Blood Target: Thriller (German Edition)
war es. Der Wind übertönte das Türgeräusch auf der abgelegenen Seite des Rolls-Royce, doch Victor hörte das Kratzen einer Schuhsohle auf dem Betonboden. Der Fahrer stieg aus, ohne dass die Federung des Wagens eine nennenswerte Reaktion gezeigt hätte. Der Wagen wog auch ohne das zusätzliche Gewicht durch die Panzerung und das kugelsichere Glas schon über drei Tonnen. Da spielten neunzig Kilogramm keine große Rolle.
Der Fahrer war dunkel gekleidet und wurde, als er die lang gezogene Motorhaube des Fahrzeugs umrundete, für einen kurzen Augenblick von der Dunkelheit verschluckt. Er kam auf Victor zu, der sich seinerseits dem Fahrer näherte. In der Mitte der Todeszone trafen sie aufeinander. Allerdings schob Victor sich ein klein wenig nach rechts, um den Fahrer zwischen sich und dem Scharfschützen zu platzieren.
Der Fahrer hatte ein sonnengebräuntes, wettergegerbtes Gesicht und einen kahl rasierten Schädel. Aber allzu viele Haare hätte er ohnehin nicht gehabt. Die breite Brust und die breiten Schultern sprachen für einen muskelbepackten Körper. Er war etliche Zentimeter kleiner als Victor, und seine Bewegungen waren geschmeidig. Die Muskelmasse, die er mit sich herumschleppte, schien seine Beweglichkeit in keiner Weise einzuschränken. Er trug schwarze Stiefel, eine schwarze Hose und eine dunkelblaue Windjacke. Seine Hände steckten in schwarzen Lederhandschuhen. Er war um die fünfunddreißig Jahre alt und machte den Eindruck, als sei er nur deshalb so alt geworden, weil er enorme Kräfte besaß und großen Spaß daran hatte, diese Kräfte auch anzuwenden.
Er musterte Victor einen Augenblick lang von Kopf bis Fuß, dann fixierte er ihn mit Blicken. Das, was er sah, war wenig beeindruckend, und er verhielt sich dementsprechend.
»Auf der Rückbank«, sagte er mit einer Stimme, die wie ein heiseres Knurren klang.
Victor erwiderte nichts, und sie gingen gemeinsam auf die Limousine zu. Etwa einen Meter vor der Tür blieb Victor stehen.
Das verwirrte den Fahrer. Er blieb auch stehen und deutete auf die beiden großen Türen, die in den Fahrgastraum der Limousine führten. Victor nickte und wartete ab. Der Fahrer deutete erneut auf die Türen. Victor wartete.
Die Miene des Fahrers verzerrte sich zusehends, verärgert und verunsichert. Gerade wollte er noch einmal mit beiden Händen auf die Türen zeigen, dann fiel der Groschen. Er starrte Victor wütend an. Seine Kiefermuskeln ballten sich. Doch dann hielt er Victor die hintere der beiden Türen auf. »Bitte sehr«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Euer Majestät.«
Er unternahm keinen Versuch, Victor zu durchsuchen. Sie hatten ihn ja direkt vom Flughafen abgeholt. Damit war klar, dass Francesca die Sache mit der Pistole für sich behalten hatte. Sie hatte also mehr Vertrauen in Victors Zusage, sie ihr zurückzugeben, als in die Milde ihres Chefs.
Er zog den Kopf ein und stieg in den Fonds des Wagens, um Koois Makler kennenzulernen.
Kapitel 19
Der hintere Bereich der Limousine war mit vier einzelnen, cremefarbenen Ledersitzen bestückt. Zwei Sitze waren in Fahrtrichtung ausgerichtet, die beiden anderen standen ihnen gegenüber. Sie stießen mit der Lehne an die Trennwand, die das Fahrgastabteil von der Fahrerkabine trennte. Auf dem Sitz direkt hinter dem Fahrer saß ein Mann.
Er hatte ein Bein über das andere geschlagen und die Hände entspannt in den Schoß gelegt. Er trug einen dreiteiligen, silbergrauen Anzug. Das Jackett war aufgeknöpft, sodass die Weste und sein rot-weiß gestreiftes Hemd gut zu erkennen waren. Die rubinrote Krawatte war mit einer goldenen Krawattennadel in Form eines Entermessers am Hemd befestigt. An den Füßen trug er braune Slipper mit Quasten und spiegelblank polierten Spitzen. Unter den zurückgekämmten, hellbraunen Haaren entdeckte Victor ein Gesicht, das sehr viel jünger war als erwartet. Der Mann sah nicht älter aus als acht- oder neunundzwanzig.
Victor ließ sich auf den nächstgelegenen Sitzplatz gleiten, sodass er dem Mann schräg gegenübersaß. Blaue Augen, die weder Erschöpfung noch irgendeine Gefühlsregung erkennen ließen, richteten sich auf ihn.
Der Fahrer, immer noch mit finsterer Miene, knallte die Tür deutlich vernehmbar ins Schloss.
»Gestatten Sie, dass ich Ihnen meine tief empfundene Dankbarkeit dafür ausspreche, dass Sie sich zu diesem Treffen bereit erklärt haben, Mr. Kooi«, sagte der Mann. Sein Akzent war der eines Menschen, der zu beiden Seiten des Atlantiks
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