Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
überhaupt Stunden?, noch einmal Revue passieren ließ.
Der
Mann aus dem Parkhaus hatte eine Spritze mit blauer Flüssigkeit in der Hand
gehalten. Sie musste aus dem Labor stammen! Wie war er da rangekommen? Hätte
sie doch nur auf den Professor gehört der sie erst vor einigen Tagen
diesbezüglich gewarnt hatte.
Pauline
schniefte und begann noch einmal, sich ganz langsam aufzurichten. Sie bewegte
sich im Zeitlupentempo. Millimeter für Millimeter arbeitete sie sich in eine
sitzende Position vor. Dabei versuchte sie die ganze Zeit über, ihren linken
Arm nicht zu belasten. In ihrem Gehirn pochte es dumpf und es fühlte sich an
wie Watte. Ihr Körper schmerzte, als wäre sie soeben einen Marathon gelaufen.
Doch sie biss tapfer die Zähne zusammen. Bald stellte sich auch ihre alte
Bekannte, die Übelkeit, wieder ein, die diesmal allerdings noch von einem
hartnäckigen Drehschwindel begleitet wurde. Ihr Kopf schaltete jetzt in den
Arztmodus: Nur eine leichte Gehirnerschütterung. Ganz ruhig, alles ganz
langsam machen, dann geht’s schon. Nachdem sie einige Minuten so dagesessen
hatte, flaute die Übelkeit tatsächlich etwas ab und der Schwindel begann sich
allmählich zu legen. Sie versuchte aufzustehen, kam jedoch nur bis auf die
Knie, dann überkam sie ein heftiger Brechreiz und diesmal hatte sie keine
Chance. Pauline würgte und erbrach, bis nur noch Galle kam. Doch auch dann
wollte sich ihr Magen nicht beruhigen. Sie atmete schnell und tief ein in dem
Bemühen, den obstinaten Brechreiz zu unterdrücken. Sie nahm kaum noch etwas
anderes wahr. Ihr einziges Bestreben war es, ihren rebellischen Magen zum
Schweigen zu bringen. Paulines Hände hatten mittlerweile eine verkrampfte
Pfötchenstellung eingenommen, ihr Mund kribbelte und im ersten Moment dachte
sie, der Mann habe ihr die Spritze gesetzt. Die plötzliche Todesangst hielt sie
fest umklammert und machte es ihr unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.
In ihrer Not ignorierte sie alles und schrie um Hilfe, so laut sie konnte,
obwohl die Angst ihren Brustkorb wie ein eisernes Band zusammenpresste und ihr
das Amten schwer machte.
Pauline
wusste nicht, wie lange sie geschrien hatte, denn sie hatte jegliches
Zeitgefühl verloren, als sie plötzlich von einem hellen Lichtstrahl geblendet
wurde. Erschrocken kniff sie im ersten Moment die Augen zusammen. In der
Hoffnung, einen Blick auf das Gesicht des Entführers zu erhaschen, zwang sie
sich dennoch, ihn anzusehen. Schnell musste sie allerdings feststellen, dass es
zu hell war, um etwas anderes als Umrisse wahrzunehmen, und das Licht tat ihr
in den Augen weh. Aber ihr blieb keine Zeit darüber nachzudenken, denn auf
einmal klatschte ihr eiskaltes Wasser ins Gesicht. Eine wutverzerrte Stimme
schrie sie an: „Halt endlich dein Maul, das ist ja nicht auszuhalten!“
Dann
wurde die Tür zugeknallt und Pauline war wieder allein mit ihren inzwischen
vertrauten Gefährten: Stille, Dunkelheit, Angst und Schmerz.
Triefend
und frierend saß sie, wie ein begossener Pudel, auf dem Boden und bemühte sich,
ihre Gedanken zu ordnen. Sie war verdammt nochmal Ärztin, es hätte ihr klar
sein müssen, dass sie schlicht und einfach hyperventiliert hatte.
Oder
aber du hast eine Schwellung deines Gehirns. Der Sturz die Treppe hinunter war
übel und du könntest eine Blutung haben. Dann wirst du bald ohnmächtig und wenn
du richtig Pech hast, klemmt die Schwellung deinen Hirnstamm ein und du
bekommst Krampfanfälle und letztendlich wirst du ganz langsam ersticken. Die leise Stimme in ihrem Hinterkopf redete
unentwegt auf sie ein. „Hör sofort auf damit!“, rief sie zornig in die
Dunkelheit hinein. Das half und brachte die Stimme endlich zum Schweigen.
Ob
sie es wollte oder nicht, der Mann hatte ihr, wenn das auch sicherlich primär
nicht seine Absicht gewesen war, einen Gefallen getan. Das kalte Wasser hatte
sie wieder zur Besinnung gebracht. Die Zeichen der Hyperventilation klangen
allmählich ab und Pauline atmete jetzt ruhiger. Nun, da sie wieder einigermaßen
klar denken konnte, begann sie wieder, sich auf ihren Körper und seine
Verletzungen zu konzentrieren. Einhändig tastete sie sich abermals nach
Verletzungen ab und bemerkte dabei etwas Klebriges in ihrem Gesicht. Sie folgte
der Spur, die sie zu ihrer Nase führte. Die fühlte sich an wie eine riesige
Kartoffel. Mist, vermutlich gebrochen, aber wenigstens ist die Blutung zum
Stillstand gekommen. Alles andere scheint mehr oder weniger intakt zu sein.
Jemand muss
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