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Blut für Blut: Thriller (German Edition)

Blut für Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Blut für Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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Dann glitten die Hände über die Tischkante, griffen nach einem Stück Papier und rissen es nach und nach in kleine Fetzen.
    »Okay. Erzählen Sie uns von Ihrer Mutter.« Rebekka nickte Thomas freundlich zu, und Trauer legte sich schnell auf sein Gesicht und wischte das Lächeln fort.
    »Meine Mutter war eine wunderbare Frau. Klug, lebendig, sozial engagiert. Ich bin immer stolz auf sie gewesen, auch als Kind. Sie wusste immer, was man in einer bestimmten Situation tun und sagen muss. Ich war ein Mutterkind, sie hatte eine Schwäche für mich.« Er lachte kurz, bevor er fortfuhr: »So ist das vermutlich mit Müttern und Söhnen, sagt man das nicht?«
    Er räusperte sich kräftig, und Rebekka dachte kurz an ihre eigene Kindheit.
    »Wie war das für Ihre Schwester?«, musste sie einfach fragen.
    »Okay. Malle war ein Vaterkind, so hatte jeder einen, nicht wahr? Sie gleicht in vielen Punkten unserem Vater, sie spricht unter anderem perfekt Französisch, was ihn immer sehr gefreut hat, er ist ja Halbfranzose, wohingegen ich absolut kein Sprachentalent bin.« Wieder ein lautes Lachen.
    »Wie würden Sie Ihre Kindheit beschreiben?«
    »Gut, ganz bestimmt. Meine Eltern haben viel gearbeitet, als ich ein Kind war. Sie hatten nicht so viel Zeit für uns, deshalb hatten wir ein paar süße junge Mädchen, die auf uns aufgepasst haben. Dafür haben meine Eltern unseren Ferien immer hohe Priorität eingeräumt, da hatten sie dann Zeit, mit uns zu spielen, und das haben wir sehr genossen, Malle und ich.«
    »Wie haben Sie das Verhältnis Ihrer Eltern zueinander erlebt?«
    »Gut, sie haben sich immer gemocht, denke ich. Deshalb war ihre Scheidung auch so ein Schock – für uns alle.« Ein dunkler Schatten glitt kurz über Thomas’ Gesicht.
    »Ihre Eltern wurden im Frühjahr 1988 geschieden – welchen Einfluss hatte die Scheidung auf Sie?« Reza hatte seine Tasse ausgetrunken, und Thomas goss ihm geschickt Kaffee nach, während er über die Frage nachdachte.
    »Ich ging ins Gymnasium. In die Abschlussklasse. Mein Vater ist, glaube ich, im Februar ausgezogen, und meine Mutter war am Boden zerstört. Ich habe weiter mit ihr in dem Haus in Fredriksberg gewohnt. Ich habe in dieser Zeit wie ein Verrückter fotografiert und gemalt, erinnere ich mich. Das war wohl meine Art, das Ganze zu verarbeiten. Meine Schwester wohnte nicht mehr zu Hause, sie lebte in Paris und hatte Abstand zu allem – die Glückliche.« Er lachte freudlos.
    »Ihr Vater hat sich als homosexuell geoutet. Das muss für Sie als junger Mann schwer gewesen sein?«
    »Das war es, aber ich bin darüber weggekommen.«
    »Sie malen – das dürfte Ihren Vater doch freuen? Er ist schließlich ein begeisterter Kunstsammler.«
    »Ja«, sagte Thomas zögerlich, »aber da mein Vater sich so für Malerei interessiert, ist er auch sehr kritisch. Meine Mutter dagegen fand alles, was ich gemacht habe, phantastisch, aber sie konnte selbst auch nur Strichmännchen malen, wie sie es ausgedrückt hat, obwohl sie als Kind richtig gut zeichnen konnte.« Thomas’ Stimme brach. Reza und Rebekka schwiegen und gaben ihm Zeit, sich zu sammeln. Plötzlich richtete er sich in seinem Stuhl auf und sah sie mit festem, klarem Blick an.
    »Ich hoffe, Sie setzen alle Ressourcen ein, um ihren Mörder zu finden.«
    »Haben Sie eine Vermutung, wer Ihrer Mutter möglicherweise Böses wollte?«
    »Nein«, rief er mit aufrichtiger Heftigkeit. »Meine Mutter war ein Engel. Sie hat sich nicht nur für uns eingesetzt, für ihre Familie – sie hat sich auch für völlig Fremde eingesetzt, für ihre Klientinnen. Wir haben sie alle geliebt.«
    Rezas braune Augen wanderten forschend an Thomas hinauf und hinunter.
    »Wo waren Sie am Mittwoch zwischen 17 und 22 Uhr?«
    »Wie bitte?«, fragte Thomas und sah Reza verwirrt an, der schnell hinzufügte: »Wir fragen alle, wo sie zur Tatzeit waren, reine Routine.«
    Thomas’ Pupillen zogen sich zusammen, und er scharrte mit seinem Stuhl.
    »Ich hoffe doch nicht, dass jemand denkt, ich könnte meine eigene Mutter umbringen.« Er sah sie unglücklich an, und Rebekka fühlte mit ihm. Es war schwer, den engsten Angehörigen der Ermordeten solche Fragen zu stellen, aber leider nötig.
    »Ich war hier, im Atelier. Ich habe gemalt und nein, ich habe niemanden, der das bestätigen kann. Sagen sie das nicht immer im Film?« Thomas lächelte. Dann verzog sich sein Gesicht, die Tränen schossen ihm in die Augen, und er verbarg das Gesicht in den Händen. Nach einigen Minuten

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