Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
antworte mit Nein. Und er sagt, dass es dann der Laufjunge verloren haben muss, doch ich antworte, dass das wohl kaum möglich ist. Es geht hin und her, und so überrede ich ihn, in seinem Kabuff nachzuschauen.«
Bitte, bitte, sag mir, was du gefunden hast.
»Auf dem Boden, auf dem Boden lag es. Einfach so hingeschmissen. Und da habe ich beschlossen, Marco anzurufen.« Pause. »Ich meine Iachino.«
»Ich weiß, dass er Marco heißt.« Ich mache Anselmi ein Zeichen näherzukommen. »Ich hoffe, Sie haben das Päckchen nicht aufgemacht.«
»Nein, natürlich nicht, ich bin doch nicht blöd. Ich will doch keine Beweise vernichten!«
»Sehr gut. Ich schicke Ihnen jetzt einen Mitarbeiter, der das Päckchen abholen soll. Es wird nicht Iachino sein, aber nur deshalb nicht, weil er anderweitig beschäftigt ist. Mit einem anderen Fall befasst, meine ich.« Torrazzi wirkt ansteckend, auch mir entgleiten die Worte und entwickeln ein Eigenleben. Ich danke ihr und verabschiede mich.
»Und damit ist unser montägliches Päckchen doch gekommen, Anselmi.«
»Ohne uns eine Woche Waffenruhe zu gönnen.«
»Sie legt im Tempo zu.«
Anselmi nickt. »Soll ich selbst gehen oder soll ich zusehen, dass ich jemanden finde, der das erledigen kann?«
Ich hätte gesagt, dass er gehen soll, doch es hat zu regnen begonnen. Das soll ein Jüngerer machen. »Suchen Sie jemanden, der frei ist. Das ist keine schwierige Aufgabe. Wir brauchen aber die Fingerabdrücke des Pförtners!«
»Die haben wir schon. Iachino hat das schon erledigt.«
Guter Junge!
Zum Glück ist Francescas Büro nicht weit, das heißt, dass wir nach einer knappen Stunde das Päckchen vor uns liegen haben. Normales Packpapier, das übliche Etikett, und sogar ein Laie wie ich sieht, dass es vermutlich die gleichen Buchstaben sind, nur etwas blasser.
Was sie mir wohl dieses Mal schickt? Keine Gianduiotti, keine Pralinen von Romanengo. Diät ist angesagt.
Ein Buch. Sieh einer an! Normalerweise kommt das Buch nach dem Mord.
Und im Vergleich zum ersten Buch ist das Niveau ein wenig gesunken.
Ken Folletts Die Brücken der Freiheit aus der Reihe Omnibus des Mondadori Verlags.
Und im Innern nicht die gewohnte Aushöhlung.
Vielleicht tötet sie ja, um meine Lektüre zu fördern.
Die übliche Prozedur, Fingerabdrücke und so weiter. Obgleich wir wissen, das es zu nichts führt.
Kaum habe ich das Büro betreten, klingelt das Telefon: Francesca. Kaum eine Begrüßung, sie legt gleich los: »Monica hat angerufen. Da war noch ein Päckchen. Sie hat gesagt, dass ihr es abgeholt habt. Habt ihr es auch schon aufgemacht?«
»Nur ein Buch.« Ich nenne ihr den Titel. »Hast du es gelesen?«
»Gelesen ja, aber nicht gekauft, ich hatte es ausgeliehen. Ich warte auf die Taschenbuchausgabe.«
Wie, Francesca spart bei Büchern?
»Einige Bücher von Follett haben mir gefallen, andere nicht. Dieses nicht so sehr, und ich glaube fast, dass ich es doch nicht kaufe. Das sind Bücher, die ich höchstens fünf oder sechs Mal wiederlese. Da lohnt es sich nicht, Geld für die Hardcover-Ausgabe auszugeben.« Pause. »Außerdem ist das Lektüre für den Urlaub; und dafür wiegen sie zu viel und gehen zu schnell kaputt.«
Sie schweigt. Ich würde sie gerne fragen, wo sie ist, denn ich höre seltsame Geräusche im Hintergrund.
»Wo bist du denn?«
»Wo soll ich schon sein? Zu Hause.«
»Ich höre Geräusche.«
»Ich bin im Arbeitszimmer und drucke gerade den Entwurf eines Aufsatzes aus, den ich dann ins Büro mitnehme. Ich hatte mir das ganze Material mit nach Hause genommen, doch ich brauchte noch eine Information und habe deswegen Monica angerufen, die mir gesagt hat … Und außerdem, was soll das, dass du mich fragst, wo ich bin? Ich will nicht, dass du mich kontrollierst.«
»Ich kontrolliere dich nicht. Ich habe nur Angst um dich und um Manu.«
»Hör mal, Antonio, in diesem Buch ist nichts, was auf mich hinweist. Wenn eine Figur so heißt wie ich oder wie jemand aus der Familie, dann würde ich mich daran erinnern. Das geht doch jedem so.« Jedem wie ihr. »Weder ich noch du noch Manu kommen darin vor.« Pause. »Manu lässt dir einen Gruß ausrichten.«
»Geht es ihr gut?«
»Ja, es geht ihr gut.« Pause. »Vorhin hast du mich unterbrochen, ich wollte dich nämlich noch etwas zu dem Buch, vielmehr zu den Büchern fragen. In welchem Zustand sind sie denn? Neu gekauft oder schon ein wenig zerlesen?« Ich sehe sie vor mir: Wahrscheinlich lehnt sie barfuß am Regal hinter dem
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