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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Fenster. »Was genau brauchen Sie?«
    »Etwas, das Ihnen vielleicht nicht vorliegt. Aber Jaime Berger hatte es. Ein einseitiger Text, der den Autopsie- und Toxikologieberichten beigefügt war«, erwidere ich. »Es ist ein Formular des GPFW, in dem alle Personen vermerkt sind, durch deren Hände die Hinrichtungsdroge gegangen ist. Das Rezept wurde eingelöst, doch das Medikament wurde nie verwendet, weil Barrie Lou Rivers vor ihrer Hinrichtung starb. Eigentlich gehört das Blatt nicht zum Autopsiebericht, ist aber irgendwie hineingeraten.«
    »Mein Lieblingsthema«, antwortet sie. »Sachen, die eigentlich nicht da sein sollten, es aber trotzdem sind.«
    Während ich weiter Lola Daggettes Kleidung betrachte, denke ich daran, was die Opfer bei ihrer Ermordung trugen und wie viel Blut an den Sachen war. Das Gewirr aus Fußabdrücken auf dem Küchenfußboden mit dem schwarzweißen Schachbrettmuster und dem Holzboden lässt vermuten, dass die Täterin das Blut im ganzen Haus verteilt hat – oder dass es mehr als eine Person gewesen sein könnte. Denn nicht alle Spuren sind identisch. Handelt es sich um Verunreinigungen des Tatorts nach Eintreffen der Polizei oder hatte Dawn Kincaid bei ihren grausigen Verbrechen einen Komplizen?
    Lola war es auf keinen Fall. Wenn sie an jenem frühen Morgen im Haus der Jordans herumgelaufen wäre, hätte sie Blut an den Schuhen gehabt. Dennoch hat sie ihre Schuhe nicht in der Dusche abgespült, als sie von der ehrenamtlichen Mitarbeiterin ertappt wurde. Sie hat auch keine Unterwäsche oder Socken gereinigt. Außerdem ist sie nie auf Verletzungen, etwa auf Kratzer, untersucht worden, und ihre DNA und ihre Fingerabdrücke wurden nirgendwo in der Nähe der Opfer und des Tatorts entdeckt. Es ist eine Tragödie, dass niemand auf diese Details geachtet hat. Dawn Kincaids DNA passt, doch die Fingerabdrücke stimmen nicht überein. Und da erinnere ich mich an Kathleen Lawlers Worte, sie habe ihre Kinder weggegeben. So, als hätte sie mehr als eines gehabt.
    »Bin ich nicht ein Engel«, witzelt Mandy, und ich muss an den Racheengel denken.
    Ein Ungeheuer, das alle für eine Erfindung von Lola hielten.
    »Ja, genau das habe ich gesucht«, erwidere ich, als ich das Formular auf dem Bildschirm lese. Das tödliche Rezept, eingelöst bei einer Apothekerin namens Roberta Price. Die ans GPFW gelieferten Drogen wurden von Tara Grimm am Mittag des Tages von Barrie Lou Rivers’ Hinrichtung vor zwei Jahren am 1. März quittiert.
    Die auf dem Formular angekreuzten Kästchen belegen, dass das Thiopentalnatrium und das Pancuroniumbromid im Büro der Direktorin aufbewahrt und um fünf Uhr nachmittags in den Hinrichtungsraum gebracht wurden. Allerdings wurden sie nie benutzt.
    »Sagt Ihnen das etwas? Sie sehen aus, als sei Ihnen gerade etwas eingefallen.« Mandy kann ihre Neugier nicht zügeln, als ich ihr das Notebook zurückgebe.
    »Sind das alle Kleidungsstücke von Lola Daggette?«, beantworte ich ihre Frage mit einer Gegenfrage. Ich greife nach dem Beutel mit den Medikamenten und studiere die Aufkleber auf den orangefarbenen Plastikdöschen. »In anderen Worten, keine Schuhe?«
    »Das sind die Sachen, die Colin übergeben wurden und die noch beim GBI aufbewahrt werden. Also war da sicher nicht mehr«, entgegnet sie.
    »Die Mörderin muss doch von oben bis unten voller Blut gewesen sein. Also kann ich mir nicht vorstellen, dass sie nicht auch blutige Schuhe hatte«, merke ich an. »Warum sollte man nur seine Kleider reinigen, aber nicht die blutigen Schuhe? Könnten Sie bitte Colin für mich suchen gehen und ihm ausrichten, dass ich mich draußen mit ihm treffe? Ich würde gern eine Spazierfahrt mit ihm unternehmen und, wenn möglich, etwas besichtigen.«
    Lola Daggette hat ihre Schuhe deshalb nicht in der Dusche gewaschen, weil bei den blutigen Kleidern, die in ihrem Zimmer hinterlegt wurden, keine waren. Sie war weder in den frühen Morgenstunden des Mordtags noch sonst irgendwann in der Villa der Jordans. Vermutlich hatte eine schwer erziehbare Jugendliche gar keine Gelegenheit, angesehene und wohlhabende Leute wie Clarence und Gloria Jordan und ihre reizenden blonden Zwillinge kennenzulernen, und ahnte nichts von ihrer Existenz, bis sie wegen Mordes an ihnen verhört und unter Anklage gestellt wurde.
    Außerdem habe ich den starken Verdacht, dass Lola auch nicht weiß, wer die Schuldigen sind, die Person oder die Personen, deren Motive nicht nur Drogen, ein wenig Bargeld oder der Spaß am Töten waren.

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