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Blumfeld, ein älterer Junggeselle

Blumfeld, ein älterer Junggeselle

Titel: Blumfeld, ein älterer Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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ist aber auch über
    sie entschieden, denn auf dem Kastenboden liegen verschiedene
    kleinere Gegenstände, wie Stiefel, Schachteln, kleine Koffer, die
    alle zwar — jetzt bedauert es Blumfeld — wohl geordnet sind,
    aber doch die Bälle sehr behindern. Und als nun Blumfeld, der
    inzwischen die Tür des Kastens fast zugezogen hat, mit einem
    großen Sprung, wie er ihn schon seit Jahren nicht ausgeführt hat,
    den Kasten verläßt, die Tür zudrückt und den Schlüssel umdreht,
    sind die Bälle eingesperrt. Das ist also gelungen, denkt Blumfeld
    und wischt sich den Schweiß vom Gesicht. Wie die Bälle in dem
    Kasten lärmen! Es macht den Eindruck, als wären sie verzweifelt.
    Blumfeld dagegen ist sehr zufrieden. Er verläßt das Zimmer und
    schon der öde Korridor wirkt wohltuend auf ihn ein. Er befreit
    die Ohren von der Watte und die vielen Geräusche des erwa-
    chenden Hauses entzücken ihn. Menschen sieht man nur wenig,
    es ist noch sehr früh.
    Unten im Flur vor der niedrigen Tür, durch die man in die
    Kellerwohnung der Bedienerin kommt, steht ihr kleiner zehnjäh-
    riger Junge. Ein Ebenbild seiner Mutter, keine Häßlichkeit der Al-
    ten ist in diesem Kindergesicht vergessen worden. Krummbeinig,
    die Hände in den Hosentaschen steht er dort und faucht, weil er
    schon jetzt einen Kropf hat und nur schwer Atem holen kann.
    Während aber Blumfeld sonst, wenn ihm der Junge in den Weg
    kommt, einen eiligeren Schritt einschlägt, um sich dieses Schau-
    spiel möglichst zu ersparen, möchte er heute bei ihm fast stehn-
    bleiben wollen. Wenn der Junge auch von diesem Weib in die
    Welt gesetzt ist und alle Zeichen seines Ursprungs trägt, so ist er
    vorläufig doch ein Kind, in diesem unförmigen Kopf sind doch
    Kindergedanken, wenn man ihn verständig ansprechen und et-
    was fragen wird, so wird er wahrscheinlich mit heller Stimme,
    unschuldig und ehrerbietig antworten, und man wird nach eini-
    ger Überwindung auch diese Wangen streicheln können. So denkt
    Blumfeld, geht aber doch vorüber. Auf der Gasse merkt er, daß
    das Wetter freundlicher ist, als er in seinem Zimmer gedacht hat.
    Die Morgennebel teilen sich und Stellen blauen, von kräftigem
    Wind gefegten Himmels erscheinen. Blumfeld verdankt es den
    Bällen, daß er viel früher aus seinem Zimmer herausgekommen
    ist als sonst, sogar die Zeitung hat er ungelesen auf dem Tisch
    vergessen, jedenfalls hat er dadurch viel Zeit gewonnen und
    kann jetzt langsam gehn. Es ist merkwürdig, wie wenig Sorge
    ihm die Bälle machen, seitdem er sie von sich getrennt hat. So-
    lange sie hinter ihm her waren, konnte man sie für etwas zu ihm
    Gehöriges halten, für etwas, das bei Beurteilung seiner Person
    irgendwie mit herangezogen werden mußte, jetzt dagegen wa-
    ren sie nur ein Spielzeug zu Hause im Kasten. Und es fällt hiebei
    Blumfeld ein, daß er die Bälle vielleicht am besten dadurch un-
    schädlich machen könnte, daß er sie ihrer eigentlichen Bestim-
    mung zuführt. Dort im Flur steht noch der Junge, Blumfeld wird
    ihm die Bälle schenken, und zwar nicht etwa borgen, sondern
    ausdrücklich schenken, was gewiß gleichbedeutend ist mit dem
    Befehl zu ihrer Vernichtung. Und selbst wenn sie heil bleiben
    sollten, so werden sie doch in den Händen des Jungen noch we-
    niger bedeuten als im Kasten, das ganze Haus wird sehn, wie der
    Junge mit ihnen spielt, andere Kinder werden sich anschließen,
    die allgemeine Meinung, daß es sich hier um Spielbälle und nicht
    etwa um Lebensbegleiter Blumfelds handelt, wird unerschütter-
    lich und unwiderstehlich werden. Blumfeld läuft ins Haus zurück.
    Gerade ist der Junge die Kellertreppe hinuntergestiegen und will
    unten die Tür öffnen. Blumfeld muß den Jungen also rufen und
    seinen Namen aussprechen, der lächerlich ist wie alles, was mit
    dem Jungen in Verbindung gebracht wird. »Alfred, Alfred«, ruft
    er. Der Junge zögert lange. »Also komm doch,« ruft Blumfeld,
    »ich gebe dir etwas.« Die kleinen zwei Mädchen des Hausmei-
    sters sind aus der gegenüberliegenden Tür herausgekommen und
    stellen sich neugierig rechts und links von Blumfeld auf. Sie fas-
    sen viel schneller auf als der Junge und verstehen nicht, warum
    er nicht gleich kommt. Sie winken ihm, lassen dabei Blumfeld
    nicht aus den Augen, können aber nicht ergründen, was für ein
    Geschenk Alfred erwartet. Die Neugierde plagt sie und sie hüpfen
    von einem Fuß auf den andern. Blumfeld lacht sowohl über sie
    als über den Jungen. Dieser scheint sich

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