Blumen Für Sein Grab
wollte, dass ich etwas von seinen Geschäften verstehe, sodass ich … nun ja, wenn er lange Zeit krank gewesen wäre, hätte ich weitermachen können. Also weiß ich ungefähr, wie alles funktioniert.« Diese Feststellung traf sie mit einer Ernsthaftigkeit, die nahe legte, dass sie entweder keinerlei Schwierigkeiten erwartete oder zuversichtlich war, alles in den Griff zu bekommen. Meredith konnte es nicht sagen. Sie hatte Mühe, dieses neue Bild von Rachel zu verdauen, einer Rachel, die von neun bis siebzehn Uhr arbeitete und in den erbarmungslosen Konkurrenzkampf des Geschäftslebens eingriff. Die sich jeden Tag mit ihrem Aktenköfferchen zu Besprechungen traf. Neu eingetroffene Warenlieferungen mit Feigen oder Datteln und die Ablaufdaten im Lagerhaus der Gesellschaft inspizierte. Harte Verhandlungen mit verschlagenen Partnern führte. Es würde eine ganz und gar andere Rachel Hunter sein als die, die Meredith kannte. Nachdenklich strich sie sich Butter auf ihren Toast. Hawkins würde ebenfalls mit Interesse feststellen, dass die Witwe nicht länger von Trauer gebeugt war, sondern im Begriff stand, aktiv ihre Karriere als Geschäftsfrau voranzutreiben. Rachel beabsichtigte allen Ernstes, in die Fußstapfen ihres toten Mannes zu treten, eine freie, unabhängige und reiche Frau. Es war eine Vorstellung, die leicht misszuverstehen war – und Hawkins ein Mann, dessen Misstrauen schnell erwachte. So taktvoll, wie es ihr möglich war, schlug Meredith vor:
»Solltest du nicht lieber noch ein wenig damit warten, Ray?« Rachel hob überrascht die Augenbrauen.
»Wozu? Bis das Testament rechtskräftig wird? Alex hat mir alles hinterlassen. Es wird keinerlei Probleme geben.«
»Ich dachte nicht an das Testament, sondern daran, dass es normalerweise besser ist, derart weit reichende Entscheidungen nicht allzu schnell zu treffen, wenn man … wenn man in einer Situation wie der deinen steckt. Du hast einen sehr schweren Schicksalsschlag erlitten. Du handelst impulsiv. In ein paar Monaten, wenn du genügend Zeit zum Nachdenken gehabt hast, wirst du Malefis Abbey vielleicht überhaupt nicht mehr verkaufen wollen.« Rachel schüttelte die blonde Mähne und winkte ab. Ein Sonnenstrahl fing sich in den Diamanten ihres Rings und ließ sie glitzern.
»Nein. Mein Entschluss steht fest. Ich bin absolut sicher.«
»Und was ist mit der polizeilichen Ermittlung, Ray? Ich möchte dich nicht daran erinnern oder dich in Aufregung versetzen, aber dieser Hawkins mag sich vielleicht fragen, warum du so begierig darauf bist, so schnell in Alex’ Geschäft einzusteigen.«
»Wer soll es denn führen, wenn nicht ich? Außerdem geht das diesen Mann überhaupt nichts an!« Ihre Augen wurden erneut dunkel vor Zorn.
»In Lynstone herumzuschnüffeln, als wären wir alle verdächtig! Er sollte in London sein! Dort wurde der arme Alex ermordet! Ich sage dir, ich betrachte seine Arbeit als reine Verschwendung meiner Zeit und der Gelder der Steuerzahler, und wenn diese Sache vorbei ist, werde ich mich wahrscheinlich offiziell über ihn beschweren!« Sie zerknüllte ihre Serviette und warf sie mitten auf den Tisch zwischen sich und Meredith.
»Ich brauche jedenfalls keinen Superintendent Hawkins, der mir sagt, was ich zu tun und zu lassen habe, Meredith!« Allem Anschein nach stand ihr Entschluss also fest. Meredith hätte weiter argumentieren können, doch dann dachte sie: Was soll’s? Rachel war schon immer eigensinnig gewesen. Jeder Mensch ging auf seine Weise mit einer emotionalen Krise um. Rachels Antwort bestand möglicherweise darin, sich in Arbeit zu stürzen.
»Also gut, Ray. Aber wo wirst du in London leben?«
»Ich weiß es noch nicht.« Rachel runzelte die Stirn.
»Ich denke, es wird eine Zeit dauern, bis ich einen Käufer für Malefis Abbey gefunden habe. Große Herrenhäuser auf dem Land sind heutzutage schwer an den Mann zu bringen, schätze ich. Aber ich kann leben, wo immer ich will. Ich könnte sogar mein Geschäft ins Ausland verlegen, denke ich. Irgendwohin, wo es warm ist. Die Winter hier draußen in Lynstone sind arktisch! Wir sind regelmäßig eingeschneit. Außerdem wäre es vielleicht gar nicht verkehrt, in ein Land zu gehen, wo die Steuern niedriger sind.« Diese endgültige Verwandlung der Mrs. Constantine von der nervenschwachen Neurotikerin zur entschlossenen, machtbewussten Geschäftsfrau machte Meredith sprachlos. Doch sie fragte sich, während sie weiter frühstückte, was Alan zu alledem sagen würde.
Alan nahm
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