und Tieren bedroht, vor und hinter ihm erstreckte sich der Dschungel und da drüben wartete ein junger Drogenschmuggler auf ihn, der sich darauf verließ, dass Max sie beide hier rausbrachte. Seine Überlebenschancen schienen sehr gering, dabei hatte er es schon so weit geschafft.
Max konzentrierte sich darauf, zu Xavier zurückzugelangen. Der Junge stand auf dem schmalen Sandstreifen und winkte, als begrüße er einen längst verloren geglaubten Freund, der an der Reling der Queen Mar y 2 lehnte, dem Stolz aller Meere, die endlich wieder in den heimatlichen Hafen einlief. Hier kam Max Gordon, der sich halb schwimmend, halb stolpernd an seinen eigenen Stolz aller Meere klammert e
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