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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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seine Stimme sofort.
    Er war ein Neuling bei der Kripo, kurz bevor ich sie verließ, wir arbeiteten noch knapp ein Jahr zusammen. Ich mochte ihn. Er war immer sehr hilfsbereit und lernbegierig. Und aufrichtig war er auch. Weiß der Teufel, wie er es so lange unter Schulze ausgehalten hatte.
    »Stellen Sie sich das einmal vor«, kicherte Schulze. »Seit Trautheim keine Verbrecher mehr jagt, rennt sie hinter Bräuten her. Sie ist Hochzeitsorganisatorin!«
    »Ich weiß, und wie ich hörte, eine der besten Berlins«, verteidigte mich Oliver. Er stand jetzt neben mir und grüßte mich mit zwei Wangenküssen.
    Schulze s Grinsen erfror. Ich weiß nicht, ob die Tatsache, dass sein Untergebener etwas über mein Leben wusste, das ihm entgangen war, der Grund seines Missmuts war, oder ob es die vertraulichen Küsse waren, die seine Stimmung noch mehr anspannten, jedenfalls wechselte er mit befehlshaberischem Ton sofort das Thema: »Was ist geschehen? Ich will alle Fakten. Und denken Sie ja nicht, Sie könnten mir etwas verheimlichen. Ich durchschaue Sie nämlich, merken Sie sich das.«
    Schulze hatte sich nicht im geringsten verändert. Er war der gleiche bornierte, hirnlose Mensch, der er schon damals war. Zum Glück wusste Oliver das auch und hatte gelernt, auf Umwegen ihn dahin zu bringen, wo er am wenigsten störte: weit weg von den Ermittlungen. Er war zwar sein Chef, aber der unfähigste Polizist, den es in Berlin gab. Oliver konnte gut damit umgehen, die ganze Arbeit zu machen und dabei Schulze das Gefühl zu vermitteln, der Erfolg in einem Fall wäre hauptsächlich sein Verdienst. Er hatte diesbezüglich keine größeren Ambitionen, er strebte nur danach, den Fall zu lösen. Wer die Lorbeeren einsackte, war ihm egal.
    »Warum gehen Sie nicht erst einmal einen Kaffee trinken? Ich kümmere mich schon um Trautheims Befragung«, schlug er vor. »Danach können wir mit den Gästen fortfahren, was meinen Sie?« Oliver legte kumpelhaft die Hand auf Schulzes Schulter und lächelte ihn nickend an.
    Der Ochse taxierte mich mit scharfem Blick, dann sagte er zu Oliver: »Kümmern Sie sich um Trautheim, ich übernehme die Befragung der wichtigen Zeugen.«
    Er drehte sich um und marschierte genaue in die andere Richtung des Saales, in dem Natalies Leiche lag und ihre Familie saß, nämlich zur Hotelbar.
    Ich bin also eine unwichtige Zeugin und eine Tasse Kaffee hat Vorrang vor jeder Leichenbeschauung.
    »Er hat sich wirklich nicht verändert«, kommentierte ich , während ich Oliver zu Natalie führte. »Wie hältst du es bloß mit ihm aus?«
    Oliver zuckte die Schultern. »Du kennst doch meine Devise: Augen zu und durch.«
    Du bist zu gut für diese Welt.
    Während er mich anlächelte, fühlte ich mich kurz wieder in alte Zeiten versetzt. Ich erinnerte mich an den Tag, als er bei uns anfing. Schulze stand plötzlich vor mir, neben ihm dieser junge Mann, der so schüchtern und nervös wirkte, dass er nicht wusste, wohin mit seinen unruhigen Händen. Nach einer kurzen Begrüßung ließ er sie in seinen Hosentaschen verschwinden. Und dort blieben sie so lange, bis ich es nicht mehr aushielt und ihn fragte: »Brauchen Sie heute Ihre Hände nicht mehr?« Er errötete wie ein kleines Kind und holte beschämend die Hände aus seinen Hosentaschen. Schulze hatte ihn mir als »unser neuer Mitarbeiter vorgestell«t. Ich solle ihn einarbeiten und mich gut um ihn kümmern. Auf der Polizeiakademie sei er ein Einserschüler gewesen und »so einen wolle man ja schließlich bei uns behalten, nicht wahr, Trautheim?« Wie sollte ich bei diesem Anblick widersprechen: schlank wie eine Tanne, Muskeln, wo sie sein sollen und ein hübsches kantiges Gesicht mit einer interessanten Narbe auf der rechten Backe.
    »Erzählst du mir, was passiert ist?«, fragte mich Oliver und unterbrach meine Gedanken.
    » Ich bin nicht dazu gekommen, mir Natalie ‒ so hieß die Braut, also die Tote ‒ genauer anzuschauen. Der Notarzt meint Vergiftungserscheinungen erkannt zu haben, und vermutet, dass sie umgebracht wurde, er kann aber einen Selbstmord nicht ausschließen. Sie starb während ihres Hochzeitstanzes.«
    »Ist vorher etwas vorgefallen? Hast du etwas beobachtet, was uns weiter bringen könnte?«
    »Bisher habe ich das nicht für wichtig empfunden, aber nachdem was passiert ist, könnte es von Bedeutung sein.« Ich berichtete ihm kurz von dem geheimnisvollen Mann, der während des Empfangs Saxofon gespielt hatte, und auch über das Unwohlsein Natalies, als ich ihr

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