Blut klebt am Karlspreis
Schreiberling diese Gesprächseinleitung nicht ins Konzept passte. Jetzt hatte ich ihn so weit, dass er mir Informationen geben musste, die ich bewerten konnte. Was er mir absichtlich oder unwissentlich vorenthielt, konnte er nicht zu meinem Nachteil auswerten.
„Also, was ist Sache?“, drängelte ich ihn. „Ich höre aufmerksam zu.“ Ich klemmte mir den Telefonhörer zwischen linke Schulter und Ohr und griff nach einem Kugelschreiber, um mir Notizen zu machen.
„Da gibt es nicht viel zu erzählen“, antwortete der Journalist unzufrieden, „heute Morgen haben die Studenten festgestellt, dass sie keinen Strom mehr haben. Irgendjemand muss in der Nacht im Keller fachmännisch die Stromleitung abgeklemmt haben.“ ,Und keiner hat es bemerkt’, dachte ich mir. Das konnte eigentlich nicht sein.
„Was ist, Herr Grundler?“, hörte ich den Schreiberling fragen. „Nichts“, entgegnete ich, „ich höre Ihnen zu. Was haben Sie noch mehr an Informationen?“
„Wir stehen vor einem Rätsel“, bekannte der Reporter. „Niemand weiß, wie die Täter ins Haus gekommen sind, niemand weiß, wer die Leitung gekappt hat.“
„Ist der große Unbekannte überhaupt ins Haus gekommen?“ Die Frage war mir spontan herausgerutscht. „Vielleicht war er schon drinnen?“
Der Journalist witterte schon seine Geschichte: „Glauben Sie etwa, dass einer der Studenten seine Kommilitonen hintergeht?“
„Das habe ich nicht gesagt und vermute ich auch nicht“, antwortete ich betont laut und deutlich, obwohl für mich diese Vermutung auf der Hand lag. „Aber es könnte ja sein, dass sich der Unbekannte nachmittags oder am Abend ins Haus geschlichen und im Keller versteckt hat.“
„Das ist durchaus eine denkbare Möglichkeit, die auch die Studenten annehmen“, pflichtete mir der Journalist bei. „Die Frage bleibt dann aber, wer der Unbekannte ist und ob er im Auftrag eines Dritten gehandelt hat.“
Ich stöhnte auf. „Damit sind wir wieder bei dem Versuch, meinen Mandanten in das Geschehen einzubeziehen, die Hausbesetzer zum Verlassen des Hauses zu nötigen. Dazu kann ich nur wiederholend sagen, dass ich derartige Methoden entschieden ablehne und nur nach Recht und Gesetz vorgehe. Sollte ich herausbekommen, dass mein Mandant hinter der Schweinerei steckt, lege ich selbstverständlich auf der Stelle mein Mandat nieder. Das können Sie ruhig schreiben.“ Ich legte eine Kunstpause ein. „Aber ich glaube, dass mein Mandant an diesen schwachsinnigen Aktionen nicht beteiligt ist und sie ohne sein Wissen geschehen. Ich gehe davon aus, dass er nicht hinter der Sachbeschädigung von heute Nacht steckt. Ich muss zwar noch mit ihm reden, aber ich kann es mir nicht vorstellen.“
„Der Brandmann weist jede Beziehung zu der Beschädigung zurück“, unterbrach mich der Journalist. „Ich habe gerade mit ihm gesprochen. Er hat mir mit Verleumdung gedroht, falls ich ihn damit in Verbindung bringen sollte.“
Insgeheim musste ich schmunzeln. Der Reporter hatte also doch von allein den Namen des Hausbesitzers in Erfahrung gebracht. „Was hat er denn weiter gesagt?“, fragte ich ihn. „Brandmann hat natürlich knallhart noch Salz in die Wunde gestreut und unterstellt, der Unbekannte befinde sich in den Reihen der Hausbesetzer. Es geschehe ihnen ganz recht, wenn sie sich gegenseitig aufmischen würden. Im Übrigen denke er nicht daran, die Leitungen reparieren zu lassen. Ohne Wasser und ohne Strom würden es die Studenten gewiss nicht mehr lange in dem Haus aushalten. Den schlimmsten Satz hat er sich für den Schluss aufbewahrt“, schilderte der Schreiberling empört. „Ich bin gespannt, wann denen die Gasleitung um die Ohren fliegt“, so zitierte er Brandmann. „Der hat keine Skrupel“, behauptete der Journalist. „Den mache ich morgen fertig.“
Er solle es sich sorgsam überlegen, versuchte ich ihn zu besänftigen. „Immerhin gehört Brandmann das Haus und leben die Studenten illegal darin. Das dürfen Sie bei allem Zorn nicht vergessen.“
Aber so könne man nicht mit Menschen umgehen, erwiderte der Reporter. „Die Studenten sind meiner Meinung nach moralisch im Recht. Sehen Sie sich doch die Wohnungsnot in Aachen an, die horrenden Preise für die schäbigsten Hütten und die leer stehenden Häuser mitten in den Wohngegenden, die zu reinen Spekulationsobjekten geworden sind. Für mich ist das ein asoziales Verhalten der Hauseigentümer; und einer davon ist Ihr Mandant Brandmann, Herr
Weitere Kostenlose Bücher