Blow Out (German Edition)
das kochende Wasser im Topf. »Das Methan entweicht dann aus den Verbindungen, steigt zur Wasseroberfläche auf und gelangt von dort in die Atmosphäre. So wie dieser Wasserdampf hier.«
Er nickte. »Es gibt Stellen in den Ozeanen, die sehen tatsächlich aus, als würde das Wasser kochen. Solche Methan-Blowouts sind für die Schifffahrt nicht ungefährlich, da das entweichende Methan die Dichte des Wassers so stark herabsetzen kann, dass Schiffe keinen Auftrieb mehr bekommen und untergehen.«
»Das sind doch Ammenmärchen.«
»Keineswegs.« Er wandte sich ab und sah aus dem Fenster. »Weltweit sind über hundert Methanhydrat-Lagerstätten bekannt. Fast alle befinden sich Tausende Meter tief unter dem Meeresboden. Inzwischen werden die meisten davon wirtschaftlich abgebaut. Mettrack beherrscht auf diesem Gebiet den Weltmarkt praktisch konkurrenzlos. Der Konzern betreibt 63 Bohrinseln, auf denen Methan gefördert, aufbereitet und in die ganze Welt verschifft wird. Weitere sieben befinden sich im Bau, aber damit dürfte das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht sein.«
»Ein Milliarden-Geschäft«, murmelte Emma.
»Und ob.« Nick trat neben sie. »Wenn du dir vor Augen führst, dass ein einziger Kubikmeter Gashydrat rund 164 Kubikmeter Methan bindet, dann bekommst du eine erste Vorstellung, weshalb die US- Regierung damals alle Hebel in Bewegung setzte, um den Abbau von Methanhydraten wirtschaftlich zu gestalten. Methanhydrate versprachen nichts weniger als die Lösung aller Energieprobleme für die nächsten 1000 Jahre.«
»Also baute man die Independence.«
»Yepp. Aber die Geschichte geht weiter. Nur wenige Wochen nach Fukushima bewilligt der US- Kongress zwölf Milliarden Dollar für den Bau der Independence. Nur fünf Jahre später wird von ihrer Plattform aus der erste Bohrkopf durch die Erdkruste getrieben. Offiziell arbeitet die gesamte Anlage, inklusive einer revolutionären CO2 -Sequestrierung, von Anfang an reibungslos. In meinen Augen Knackpunkt Nummer eins.« Klatschend schlug er mit der rechten Faust in die linke Handfläche. »Diese Zeitspanne reicht für die Entwicklung einer absolut revolutionären Technologie nicht aus. Gashydrate verhalten sich nicht wie Öl. Ihr Aggregatszustand verändert sich radikal, sobald man sie aus der Tiefe holt und der Umgebungsdruck nachlässt. Ganz zu schweigen von der CO2 -Sequestrierung …«
»Stopp!«, unterbrach Emma ihn. »Was zum Henker ist eine CO2 -Sequestrierung?«
»Die Einlagerung von klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid in unterirdischen Lagerstätten.«
»Sag das doch gleich.«
»Na ja, heutzutage ist das ein alter Hut, aber damals war diese Technik revolutionär.«
»Langsam fange ich an zu begreifen, weshalb die US- Regierung Mettrack bei diesem Projekt unbedingt mit im Boot haben wollte.«
»Aha?« Fragend blickte er sie an.
»Die USA sind als einzige Industrienation nie dem Kyoto-Protokoll oder dessen Nachfolgeabkommen beigetreten, das für alle Staaten eine verbindliche Senkung des CO2 -Ausstoßes forderte. Präsident Bush sprach sich zwar andauernd für ein langfristiges Ziel zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen aus, konkrete Ziele nannte er jedoch nie. Er betonte stets, Maßnahmen gegen den Klimawandel lägen in nationaler Verantwortung, und vertrat die Meinung, jedes Land solle seine eigenen Strategien entwerfen.« Sie schüttelte den Kopf. »Selbstverständlich spielte Bush nur auf Zeit. Er hatte nie vor, Amerikas Industrie mit den zusätzlichen Kosten zu belasten, die eine derartige Senkung des CO2 -Ausstoßes mit sich bringen würde. Bush behauptete, die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls würde die USA fünf Millionen Jobs kosten. Brauchst du in der Politik ein Totschlagargument, ziehst du am besten die Arbeitsplatzverlust-Karte. Die zieht immer.«
»O ja«, schnaubte Nick.
»Aber zurück zu Projekt Morgenröte«, fuhr sie fort . »Rochas, Chevallier und Leuthard wurden ermordet, weil sie etwas herausfanden. Etwas, das dieses Projekt gefährden konnte. Daraufhin versuchte man sie dazu zu bewegen, diese Erkenntnisse für sich zu behalten. Die drei ließen sich nicht darauf ein und mussten deshalb von der Bildfläche verschwinden. River Maddox war, wie du sagst, vermutlich nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Ein Zeuge, der beseitigt werden musste.«
Er schürzte die Lippen. »Was stand in den Gutachten? Wo lag die Schwachstelle von Projekt Morgenröte beziehungsweise der Independence?«
»Ich hatte
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