Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
jeden Tag mit solchen Scheißkerlen zu tun habe.« Sie schweigt einen Moment. »Sie hat die Pause von einer Woche nicht eingehalten. Die Abstände werden kürzer.«
»Viele Serienmörder lassen die Abstände zwischen den Morden immer kürzer werden, so wie Süchtige ihre Dosis immer erhöhen müssen.«
»Das hast du mir schon mal gesagt. Doch das hier ist kein Serienmörder. Den Mord, den eigentlichen Mord, muss sie noch begehen. Die anderen dienen nur der Vorbereitung. Das spüre ich. Es ist, als wäre sie hier, und ich könnte das in ihren Augen, in ihren Gesten lesen.«
»Das geht mir auch manchmal so. Ich habe keine Beweise, aber ich spüre, dass eine bestimmte Person der Schuldige ist.«
»Hast du dich schon jemals geirrt?«
»Manchmal habe ich keine Beweise gefunden, das heißt aber nicht, dass ich mich geirrt habe. Manchmal habe ich Beweise gefunden, die die Falschen überführt haben, aber das kam nicht oft vor.«
»Was hast du dabei empfunden?«
»Wenn du die Dinge nicht sofort vergessen kannst, dann hast du bei diesem Job verloren.« Ich hoffe, dass sie nicht weiterfragt, über dieses Thema spreche ich nicht gern.
»Kein Finger dieses Mal?«
»Nein. Und keine Pralinen.«
Sie reibt sich die Augen.
»Du hast heute nicht geschlafen, stimmt’s?«
Schweigen.
»Dann ist es Zeit, ins Bett zu gehen.«
»Aber ich musste doch wissen …«
Sie schläft fast sofort ein. Ich bleibe mit offenen Augen liegen. Als ich das letzte Mal auf die Uhr schaue, ist es drei.
Dann fängt der Traum an.
Ich sehe ihr Gesicht nicht.
Ich höre ihre Stimme nicht und nehme keine Bewegung wahr.
Und doch ist sie da. Ich spüre ihren Hass, sie kommt auf mich zu, dringt in meinen Körper ein. Sie zerfrisst mich.
Plötzlich ist es hell.
Fran ist neben mir: »Ich musste dich wecken, du hast geschrien.«
Sie streicht mir mit den Händen übers Gesicht.
»Ein Albtraum?«
Wie kann ich ihr sagen, dass es nicht ein Albtraum ist, sondern der Albtraum.
»Ich habe geschrien. Du hast gesagt, ich habe geschrien, was denn?«
»Weißt du, auch ich habe geschlafen, und es war so undeutlich …« Sie weicht mir aus.
»Ich will es wissen.«
»Lasst mich, ich habe nichts damit zu tun. Sie ist eine Hure. Nur eine Hure. So etwas in der Art.« Sie spricht, ohne mich dabei anzuschauen, ich verstehe, was sie empfindet. »Dann habe ich dich gerüttelt, und du bist aufgewacht. Das muss ein schlimmer Albtraum gewesen sein. Ich konnte dich doch nicht einfach weiterschlafen lassen.«
»Natürlich nicht.«
»Während ich dich gerüttelt habe, noch bevor du wach warst, hast du einen Namen geschrien.« Sie sieht zu mir hoch. »Von einer, die ich nicht kenne. Margot.« Sie fragt nicht weiter.
Margot. Ich kenne keine Margot. Ich kann mich nicht erinnern, eine Margot gekannt zu haben.
Margot. Torrazzi. Marguerite Gautier. Die Kameliendame.
Francesca steht auf. »Ich muss schlafen, ich lege mich drüben hin.«
Ich weiß, dass ich nicht mehr einschlafen kann. Ich höre sie durch die Wohnung gehen. Auch sie kann nicht mehr schlafen. Ich hier und sie dort.
KAPITEL 4
Mittwoch
Es ist acht Uhr, und ich mache mich gerade fertig. Ich habe dann doch noch wie ein Stein geschlafen. Nach dem Aufwachen habe ich Francesca in der Küche vorgefunden, sie hatte sich gerade Kaffee gemacht.
Es klingelt. »Ich gehe schon, Antonio.«
Ich höre sie reden und folge ihr in den Flur. Vor der Wohnungstür steht ein Kurier: »Ich soll das hier abliefern.«
»Das muss ein Irrtum sein, wir haben keine Torte bestellt«, protestiert Francesca und dreht sich zu mir um. »Stimmt’s, Antonio, wir haben doch keine Torte bestellt?«
Ich wende mich an den Kurier: »Kann ich bitte den Lieferschein sehen?« Adressat: Francesca Mariani und dann die Adresse. Absender: Antonio Mariani. Soweit ich mich erinnere, habe ich nichts an sie geschickt. Ware: Torte. Ich halte dem Kurier meinen Dienstausweis unter die Nase und bitte ihn, mir seine Papiere zu zeigen. »Für welche Firma arbeiten Sie?«
»Nicht für eine Lieferfirma. Ich bin von Tonitto. Ich fahre Bestellungen aus.« Dann kann er endlich gehen.
»Ich muss das Päckchen zur Spurensicherung bringen.«
»Es ist an mich adressiert, und ich mache das Paket auf, das du mir geschickt hast.« Sie streckt die Hand aus. »Na gut! Dann habe ich es eben geöffnet, ohne darüber nachzudenken. Mein Mann, mein lieber Ehemann, hat mir einen süßen Gruß geschickt, und ich habe das Geschenk meines lieben Mannes aufgemacht. Es kam
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