Blumfeld, ein älterer Junggeselle
Während diese, ein fettes, stumpfsinniges, immer
steif aufrecht gehendes Weib, das Frühstück auf den Tisch stellt
und die paar Handreichungen macht, die nötig sind, steht Blum-
feld unbeweglich im Schlafrock bei seinem Bett, um die Bälle
unten festzuhalten. Er folgt der Bedienerin mit den Blicken, um
festzustellen, ob sie etwas merkt. Bei ihrer Schwerhörigkeit ist
das sehr unwahrscheinlich und Blumfeld schreibt es seiner durch
den schlechten Schlaf erzeugten Überreiztheit zu, wenn er zu
sehen glaubt, daß die Bedienerin doch hie und da stockt, sich
an irgendeinem Möbel festhält und mit hochgezogenen Brauen
horcht. Er wäre glücklich, wenn er die Bedienerin dazu bringen
könnte, ihre Arbeit ein wenig zu beschleunigen, aber sie ist fast
langsamer als sonst. Umständlich belädt sie sich mit Blumfelds
Kleidern und Stiefeln und zieht damit auf den Gang, lange bleibt
sie weg, eintönig und ganz vereinzelt klingen die Schläge her-
über, mit denen sie draußen die Kleider bearbeitet. Und während
dieser ganzen Zeit muß Blumfeld auf dem Bett ausharren, darf
sich nicht rühren, wenn er nicht die Bälle hinter sich herziehen
will, muß den Kaffee, den er so gern möglichst warm trinkt,
auskühlen lassen und kann nichts anderes tun, als den herab-
gelassenen Fenstervorhang anstarren, hinter dem der Tag trübe
herandämmert. Endlich ist die Bedienerin fertig, wünscht einen
guten Morgen und will schon gehn. Aber ehe sie sich endgültig
entfernt, bleibt sie noch bei der Tür stehn, bewegt ein wenig die
Lippen und sieht Blumfeld mit langem Blicke an. Blumfeld will
sie schon zur Rede stellen, da geht sie schließlich. Am liebsten
möchte Blumfeld die Tür aufreißen und ihr nachschreien, was
für ein dummes, altes, stumpfsinniges Weib sie ist. Als er aber
darüber nachdenkt, was er gegen sie eigentlich einzuwenden hat,
findet er nur den Widersinn, daß sie zweifellos nichts bemerkt
hat und sich doch den Anschein geben wollte, als hätte sie etwas
bemerkt. Wie verwirrt seine Gedanken sind! Und das nur von
einer schlecht durchschlafenen Nacht! Für den schlechten Schlaf
findet er eine kleine Erklärung darin, daß er gestern abend von
seinen Gewohnheiten abgewichen ist, nicht geraucht und nicht
Schnaps getrunken hat. Wenn ich einmal, und das ist das End-
ergebnis seines Nachdenkens, nicht rauche und nicht Schnaps
trinke, schlafe ich schlecht.
Er wird von jetzt ab mehr auf sein Wohlbefinden achten, und
beginnt damit, daß er aus seiner Hausapotheke, die über dem
Nachttischchen hängt, Watte nimmt und zwei Wattekügelchen
sich in die Ohren stopft. Dann steht er auf und macht einen Pro-
beschritt. Die Bälle folgen zwar, aber er hört sie fast nicht, noch
ein Nachschub von Watte macht sie ganz unhörbar. Blumfeld
führt noch einige Schritte aus, es geht ohne besondere Unan-
nehmlichkeit. Jeder ist für sich, Blumfeld wie die Bälle, sie sind
zwar aneinander gebunden, aber sie stören einander nicht. Nur
als Blumfeld sich einmal rascher umwendet und ein Ball die Ge-
genbewegung nicht rasch genug machen kann, stößt Blumfeld
mit dem Knie an ihn. Es ist der einzige Zwischenfall, im übri-
gen trinkt Blumfeld ruhig den Kaffee, er hat Hunger, als hätte er
in dieser Nacht nicht geschlafen, sondern einen langen Weg ge-
macht, wäscht sich mit kaltem, ungemein erfrischendem Wasser
und kleidet sich an. Bisher hat er die Vorhänge nicht hochgezo-
gen, sondern ist aus Vorsicht lieber im Halbdunkel geblieben, für
die Bälle braucht er keine fremden Augen. Aber als er jetzt zum
Weggehn bereit ist, muß er die Bälle für den Fall, daß sie es wagen
sollten — er glaubt es nicht — ihm auch auf die Gasse zu folgen,
irgendwie versorgen. Er hat dafür einen guten Einfall, er öffnet
den großen Kleiderkasten und stellt sich mit dem Rücken gegen
ihn. Als hätten die Bälle eine Ahnung dessen, was beabsichtigt
wird, hüten sie sich vor dem Inneren des Kastens, jedes Plätz-
chen, das zwischen Blumfeld und dem Kasten bleibt, nützen sie
aus, springen, wenn es nicht anders geht, für einen Augenblick
in den Kasten, flüchten sich aber vor dem Dunkel gleich wieder
hinaus, über die Kante weiter in den Kasten sind sie gar nicht
zu bringen, lieber verletzen sie ihre Pflicht und halten sich fast
zur Seite Blumfelds. Aber ihre kleinen Listen sollen ihnen nichts
helfen, denn jetzt steigt Blumfeld selbst rücklings in den Kasten
und nun müssen sie allerdings folgen. Damit
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