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Blumfeld, ein älterer Junggeselle

Blumfeld, ein älterer Junggeselle

Titel: Blumfeld, ein älterer Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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der Faulenzer aus den
    Bureaus im ersten Stock, Blumfeld ging darüber hinweg, — hätte
    er nur auch über das Vorhandensein der Praktikanten so ruhig
    hinweggehn können. Die standen aber da und waren nicht mehr
    wegzubringen. Blasse, schwache Kinder. Nach ihren Dokumen-
    ten sollten sie das schulfreie Alter schon erreicht haben, in Wirk-
    lichkeit konnte man es aber nicht glauben. Ja, man hätte sie noch
    einmal einem Lehrer anvertrauen wollen, so deutlich gehörten
    sie noch an die Hand der Mutter. Sie konnten sich noch nicht
    vernünftig bewegen, langes Stehn ermüdete sie besonders in der
    ersten Zeit ungemein. Ließ man sie unbeobachtet, so knickten
    sie in ihrer Schwäche gleich ein, standen schief und gebückt in
    einem Winkel. Blumfeld suchte ihnen begreiflich zu machen, daß
    sie sich für das ganze Leben zu Krüppeln machen würden, wenn
    sie immer der Bequemlichkeit so nachgäben. Den Praktikanten
    eine kleine Bewegung aufzutragen, war gewagt, einmal hatte ei-
    ner etwas nur ein paar Schritte weit bringen sollen, war übereif-
    rig hingelaufen und hatte sich am Pult das Knie wundgeschlagen.
    Das Zimmer war voll Näherinnen gewesen, die Pulte voll Ware,
    aber Blumfeld hatte alles vernachlässigen, den weinenden
    Praktikanten ins Bureau führen und ihm dort einen kleinen Ver-
    band machen müssen. Aber auch dieser Eifer der Praktikanten
    war nur äußerlich, wie richtige Kinder wollten sie sich manch-
    mal auszeichnen, aber noch viel öfters oder vielmehr fast immer
    wollten sie die Aufmerksamkeit des Vorgesetzten nur täuschen
    und ihn betrügen. Zur Zeit der größten Arbeit war Blumfeld ein-
    mal schweißtriefend an ihnen vorübergejagt und hatte bemerkt,
    wie sie zwischen Warenballen versteckt Marken tauschten. Er
    hätte mit den Fäusten auf ihre Köpfe niederfahren wollen, für ein
    solches Verhalten wäre es die einzig mögliche Strafe gewesen,
    aber es waren Kinder, Blumfeld konnte doch nicht Kinder tot-
    schlagen. Und so quälte er sich mit ihnen weiter. Ursprünglich
    hatte er sich vorgestellt, daß die Praktikanten ihn in den unmit-
    telbaren Handreichungen unterstützen würden, welche zur Zeit
    der Warenverteilung so viel Anstrengung und Wachsamkeit er-
    forderten. Er hatte gedacht, er würde etwa in der Mitte hinter
    dem Pult stehn, immer die Übersicht über alles behalten und die
    Eintragungen besorgen, während die Praktikanten nach seinem
    Befehl hin- und herlaufen und alles verteilen würden. Er hatte
    sich vorgestellt, daß seine Beaufsichtigung, die, so scharf sie war,
    für ein solches Gedränge nicht genügen konnte, durch die Auf-
    merksamkeit der Praktikanten ergänzt werden würde und daß
    diese Praktikanten allmählich Erfahrungen sammeln, nicht in je-
    der Einzelheit auf seine Befehle angewiesen bleiben und endlich
    selbst lernen würden, die Näherinnen, was Warenbedarf und
    Vertrauenswürdigkeit anlangt, voneinander zu unterscheiden.
    An diesen Praktikanten gemessen, waren es ganz leere Hoffnun-
    gen gewesen, Blumfeld sah bald ein, daß er sie überhaupt mit
    den Näherinnen nicht reden lassen durfte. Zu manchen Näherin-
    nen waren sie nämlich von allem Anfang gar nicht gegangen,
    weil sie Abneigung oder Angst vor ihnen gehabt hatten, andern
    dagegen, für welche sie Vorliebe hatten, waren sie oft bis zur Tür
    entgegengelaufen. Diesen brachten sie, was sie nur wünschten,
    drückten es ihnen, auch wenn die Näherinnen zur Empfangnah-
    me berechtigt waren, mit einer Art Heimlichkeit in die Hände,
    sammelten in einem leeren Regal für diese Bevorzugten verschie-
    dene Abschnitzel, wertlose Reste, aber doch auch noch brauch-
    bare Kleinigkeiten, winkten ihnen damit hinter dem Rücken
    Blumfelds glückselig schon von weitem zu und bekamen dafür
    Bonbons in den Mund gesteckt. Blumfeld machte diesem Unwe-
    sen allerdings bald ein Ende und trieb sie, wenn die Näherinnen
    kamen, in den Verschlag. Aber noch lange hielten sie das für eine
    große Ungerechtigkeit, trotzten, zerbrachen mutwillig die Fe-
    dern und klopften manchmal, ohne daß sie allerdings den Kopf
    zu heben wagten, laut an die Glasscheiben, um die Näherinnen
    auf die schlechte Behandlung aufmerksam zu machen, die sie
    ihrer Meinung nach von Blumfeld zu erleiden hatten.
    Das Unrecht, das sie selbst begehn, das können sie nicht
    begreifen. So kommen sie zum Beispiel fast immer zu spät ins
    Bureau. Blumfeld, ihr Vorgesetzter, der es von frühester Jugend
    an für selbstverständlich gehalten hat, daß man

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