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Blood Target: Thriller (German Edition)

Blood Target: Thriller (German Edition)

Titel: Blood Target: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wood
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Andorra
    Das Restaurant war ein chaotischer Arbeitsplatz, aber Lucille Defraine hatte Spaß an dem Chaos. Seit drei Jahren war sie jetzt als stellvertretende Küchenchefin hier angestellt. Sie hatte schon lange keine Angst mehr vor dem riesenhaften, türkischen Chefkoch und fand seine jähzornigen Ausbrüche oft genug am Rande der Lächerlichkeit. All die anderen Beiköche und das Bedienungspersonal zitterten vor ihm, und Lucille wusste noch genau, wie es war, voller Angst zur Arbeit zu kommen. Es war ein stressiger Arbeitsplatz. Der Chef verlangte absolute Perfektion, und die Mitarbeiter lernten entweder schnell, damit klarzukommen, oder suchten das Weite. Und bei jeder Kündigung malte der Chef ein weiteres rotes Kreuz an das Notizbrett.
    »Eines Tages stehst du auch da drauf«, hatte er ihr während ihrer ersten Woche prophezeit.
    Sie erledigte ihre Arbeit still und effizient, sodass sie ihm die meiste Zeit nicht weiter auffiel, aber wenn sie einmal das Risotto klebrig werden ließ oder eine Spargelstange abknickte, bedachte er sie jedes Mal mit einer ganzen Wagenladung Pöbeleien aus französischen und türkischen Schimpfworten. Seit ihrer Kindheit sprach sie fließend Deutsch und Französisch und konnte jetzt guten Gewissens behaupten, trilingual zu sein … auch wenn ihr Türkisch sich auf Schimpfwörter und Beleidigungen beschränkte, aber davon kannte sie dafür Dutzende.
    Einer der Beiköche ließ einen Topf fallen. Heißes Wasser ergoss sich auf den Fußboden. Grüne Ravioli schlitterten hinterher.
    Der türkische Chefkoch feuerte eine Pöbel-Breitseite auf ihn ab, während der Beikoch sich bei dem Versuch, die Ravioli aufzuheben, die Finger verbrannte. Lucille versuchte, nicht zu lächeln, scheiterte aber.
    Das blieb dem Chef nicht verborgen, und er nahm auch sie ins Visier.
    Lucille lachte. Sie konnte nichts dagegen machen. Das Gesicht des Chefkochs lief so knallrot an, dass sie dachte, er würde jeden Moment platzen.
    Sie zeigte auf das Notizbrett und sagte: »Da müssen Sie sich schon ein bisschen mehr Mühe geben.«
    Ihre Schicht war um Mitternacht zu Ende, und sie ging nach Hause. Sie unterdrückte ein Gähnen und freute sich auf den Augenblick, wo sie Peter einen Kuss auf die Stirn gab, während er in seinem Bett lag und tief und fest schlief. Es war eine kühle Nacht, und die Sterne standen hell und klar am Himmel. Sie zündete sich eine Zigarette an und versuchte, nicht auf Peters Stimme in ihrem Kopf zu hören, der ihr alles aufzählte, was sie in der Schule über die Gefahren des Rauchens gelernt hatten. Sie nahm sich fest vor, damit aufzuhören, bevor er so alt war, dass er sich von ihren Gewohnheiten anstecken ließ, so wie es bei ihr der Fall gewesen war. Ihre Eltern hatten beide starke französische Zigaretten geraucht, Tag für Tag, vom Aufstehen bis zur Nachtruhe. Und sie waren beide nicht älter als fünfundsechzig geworden.
    Die Babysitterin lag ausgestreckt auf der Couch, Augen geschlossen, Mund geöffnet. Ein leises Schnarchen hing in der Luft, aber als Lucille das Licht einschaltete, schreckte sie sofort hoch. »Ich habe nicht geschlafen«, stieß sie hastig hervor.
    »Ist doch nicht weiter schlimm.«
    Die Babysitterin lächelte und gähnte. »Er war sehr brav. Wir haben uns eine Sendung über die Römer angeschaut. Haben Sie gewusst, dass sie …«
    »Toll. Wann wirst du abgeholt?«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern. »Gar nicht. Marcels Auto springt nicht an, also muss ich den Bus nehmen. Ich hasse den Bus.«
    Lucille gab ihr das Geld, runzelte die Stirn und sagte: »Es ist viel zu spät in der Nacht, um so alleine da draußen rumzustehen. Ich sehe kurz nach Peter, dann begleite ich dich zur Bushaltestelle, einverstanden?«
    Die Bushaltestelle lag am Ende der Straße. Zu Fuß eine Minute entfernt. Dann eine Minute wieder zurück. Hoffentlich nicht mehr als drei Minuten Wartezeit. Lucille hatte zwar kein gutes Gefühl dabei, aber sie brachte es nicht übers Herz, ein siebzehnjähriges Mädchen um diese Uhrzeit alleine nach draußen zu schicken. Es war zwar eine relativ sichere Stadt, aber die meisten Verbrechen wurden begangen, weil sich eine Gelegenheit dazu bot. Falls ihr etwas zustieß, würde sie sich das nie verzeihen können.
    An der Bushaltestelle standen drei junge Männer. Sie hatten die Haare kurz geschoren wie Soldaten und auch den entsprechenden Körperbau. Hier waren Soldaten kein ungewöhnlicher Anblick. Im Norden befand sich ein französischer Militärstützpunkt,

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