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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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sie beim Einschlafen zwischen den Schenkeln. Sie erwachte voller Gewissensbisse und schlich ängstlich in die Küche, doch die Mutter tat so, als sei nichts geschehen, fragte nichts, war genauso wie vor dem Ball, unglücklich und missgelaunt wie immer.
    Klara war schon fünfzehn. Sie kamen vom Fleischer, als sie bemerkte, dass Blut aus dem Korb tropfte, doch sie sagte nichts, warf nur hin und wieder einen Blick zurück. Sie hatten Leber gekauft, weil der Vater Geburtstag hatte und gebratene Leber liebte. Und Klara lächelte, wirklich, das war wie im Märchen: Siehinterließen eine Spur, damit sie wieder zurückfinden konnten, kleine, rote Tropfen!
    Die Mutter zischte sie an, sie solle nicht hinsehen, aber natürlich blickte sie sofort in die verbotene Richtung und sah den Penis des Pferdes, das rot baumelnde, ungeheuerliche Fleisch und den herausspritzenden Urin.
    Sieh nicht, sieh nicht hin!
    Ach, Mutter, darf ich denn nicht sehen, was für ein stattlicher Bursche dort auf dem Bock sitzt?!
    Sie sah paarungsbereite Käfer und Hunde, Vögel, die sich aneinanderklammerten, auf dem Anwesen des Großvaters sah sie Verliebte, bei der Weinlese wurde sie Zeuge, wie der junge Bursche, der auch schon mit ihr geschäkert hatte, eine ältere Frau, sie hätte seine Mutter sein können, zwischen den Weinstöcken zu Boden drückte, der Bursche schnaufte, die Frau wimmerte, als liege sie im Sterben. Weil die Mutter schwieg und Klara sich mit solchen Dingen kaum an den Vater wenden konnte, reimte sie sich selbst zusammen, was der Unterschied zwischen Mann und Frau war und was geschah, wenn sie sich aneinanderdrückten. Ihre Finger begannen, den eigenen Körper zu erkunden. Ihre kleine, weiße Hand forschte, strich über den Bauch, war das jetzt eine Männerhand?! Sie verschaffte sich ein unbeholfenes, wirres Vergnügen und lernte bald, dass dieser rasche Wirbel nicht viel mit Glück zu tun hatte. Mit der Zeit bekam sie heraus, wie man dieses Gefühl verfeinern, mit ihm spielen und es anheizen konnte, bis es schmerzte. Auch später tat sie das, neben Imre im Bett, wenn ihr Mann schlief, und nie dachte sie, damit eine Sünde zu begehen. Wenn sie die Lust überkam, seufzte sie auf den Mund ihres schlafenden Mannes.
    Der Vater sprach viel davon, dass die Sünde sich nicht bewege, sondern reglos verharre. Die Sünde wartet, bis wir vor sie hintreten! Wenn wir uns entschließen, ihre Majestät aufzusuchen, dann nach allen Regeln der Kunst! Wenn etwas verdirbt in uns, muss man ein Fest daraus machen!
    Die Mutter sagte nie etwas Derartiges, doch manchmal fingsie unerwartet an zu erzählen, und es war ihr anzumerken, dass sie sich schämte. Man wusste nie, warum sie begann und warum sie mitten im Satz wieder abbrach. Klara spann die unvollständigen Geschichten weiter und erdachte alle möglichen Kapitel aus dem Leben ihrer Mutter, alles reine Ausgeburten ihrer Phantasie, bis sie nach einiger Zeit glaubte, die Mutter besser zu kennen, als diese sich selbst kennen konnte. Und Klara stellte sich auch fürchterliche Dinge vor.
    Als Margit, die junge Ehefrau, zum ersten Mal allein im leeren Bett lag und ihrem panischen Herzschlag lauschte, weil ihr Mann in der Nacht verschollen war, nahm sie erstaunt wahr, wie Zorn sie überflutete und ihre Angst langsam in Hass überging. Der Tag graute bereits, und sie wartete am Fenster – wenn doch endlich etwas geschähe. Sie knüllte den Zipfel des Vorhangs, versuchte zu beten, brachte jedoch nur ein Stöhnen zustande, sie presste ihren Schoß ans Fensterbrett, damit es wehtat, richtig wehtat. Am Morgen ging ein grauer Regen nieder, endlich knarrte das Hoftor, und der Mann wankte ins Haus, er roch nach Alkohol. Margit führte ihn zum Bett, legte ihn in Kleidern auf die Daunendecke und wartete den ganzen Vormittag darauf, dass er aufwachte und etwas sagte, sich rechtfertigte, um Verzeihung bat. Später saß er übernächtigt da, kratzte sich die dünne, rot behaarte Wade und murmelte etwas von Margits außergewöhnlicher Schönheit. Sie bekam den Mund nicht mehr zu, so empört war sie. Nach dem nächsten nächtlichen Exzess gab er bis mittags kein Wort von sich. Hingebungsvoll lutschte er an einem Markknochen und schlürfte wortlos den zum Mittagessen servierten Kaffee.
    Wie schön du bist, brummte er, und da wusste sie, dass er beim Kartenspiel gewonnen hatte.
    Wenn er schwieg, hieß das, er hatte verloren.
    Dabei hatte alles ganz anders angefangen. Margit war noch keine zwanzig, als das Schicksal sie in

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