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Blow Out (German Edition)

Blow Out (German Edition)

Titel: Blow Out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Laub
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lehnte sich mit der Stirn gegen die Leiter.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Bis gerade eben war es das.«
    »Was in aller Welt machst du auf dem Dach?«
    »Ich blute.«
    »Tut mir leid, ich dachte, du seist jemand anders.«
    »Wer sollte denn sonst hier sein?« Sein Kopf erschien wieder in der Luke. Diesmal schien es ihr unbegreiflich, wie sie ihn vorhin nicht hatte erkennen können.
    »Ich dachte, der SCS hat uns aufgespürt!« Sie schüttelte den Kopf über sich selbst. Vermutlich hatte sie sich die Stimmen vor lauter Angst nur eingebildet.
    »Schon gut«, sagte er. »Komm rauf. Die Sonne geht gerade auf.«
    »Okay.« Sie schnappte sich ihre Sonnenbrille und kletterte die Leiter hinauf.
    Noch war es empfindlich kühl. Zwischen den Häusern stieg Nebel von der Wasseroberfläche auf. Nick rieb sich die Stirn und sah sie vorwurfsvoll an. Er blutete aus einem winzigen Schnitt auf der Stirn. Nichts Ernstes.
    »Wie lange treibst du dich schon hier oben rum?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Ich konnte nicht mehr schlafen.«
    Sie blickte nach Osten, wo am Horizont ein Streifen Tageslicht auf den Wellen glitzerte. Emma konnte sich nicht daran erinnern, wann sie sich zum letzten Mal die Zeit genommen hatte, einen Sonnenaufgang in aller Ruhe zu genießen.
    Sie zog die Knie an und umklammerte ihre Beine. »Ich vermisse meine Schwester so sehr.« Weshalb hatte sie das gerade gesagt? Vielleicht weil Meredith nicht alt genug werden durfte, um Momente wie diesen erleben zu können? Meredith hätte Sonnenaufgänge sicher geliebt.
    »Sie ist der Grund, weshalb du dich so in diese Sache reinhängst, nicht wahr?«
    »Ich kann nicht zulassen, dass diese Morde und dieser Riesenschwindel ungesühnt bleiben. Ich könnte nie wieder in den Spiegel sehen. Die Angehörigen haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das alles nun vier oder vierzig Jahre her ist. Gut möglich, dass dies nach so langer Zeit überhaupt niemanden mehr interessiert, aber für mich ist es wichtig. Klingt das sehr bescheuert?«
    »Würdest du anders darüber denken, wärst du nicht du. Das ist es, was dich ausmacht.« Einmal mehr sah er sie mit diesem seltsamen Blick an, den sie die letzten Tage schon des Öfteren an ihm beobachtet hatte.
    In der Nacht hatte Emma eine gefühlte Ewigkeit wach gelegen und in der Dunkelheit Nicks Atemzügen gelauscht. Selbstverständlich hatte sie bemerkt, dass er ebenso wenig einschlafen konnte wie sie selbst. Wie versprochen war er jedoch auf seiner Seite des Bettes geblieben und hatte nicht den geringsten Versuch gestartet, die Situation auszunutzen. Ein Teil von Emma hatte gehofft, er würde sie einfach an sich ziehen und sie küssen. Doch wie hätte sie in diesem Augenblick tatsächlich darauf reagiert? War sie schon so weit? Konnte sie ihm vertrauen? Verdammt, warum mussten Gefühle immer nur so kompliziert sein? Sie schloss die Augen und genoss die wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne.
    »Ich verstehe, warum du für diese Sache alles aufs Spiel setzt«, sagte er unvermittelt, »und du sollst wissen, ich stehe bis zum Schluss an deiner Seite.«
    Sie schluckte.
    »Auch wenn ich vielleicht nicht der richtige Mann dafür bin.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich schreibe Artikel über Mutter Natur, das Abholzen der Regenwälder, die Versauerung der Weltmeere, das Absterben ganzer Ökosysteme und über Klimaflüchtlinge. Mit politischen Intrigen habe ich keine Erfahrung. Mir fehlen entsprechende Kontakte.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Wir können uns sowieso an niemanden wenden.« Sie tätschelte ihn. »Gemeinsam bekommen wir das schon gebacken.«
    »Wenn du es sagst.«
    »Nick, ich glaube, ich habe mich noch gar nicht richtig bei dir bedankt.«
    »Wofür?«
    »Na, für deine Hilfe.«
    »Du musst dich nicht bedanken. Hast du mir nicht zugehört?«
    »Doch. Trotzdem danke.«
    Er sah sie lange an.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Ich mag es nicht, wenn du traurig bist.«
    »Ich bin nur müde.«
    Sachte schüttelte er den Kopf. »Ich kann es in deinen Augen sehen.«
    Sie lächelte und setzte ihre Sonnenbrille auf. »Ach ja?«
    Er erwiderte ihr Lächeln, wandte sein Gesicht der aufgehenden Sonne zu und sagte nach einer Weile: »Ich habe Hunger.«
    »Und ich erst. Was würde ich jetzt nicht alles für einen von Ki’s Spezial-Kaffees geben.« Sie dachte an Kiara. Das letzte Lebenszeichen von ihr war die beunruhigende

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