Blumfeld, ein älterer Junggeselle
haben, ein Tier, um das er sich
nicht viel kümmern muß, dem ein gelegentlicher Fußtritt nicht
schadet, das im Notfall auch auf der Gasse übernachten kann,
das aber, wenn es Blumfeld danach verlangt, gleich mit Bellen,
Springen, Händelecken zur Verfügung steht. Etwas derartiges
will Blumfeld, da er es aber, wie er einsieht, ohne allzugroße
Nachteile nicht haben kann, so verzichtet er darauf, kommt aber
seiner gründlichen Natur entsprechend von Zeit zu Zeit, zum
Beispiel an diesem Abend, wieder auf die gleichen Gedanken
zurück.
Als er oben vor seiner Zimmertür den Schlüssel aus der Ta-
sche holt, fällt ihm ein Geräusch auf, das aus seinem Zimmer
kommt. Ein eigentümliches klapperndes Geräusch, sehr lebhaft,
aber sehr regelmäßig. Da Blumfeld gerade an Hunde gedacht hat,
erinnert es ihn an das Geräusch, das Pfoten hervorbringen, wenn
sie abwechselnd auf den Boden schlagen. Aber Pfoten klappern
nicht, es sind nicht Pfoten. Er schließt eilig die Tür auf und dreht
das elektrische Licht auf. Auf diesen Anblick war er nicht vorbe-
reitet. Das ist ja Zauberei, zwei kleine, weiße blaugestreifte Zel-
luloidbälle springen auf dem Parkett nebeneinander auf und ab,
schlägt der eine auf den Boden, ist der andere in der Höhe, und
unermüdlich führen sie ihr Spiel aus. Einmal im Gymnasium hat
Blumfeld bei einem bekannten elektrischen Experiment kleine
Kügelchen ähnlich springen sehn, diese aber sind verhältnismä-
ßig große Bälle, springen im freien Zimmer und es wird kein
elektrisches Experiment angestellt. Blumfeld bückt sich zu ihnen
hinab, um sie genauer anzusehen. Es sind ohne Zweifel gewöhn-
liche Bälle, sie enthalten wahrscheinlich in ihrem Innern noch ei-
nige kleinere Bälle und diese erzeugen das klappernde Geräusch.
Blumfeld greift in die Luft, um festzustellen, ob sie nicht etwa an
irgendwelchen Fäden hängen, nein, sie bewegen sich ganz selb-
ständig. Schade, daß Blumfeld nicht ein kleines Kind ist, zwei
solche Bälle wären für ihn eine freudige Überraschung gewesen,
während jetzt das Ganze einen mehr unangenehmen Eindruck
auf ihn macht. Es ist doch nicht ganz wertlos, als ein unbeach-
teter Junggeselle nur im Geheimen zu leben, jetzt hat irgend je-
mand, gleichgültig wer, dieses Geheimnis gelüftet und ihm diese
zwei komischen Bälle hereingeschickt.
Er will einen fassen, aber sie weichen vor ihm zurück und lok-
ken ihn im Zimmer hinter sich her. Es ist doch zu dumm, denkt
er, so hinter den Bällen herzulaufen, bleibt stehen und sieht ih-
nen nach, wie sie, da die Verfolgung aufgegeben scheint, auch
auf der gleichen Stelle bleiben. Ich werde sie aber doch zu fangen
suchen, denkt er dann wieder und eilt zu ihnen. Sofort flüch-
ten sie sich, aber Blumfeld drängt sie mit auseinandergestellten
Beinen in eine Zimmerecke, und vor dem Koffer, der dort steht,
gelingt es ihm, einen Ball zu fangen. Es ist ein kühler, kleiner Ball
und dreht sich in seiner Hand, offenbar begierig zu entschlüp-
fen. Und auch der andere Ball, als sehe er die Not seines Kame-
raden, springt höher als früher, und dehnt die Sprünge, bis er
Blumfelds Hand berührt. Er schlägt gegen die Hand, schlägt in
immer schnelleren Sprüngen, ändert die Angriffspunkte, springt
dann, da er gegen die Hand, die den Ball ganz umschließt, nichts
ausrichten kann, noch höher und will wahrscheinlich Blumfelds
Gesicht erreichen. Blumfeld könnte auch diesen Ball fangen und
beide irgendwo einsperren, aber es scheint ihm im Augenblick zu
entwürdigend, solche Maßnahmen gegen zwei kleine Bälle zu er-
greifen. Es ist doch auch ein Spaß, zwei solche Bälle zu besitzen,
auch werden sie bald genug müde werden, unter einen Schrank
rollen und Ruhe geben. Trotz dieser Überlegung schleudert aber
Blumfeld in einer Art Zorn den Ball zu Boden, es ist ein Wunder,
daß hiebei die schwache, fast durchsichtige Zelluloidhülle nicht
zerbricht. Ohne Übergang nehmen die zwei Bälle ihre frühern
niedrigen, gegenseitig abgestimmten Sprünge wieder auf.
Blumfeld entkleidet sich ruhig, ordnet die Kleider im Kasten,
er pflegt immer genau nachzusehn, ob die Bedienerin alles in
Ordnung zurückgelassen hat. Ein- oder zweimal schaut er über
die Schulter weg nach den Bällen, die unverfolgt jetzt sogar ihn
zu verfolgen scheinen, sie sind ihm nachgerückt und springen
nun knapp hinter ihm. Blumfeld zieht den Schlafrock an und
will zu der gegenüberliegenden Wand, um eine der
Weitere Kostenlose Bücher