Blütenrausch (German Edition)
ihren Namen in die Suchmaschine ein und war genau so schlau wie vorher: Es gab keine Sophia Bradwich, zumindest wurde sie nicht so erfasst. Ich versuchte es erneut mit allen Kombinationen, die mir einfielen – Sophia Bradwich Palais Nestor Potsdam, Tochter Peter Bradwich, Familie Peter Bradwich usw. ‒, aber der Computer spuckte die ersehnte Information nicht raus.
Ich fand zwar ein Foto von der Familie – Mutter, Vater, Tochter, Sohn ‒ aber keinen Hinweis auf ihren Aufenthalt. Ich zoomte das Bild und betrachtete Sophia von Nahem. Sie war eine hübsche junge Frau von der Sorte, die als Schülerin immer bewundert wird und mit der jeder befreundet sein will. Eine Sekunde lang beschwor dieses Bild meine eigenen unglücklichen Schuljahre herauf. Sie war das Schneewittchen und ich das hässliche Entlein, das sich zum Glück verwandelt hatte. Heute würde ich mich selbst als eine Frau bezeichnen, die auf einer Attraktivitätsskala von eins und zehn eine gute sieben erreichen würde. Zugegeben, ein paar Kilo weniger täten meiner Figur gut, aber dafür habe ich ein schmales Gesicht mit einer kleinen Nase, große Augen und schulterlange blonde Haare, die alles andere wettmachen.
Sophias pechschwarze Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden; ein moderner Seitenpony bedeckte akkurat einen Teil ihrer glatten Stirn, und ein paar Strähnchen umrahmten wie zufällig ihr Gesicht, nur dass dies nicht zufällig war, sondern ein wichtiger Bestandteil ihrer Frisur, die so aussehen sollte, als hätte sie ihre Haare einfach nur schnell und ohne groß nachzudenken zusammengebunden. Sie lächelte in die Kamera und zeigte dabei ihre werbetauglichen weißen Zähne. Ihre hübschen roten Bäckchen gaben ihrer weißen Gesichtshaut eine farbliche Note. Sie trug schwarze enge Hosen, die ihre schlanke Figur betonten, und über einem ebenso schwarzen Top eine cognacfarbene Lederjacke. Eine beinahe perfekte Erscheinung, wäre da nicht ein Detail gewesen, was mich unglaublich störte: Zu der abgestimmten Garderobe passten ihre weißen Peeptoes wie weiße Socken zu schwarzen Schuhen. Aber vielleicht war das ja in bestimmten Kreisen momentan angesagt.
Ich versuchte es mit Facebook, doch abgesehen von einer Sophia Bridwech in North London, fand ich keine Sophia Bradwich. Als ob sie nicht existierte. Wie sollte ich sie bloß ausfindig machen?
Zu meinem Leidwesen b lieb mir nichts anderes übrig, als nach Potsdam zu fahren.
Nach einer S-Bahn-, und zwei Busfahrten sowie dreihundert Meter Marsch durch Straßen, an denen links und rechts eine elegante Villa nach der anderen auftauchte, hatte ich es endlich zum Palais Nestor geschafft. Bevor ich auf die Türklingel drückte, rief ich Bodo an und bat ihn, gleich morgen die Werkstatt anzurufen, damit sie mein Auto abholten. Sie sollten es so gut reparieren, dass ich nie wieder vom öffentlichen Verkehr abhängig wäre, egal was es kostete.
Hinter dem Eingangstor befand sich ein derart weitläufiger Park, dass das Palais kaum zu sehen war. Große Platanen spendeten Schatten auf dem Weg dorthin und Formationen von Buxbäumen durchbrachen den akkurat geschnittenen Rasen. Ein Bentley und zwei Porsche parkten vor dem Haus und versperrten die Sicht zur Eingangstür.
»Sie wünschen?«, hallte es aus einer mit Edelstahl verzierten Sprech anlage, die am Eingangstor angebracht war.
» Ich würde gerne mit Sophia Bradwich sprechen«, sagte ich.
» Sind Sie angemeldet?«
» Nein, aber ich muss mit ihr sprechen.«
» Wie war ihr Name?«
» Therese Trautheim, Hochzeitsplanerin.«
Schweigen. Wahrscheinlich dachte die Angestellte gerade, dass Sophia beabsichtigte zu heiraten und sie darüber nicht informiert worden war.
» Bedaure. Frau Lehmann ist nicht da.«
» Aber es ist sehr wichtig. Ich muss mit ihr reden. Können Sie mir sagen, wo ich sie erreichen kann?
» Bedaure. Dazu bin ich nicht befugt. Auf Wiederhören.«
Schroffer ging es nicht. Ihre Stimme wirkte so kalt und distanziert, dass die gute Dame genauso gut ein Roboter hätte sein können. Wer weiß, vielleicht war es ja doch ein programmierter Abwehrroboter, der lästige Zaungäste vom Palais fernhielt. Hatte Herr Bradwich nicht auch mit der IT-Branche zu tun? Da wäre es ja leicht, sich eine solche Maschine zu besorgen. Mit leeren Händen ging ich trotzdem nicht nach Hause.
Jetzt wusste ich, warum ich Sophia im Internet nicht finden konnte.
Ich eilte zur Bushaltestelle. Während ich auf den Bus
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