Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
in den Hörer.
„Karl?
Ich will gleich ins Krankenhaus, um mit den Angestellten dort zu sprechen.
Möchtest du mitkommen?“
Pfeifer
lehnte dankend ab. Er musste sich dringend um den Fall Schirrer-Fall kümmern.
Da waren sie noch kein Stück weiter gekommen. Er bat Beate, ihren Kollegen,
Leander Drub, in den Fall einzuweisen, damit sie in den nächsten Tagen mit ihm
zusammenarbeiten konnte. Kommissar Leander Drub war dreiundzwanzig Jahre alt
und kam frisch von der Polizeischule. Ein Quereinsteiger und Besserwisser,
zumindest sagten das die Kollegen, die ihn schon vom Praktikum her kannten. Sie
nannten ihn Kinderkommissar, weil er so naiv war wie ein Kind. Also schien es
verständlich, dass Beate sich nur mäßig dafür begeistern konnte, mit ihm
zusammenarbeiten zu müssen. Aber sie beschloss, das Beste aus der Situation zu
machen. Sie teilten ohnehin seit letzter Woche ein Büro miteinander. Da wurde
es ja auch mal Zeit, dass man miteinander sprach.
„Leander,
guten Morgen“, grüßte sie höflich, als sie in ihr gemeinsames Büro eintrat.
Drub telefonierte gerade und hob den Zeigefinger, um Beate zu bedeuten, sich
einen Moment zu gedulden. Sie rollte mit den Augen, ließ sich in ihren
Drehstuhl fallen und legte die Beine auf ihren Schreibtisch. Leander fuchtelte
wild mit den Armen und bedeutete ihr, die Füße vom Tisch zu nehmen. Sie zuckte
daraufhin nur mit den Achseln und ließ ihre Füße, wo sie waren. Was bildete
dieser Kerl sich eigentlich ein? Grünschnabel. Insgeheim hatte sie gehofft, er
wäre um diese Uhrzeit noch gar nicht im Büro. Doch, er war hier und er
telefonierte sogar schon!
„Beate,
weißt du, welche Keime du auf deinem Tisch platzierst? Das ist höchst
unhygienisch, was du da machst. Wer weiß, wo du da draußen reingetreten bist!“,
platzte er heraus, sobald er aufgelegt hatte.
„Ich
weiß, Leander. Ruhig Blut. Dann ist es ja gut, dass es mein Tisch ist, nicht
wahr? So, nachdem das geklärt wäre, Folgendes: Pfeifer hat mich gebeten, dich
in unseren neuesten Fall einzuweisen. Du sollst mich unterstützen, während er
sich um andere Dinge kümmert.“ Leanders Grinsen wurde so breit, dass sie Angst
hatte, er könnte sich den Kiefer ausrenken. „Ehrlich? Ich darf mitmachen? Bei
einem echten Mordfall?!“ Beate nickte amüsiert. Der Kleine war ja echt süß.
„Und du meinst jetzt nicht nur Akten sortieren und Papiere ablegen und so?“ Sie
schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine so richtige Ermittlungsarbeit. Wir fangen
im Krankenhaus an. Ich briefe dich unterwegs. Du fährst.“ Sie warf ihm die
Schlüssel für den Audi auf den Tisch und stand auf. „Gehen wir.“
Es
sollte sich alles bewahrheiten, was die Kollegen, allen voran Jochen Struck von
der Spurensicherung, ihr erzählt hatten. Leander fragte Beate Löcher in den
Bauch und kommentierte jede einzelne ihrer Aussagen. Als die beiden bei der
Uniklinik angekommen waren, wollte Beate nur noch weg von ihm. Und zwar so
schnell und so weit wie möglich. Alle ihre guten Vorsätze waren vergessen, ihre
Nerven zum Zerreißen gespannt. Sie musste sich ständig aufs Neue davon
abhalten, ihn anzufahren. Stattdessen sagte sie ruhig: „Leander, hör zu. Ich
möchte, dass du dich da drin zurückhältst. Ich stelle die Fragen, klar?!“
„Jawohl.
Alles klar. Kein nicht autorisiertes Wort kommt über meine Lippen.“
Dein
Wort in Gottes Ohr , dachte die
Oberkommissarin.
Sie
betraten die Haupthalle und steuerten auf den Aufzug zu. Von ihrem gestrigen
Besuch wusste Beate noch, dass sich die Urologie im fünften Stockwerk befand.
Als sie dort aus dem Aufzug stiegen, rümpfte Leander die Nase. Es roch nach
Desinfektionsmitteln und offenen, alten Wunden, nach Urin und Kot. Typischer
Krankenhausgeruch eben. Die Flure waren lang und nur spärlich erleuchtet. Der
grüne PVC-Boden war wellig und alt, aber sauber. Er quietschte bei jedem
Schritt, den sie machten. Abgerundet wurde das Ganze durch ein paar billige
Kunstdrucke an den Wänden. „Ein Hoch auf den Architekten“, bemerkte er spitz.
Sie
sahen zunächst einmal überhaupt niemanden. Beate warf einen Blick auf ihre
Armbanduhr. Halb acht. Seltsam. Sollten nicht wenigstens die Schwestern hier
sein? Sie ging ein Stück den langen Flur hinunter. „Da vorne brennt Licht.“
Leander zeigte auf einen verglasten Anbau, der durch ein Schild als
Pflegestützpunkt ausgewiesen wurde.
Als
sie auch auf mehrfaches Klopfen hin keine Antwort erhielten, traten die beiden
Beamten einfach ein.
Weitere Kostenlose Bücher