Blütenrausch (German Edition)
Gesicht genau zu beobachten. Die kleinste nervöse Zuckung könnte sie verraten.
»Gehörte das Heft nicht Natalie? Ich meine ... wenn es in ihrem Ordner war, dann ist es wohl ihres, oder?«
Sie stellte die Frage, als ob sie keinen Zweifel hegte, dass das die logischste Erklärung war. Ihre Augen weiteten sich nicht vor Schreck und ihre Lippen fingen nicht an, zu beben. Ihre Mimik drückte nur Unverständnis über mein Anliegen aus.
»Das dachte ich zu erst auch, aber das Heft gehört ihr nicht.«
»Woher wissen Sie das?«
»Es ist nicht ihre Schrift.«
»Vielleicht gehört es i hrem Mann. Haben Sie daran gedacht?«
»Ich habe ihn endlich erreicht, wir treffen uns morgen, damit ich ihm den Ordner zurückbringen kann. Ich habe ihm gegenüber das mit dem Heft erwähnt, aber er sagt, er weiß nicht, wem es gehört.«
»Ja, aber wie kommen Sie dann auf mich?«
»Herr Behring hat mir nahe gelegt, bei Ihnen und einigen anderen Freundinnen seiner Frau nachzufragen, denn sie hätten ein paar Tage vor der Hochzeit in kleinem Rahmen in deren Wohnung zusammen Mittag gegessen und es wäre doch möglich, dass einer von ihnen das Heft dort liegen gelassen hat.«
»Jetzt verstehe ich. Also meins ist es auf jeden Fall nicht. Haben Sie bei den anderen nachgefragt?«
»Nein, noch nicht. Ich hatte heute viel zu tun. Da Ihr Geschäft nicht weit von unserem Büro ist und ich gerade von einem Kunden zurückkomme, wollte ich nur kurz bei Ihnen nachfragen.«
»Haben Sie es schon mal in Natalies Büro versucht? Vielleicht gehört es ihrer Sekretärin?«
»Nein, ihres ist es auch nicht. Ich habe schon mit ihr gesprochen. Nun ja, ich werde noch die anderen anrufen, und wenn es keinem gehören sollte, gebe ich das Heft Herrn Behring. Den Umständen entsprechend wollte ich ihm nur helfen. Er hat schon genug durchgemacht und ich dachte, ich tue ihm einen Gefallen, wenn ich mich um die Rückgabe des Heftes kümmere.«
»Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, leider kann ich aber nicht weiter helfen.«
»Das ist schon in Ordnung. Danke für den Kaffee.« Wir standen beide gleichzeitig auf und gingen zurück in den Laden.
»Machen Sie es gut«, wünschte mir die zierliche Frau und gab mir die Hand.
»Sie auch. Auf Wiedersehen.«
Ich verließ den Laden mit dem Gefühl, Louise von meiner Liste streichen zu können. Sie hatte auf mich nicht den Eindruck gemacht, sich sehr für das Heft zu interessieren. Sie war über meinen Besuch und mein Anliegen überrascht, aber ihrer Körpersprache nach zu urteilen, hätte sie genau so reagiert, wenn ich mich nach dem Besitzer eines Hundes oder einer Schinkenkeule erkundigt hätte. Ich konnte mich aber auch geirrt haben. In Notsituationen können sich Menschen so gut wie oder besser als ein Chamäleon verstellen.
Mein e spontane Eingebung stufte ich jedoch als ziemlich einfallsreich ein. Ihr zu verraten, dass ich im Besitz des schwarzen Heftes war, war nicht gerade ungefährlich, aber effektiv: Wenn sie doch Natalies Mörderin war und das Heft das Motiv, dann wusste sie jetzt, wo es zu finden war. Wenn sie es aber nicht war, und sie nichts ahnend unser Gespräch an den Mörder weitergab, dann würde er wissen, wo er jetzt suchen musste. Zu dumm nur, dass er nicht zögern würde, wenn nötig, noch einmal zu morden. Aber so leicht würde ich es ihm nicht machen, dafür würde ich schon sorgen.
Tod sicher.
Im Büro saß Bodo immer noch vor dem Rechner und tippte wie besessen. Ich blickte ihn erwartungsvoll an, in der Hoffnung, er würde mir endlich seine Ergebnisse verraten, doch einmal mehr ignorierte er meinen Wunsch. Widerwillig machte ich mich erneut an die Arbeit.
Kurz nach Mittag bekam ich den ersehnten Anruf von Monika Rossmann, Natalies anderer Freundin, die auch auf der kleinen Junggesellinnenfeier gewesen war.
Nach einer höflichen Begrüßung fragte sie: »Wissen Sie nicht mehr, wer ich bin?«
Kenne ich diese Stimme?
»Wenn Sie mich so fragen ... leider nein. Auf Frau Behrings Hochzeit waren viele Gäste und ich betreue einige Hochzeiten im Jahr, also ... vielleicht helfen Sie mir auf die Sprünge?«
» Entschuldigen Sie, natürlich. Wir haben auf der Hochzeit kurz miteinander gesprochen. Sie haben mir den Weg zur Toilette gezeigt und anschließend haben Sie mir Ihre Visitenkarte überreicht, falls ich mal vorhaben sollte zu heiraten und ich eine Hochzeitsplanerin brauchte.«
Jetzt klingelt's: d ie Frau in Hosenanzug und den sinnlichen Julia-Roberts-Lippen.
» Ja,
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