Blow Out (German Edition)
Kenntnis von der Akte oder deren Inhalt?«
»Franklin.«
»Wer sonst?«
»Weiß nicht.«
»Was ist mit Ihrer Freundin Kiara Kolani? Was haben Sie ihr über die Akte erzählt?«
»Nichts.«
Donovans Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht, und er entspannte sich ein wenig. Anscheinend wusste außer Fisher und Schäfer tatsächlich niemand etwas über die Akte oder deren Inhalt. Aller Wahrscheinlichkeit nach konnte Donovan die Angelegenheit also noch in dieser Nacht abschließen. Er betrachtete die hilflose Frau, der Speichel aus dem Mundwinkel rann. Er überlegte, den Rest der Droge jetzt sofort in Emma Fisher zu pumpen, um sie krepieren zu sehen wie vor ein paar Tagen Lena Schäfer, entschied sich jedoch dagegen. Diesen Moment wollte er in Ruhe auskosten, wenn alles in trockenen Tüchern war. Bald würde dieser Journalist auf der Bildfläche erscheinen, und seinen Empfang wollte sich Donovan auf keinen Fall entgehen lassen. Er sah sich um und fand auf Anhieb, was er suchte. Er begutachtete die diversen Utensilien und grunzte zufrieden. Geübt legte er seinem Opfer einen venösen Zugang und klickte die Spritze mit der Wahrheitsdroge an das Ventil. Dadurch blieb ihm genügend Zeit. Emma Fisher würde noch eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt sein. Boshaft grinsend machte sich Donovan auf, um Nick Schäfer gebührend willkommen zu heißen.
108
Das Tauchboot hielt frontal auf den mächtigen Pfeiler zu, dessen Umfang sekündlich zunahm und der schon jetzt das gesamte Sichtfenster vereinnahmte.
Nick überwand seine Schockstarre. Er griff nach dem eingerasteten Joystick, um diesen in die Nullposition zurückzureißen und dadurch, wie er hoffte, das Boot zu stoppen. Der Joystick klemmte und ließ sich keinen Millimeter bewegen. Scheiße!
Nur wenige Meter bis zum Zusammenprall. Er riss den zweiten Joystick, denjenigen für das Seitenruder, nach rechts. Das Boot reagierte auf der Stelle und driftete nach Steuerbord. Zu Nicks Bedauern jedoch mit unvermindert hoher Geschwindigkeit.
Es reichte nicht.
Der Aufprall war heftig. Der Backbordflügel knallte gegen den Pfeiler und schrammte daran entlang. Er schabte Muscheln und Algen ab, die im Scheinwerferlicht wie Schneeflocken in einer stürmischen Nacht umherwirbelten.
Nick wurde gegen die Glaskuppel geschleudert. Er verlor die Kontrolle über den Joystick, und das Seitenruder schnellte in die Nullstellung zurück. Mit kurzer Verzögerung erhielt das Boot jetzt einen entgegengerichteten Impuls, prallte vom Pfeiler ab und trudelte wie ein Korkenzieher in Richtung dreier waagrecht verlaufender Pipelines.
Nick schnellte in seinen Sitz zurück. Er musste das schlingernde Boot unbedingt stabilisieren, bevor es zwischen die Pipelines geriet und steckenblieb oder gar womöglich von vorne bis hinten aufgeschlitzt wurde.
Die Pipelines näherten sich viel zu rasch. Hektisch sah er sich um. Durch die Rotation des Bootes hatte er längst die Orientierung verloren. In seiner Panik tat er das Erstbeste, das ihm in den Sinn kam. Mit der Faust hieb er auf den roten Not-Aus-Schalter, der seitlich oberhalb von Fuentes’ Sitz angebracht war.
Augenblicklich erloschen sämtliche Scheinwerfer und Cockpitlichter. Um Nick herum wurde es stockfinster. Der summende Elektroantrieb erstarb. Die daraufhin einsetzende Stille war vollkommen.
Nick wappnete sich für den Aufprall, vergrub den Kopf in fötaler Sitzposition zwischen den Oberschenkeln und kniff die Augen zusammen.
Der Aufprall kam nicht. Stattdessen sprang die Notbeleuchtung an und tauchte die gesamte Kabine in rotes Licht. Die Rotation ließ nach, das Tauchboot stabilisierte sich und schwebte wenige Augenblicke später bewegungslos im Wasser wie ein schlafender Wal. Die Pipelines waren nirgendwo zu sehen. Wie auch, mit ausgeschalteten Scheinwerfern?
Er schnaufte tief durch. Einen Wimpernschlag lang keimte neue Hoffnung in ihm auf, dann begann das Tauchboot langsam in die Tiefe zu sinken.
109
Im ganzen Leben hatte Nick noch nie so etwas wie Klaustrophobie verspürt. Nun wusste er, wie sich das anfühlte.
Panik ergriff ihn.
Meter um Meter sank das funktionsuntüchtige Tauchboot dem Meeresgrund entgegen. In der schwachen Notbeleuchtung kaum auszumachen, erhöhte sich die Zahl auf der Anzeige des Tiefenmessers beängstigend rasch. 145 Meter unter null, Sinkgeschwindigkeit 30 Meter pro Minute. Nick überlegte fieberhaft, bis zu welcher Tiefe Tauchboote dieser Art ausgelegt waren und wie viel Zeit ihm noch blieb, bis die
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