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Blumen für den Führer

Titel: Blumen für den Führer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Seidel
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Es knirschte. In Wahrheit drehte sich der Schlüssel in der Wohnungstür.
    Die Tür wurde geöffnet. Es war die junge Frau von gestern. Sie sorge sich um ihn, erklärte sie. Korff habe sie gebeten, ihm, Jockel, Medizin zu geben. Sie stellte eine kleine Flasche auf den Tisch und füllte ein Glas Wasser.
    Jockel trank die Medizin. Die Frage ließ ihn nicht in Ruhe: »Wenn ich mich bei der Polizei melde, werden sie mich nicht ins Gefängnis stecken? Aber sie werden mich nach Hause bringen. Davor hab ich Angst.«
    Die junge Frau zog einen Stuhl vor die Pritsche und setzte sich. »Komm erst mal wieder auf die Beine, Junge.«

    Er wünschte sich, dass sie die kühle Hand auf seiner heißen Stirn ließ. »Es war ein Unglück, das mit der Sense, das müssen Sie mir glauben. Hannes wollte mich verprügeln und ich habe mich gewehrt. Er ist hingefallen.«
    »Ich glaube dir«, sagte die Frau. »Du kannst ruhig Waltraut zu mir sagen.« Sie nahm die Hand von seiner Stirn, griff nach einer seiner Hände und hielt sie fest. Er hing an ihr und baumelte – in Wahrheit hing er am Rand des Wolkenkratzers.
    »Ich möchte nach Amerika«, flüsterte er. »Hier, sehen Sie das Haus? Es ist vierhundert Meter hoch. Das Dach kratzt manchmal an den Wolken. Unten in den Straßen laufen Neger und es gibt viele große Autos dort. Neuyork ist größer als Berlin.«
    » New York «, korrigierte Waltraut.
    Er bemühte sich, es nachzusprechen, versuchte es ein paarmal. Blieb aber unzufrieden.
    »Mein Bruder ist nach Hamburg abgehauen.« Er erzählte, wie es war, als Helmuth sich dem Vater widersetzte, zum ersten Mal. Er biss sich auf die Lippen, weinte leise. »Ist nur das Fieber«, sagte er. »Ich weine nie. Normalerweise. Ehrlich. Ich bin kein Feigling.«
    »Das glaube ich dir.«
    »Kennen Sie ein Mädchen namens Reni? Sie kommen doch aus Ulmengrund.«
    »Reni Anstorm«, sagte Waltraut.
    »Sie hat mit den anderen auf dem Feld gearbeitet, als plötzlich ein Rhönfalke landen musste. Gleich auf der Wiese nebenan, alle haben Angst gehabt.«
    »Ein Vogel?«
    Jockel musste lachen. Für einen Augenblick fühlte er sich
besser. »Nein, ein Segelflugzeug. Der Pilot war Professor Georgii, ein sehr berühmter Mann.« Er zögerte. »Wohnt sie im Pensionat?«
    »Nur noch ein paar Tage, glaube ich. Sie ist die Tochter des Grafen Haardt, aber das weiß sie erst seit Kurzem.«
    »Also deshalb«, sagte Jockel leise. »Sie fuhr in einem Einspänner des Grafen und ich habe mich gewundert.«
    »Magst du sie?«
    »Ich?« Er schluckte.
    Waltraut lächelte, ohne ihn anzusehen. »Ich habe mich mit siebzehn in den Sohn unseres Schlachters verliebt. Er war viel älter, aber gerade das hat mir gefallen.«
    »Ich bin doch nicht verknallt.«
    »Na ja. Ich dachte. Weil sie so hübsch ist, finde ich.«
    Er nickte nur und schämte sich zu sehr, es einfach zuzugeben.
    »Ich hatte nur die eine Sehnsucht, von diesem Mann in die Arme genommen zu werden. Er hatte sehr starke Arme, jedenfalls stellte ich mir das vor, und sehr starke Hände, und ich dachte an nichts anderes, wenn ich abends im Bett lag. Es war so lebendig und intensiv, dass ich oft dachte, es wäre wirklich schon passiert.«
    »Ist es denn passiert?«
    »Wo denkst du hin? Ich hätte mich zu Tode geschämt, wenn ich ihm auch nur einen Meter nah gekommen wäre. Ich bin mit meiner Tante zum Schlachter und habe ganz verstohlen über die Theke durch die Tür in die Schlachtküche geschaut. Mein Herz schlug mir bis in den Hals, ich kriegte kaum noch Luft. Jedes Mal wenn da drinnen der Dietrich vorbeihuschte, blieb mir das Herz stehen, und mir wurde schwindelig. Ich war sehr schüchtern und bin es heute noch. Die Tante wusste
bestimmt, was mit mir los war. Herrje, war das entsetzlich. Nein, es war schön!« Sie lachte.
    »Reni hat mich bestimmt ganz grausig gefunden, als wir uns getroffen haben. Und jetzt denkt sie, ich bin der Mörder, den alle suchen.«
    »Habt ihr miteinander gesprochen?«
    »Zweimal nur, ein paar Worte.«
    »Reni Anstorm ist etwas ganz Außergewöhnliches passiert.« Waltraut erzählte von dem Blumenstrauß. »Ich glaube, sie hat gerade sehr zu kämpfen, so ähnlich wie du. Was ihr erlebt habt, gehört ja nicht in euer Leben, wie es üblich ist. Wir sind alle an das gewöhnt, was wir jeden Tag erleben, dieselben Menschen, dieselben Orte, dieselben Tätigkeiten. Wenn dann etwas so Ungewöhnliches geschieht, dann fällt es jedem schwer, es überhaupt für wahr zu halten.«
    Jockel hatte das Gefühl, dass ihm

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