Blumen Für Sein Grab
›Hearts and Flowers‹ im Hintergrund. Ich erinnere mich nicht an meinen Vater, und er ist mir vollkommen gleichgültig. Als kleiner Junge hätte ich wahrscheinlich gerne einen Vater um mich gehabt, aber er war nicht da, und heute bin ich kein kleiner Junge mehr! Ich habe ihn nie gebraucht, und offen gestanden, ich brauche dich auch nicht, wenn du weiter vorhast, mein Leben in einen verdammten Haufen Elend zu verwandeln! Du bist besessen von ihm, ist dir das eigentlich bewusst? Er ist vor fünfundzwanzig Jahren abgehauen, aber in deinem Kopf hat er dich nie verlassen! Seit damals zerbrichst du dir seinetwegen den Kopf! Mir ist bewusst, dass er dein Leben ruiniert hat, aber ich werde nicht tatenlos mit ansehen, dass du deswegen meins ruinierst! Manchmal habe ich richtig Mitgefühl für den armen Kerl, der dir eines Tages davongelaufen ist!« Er brüllte inzwischen, was er sonst so gut wie nie tat. Seine Mutter starrte ihn an, erschrocken, entsetzt über die heftige Reaktion, die sie verursacht hatte. Als er ihren bestürzten Gesichtsausdruck bemerkte, die Verwirrung und Furcht auf ihrem wettergegerbten Gesicht und den offen stehenden Mund, fuhr er sanfter und mit schiefem Grinsen fort:
»Hat ihm vielleicht meine Nase nicht gefallen?«
»Ihm gefiel seine Sekretärin!« Rebellisch fügte sie hinzu:
»Eine Wasserstoffblondine mit krummen Beinen. Ein Fall von Rachitis, wenn du mich fragst.« Einen Augenblick später lachten beide.
»Hör zu, Ma, es tut mir Leid«, sagte Nevil.
»Ich möchte keinen Streit. Aber du treibst mich immer wieder dahin, verstehst du?«
»Ach, zum Kuckuck noch mal!«, sagte Mrs. James, während sie ein Taschentuch hervorzog und sich damit über die Augen wischte.
»Ich weiß, dass ich nicht aufhören kann damit, Nevil. Aber das liegt daran, dass mir das Schicksal ein paar ziemlich gemeine Tiefschläge versetzt hat und ich mir keine Illusionen mehr mache. Das Leben ist ein Scheißhaufen.«
»Und ich weiß nichts darüber, willst du das sagen?«
»Offen gestanden – genau das.« Sie biss sich auf die Lippe und wartete darauf, dass er ihr die Schuld dafür gab, weil sie ihn all die Jahr hier festgehalten hatte. Doch er sagte nichts. Stattdessen ging er an ihr vorbei, tätschelte ihren Arm und murmelte:
»Mach dir keine Sorgen, Ma. Alles kommt wieder in Ordnung.«
»Auf den Tag warte ich«, brummte sie und folgte ihm zur hinteren Veranda, um ihn zu beobachten, wie er munteren Schrittes auf die Schornsteine von Malefis Abbey zumarschierte. Sie wusste, wie viele Mütter vor ihr auch, dass es nicht das Geringste gab, was sie daran hätte ändern können. Gillian kehrte mit den Hunden zurück, die sie ausgeführt hatte. Nevil blieb kurz stehen und wechselte ein paar Worte mit ihr, bevor er weiterging. Gillian zerrte die Hunde auf ihre Tageszwinger zu. Die Anzahl der Tiere in der Pension schwankte mit dem Kommen und Gehen der verschiedenen Hunde- und Katzengäste. Diese Woche waren zwei Beagle, der Corgi, der tatsächlich noch aufgetaucht war, sowie ein Mischling von der Sorte, die man wohl am besten mit
»Köter« beschreibt, die einzigen Hunde, die in der Tierpension einquartiert waren. Gillian kam blendend mit den Hunden zurecht. Die Beagle waren ausgebildet und benahmen sich tadellos. Der Corgi, der noch neu in der Pension war, mochte nicht an der Leine gehen oder überhaupt gehen und musste hinterhergezerrt werden. Der Köter hätte alle vier in ein heilloses Knäuel verwandelt, hätte er eine Chance dazu bekommen. Doch Gillian gab ihm keine.
»Nun sieh sich einer dieses Mädchen an.« Mrs. James dachte schon wieder laut.
»Gillian kommt zurecht. Muss sie wohl auch, bei den Eltern. Eine Schande, dass Nevil … aber nein, er will nicht.« Sie seufzte. Immer dann, wenn man dachte, eine Situation wäre schlimm genug, wurde sie noch schlimmer. Die verheiratete Rachel Constantine hatte genug Probleme bereitet. Aber das war nichts gewesen im Vergleich zu denen, die sie nun als attraktive, wohlhabende Witwe bereiten würde. Mrs. James dämmerte allmählich, dass jede beliebige Frau besser für ihren Sohn gewesen wäre als Rachel Constantine mit ihren Schlingen und Fallen. Mrs. James hatte Nevil zu sehr isoliert. Sie hätte ihn drängen sollen, häufiger auszugehen, in die Stadt zu fahren, Freunde und Freundinnen in seinem Alter zu finden. Jetzt war es zu spät, um daran noch etwas zu ändern – nicht, dass es in Mollys Natur gelegen hätte, jemals aufzugeben.
»Wenn ich doch nur jemand
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