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Blut klebt am Karlspreis

Blut klebt am Karlspreis

Titel: Blut klebt am Karlspreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Grundler.“ Jerusalem zeigte auf die Rezeptionstheke, auf der ein stabiler Umschlag lag. „Mit den besten Grüßen von Kommissar Böhnke. Ich soll Ihnen ausrichten, dass er das Video am Montag wieder abholen lässt.“
    Ich klemmte mir den Umschlag unter den Arm und zog mich in mein Zimmer zurück. Kaum hatte ich mich im Sessel niedergelassen, da klingelte auch schon das Telefon. „Herr Grundler, der Teufel ist los!“, meldete sich der AZ-Reporter aufgeregt. „Ich habe gerade einen Brief in die Hand bekommen, in dem die Absage der Karlspreisverleihung gefordert wird. Die beiden heutigen Anschläge seien im Prinzip nur Chinaböller gewesen, ein richtiger Kracher würde am Himmelfahrtstag folgen, wenn der Karlspreis verliehen werde.“ Das Original des Briefes hatte der Journalist sofort der Polizei zukommen lassen, eine Kopie wollte er mir als Fax in die Kanzlei schicken. „Ich glaube“, so hörte er sich beinahe schon triumphierend an, „mit unserer Attentatsdrohung liegt meine Zeitung gar nicht so schlecht.“
     
     
    Ich wartete das Fax nicht ab, sondern rief unverzüglich Böhnke an. „Es ist wohl hierzulande üblich, dass Junggesellen samstags arbeiten müssen“, flachste ich zur Begrüßung. „Unser Büro ist halt unser Zuhause“, flachste er zurück. „Was wollen wir wetten, dass das anonyme Schreiben an die AZ aus der Feder unseren bekannten Unbekannten stammt?“, fragte ich.
    „Die Wette gehe ich nicht ein“, entgegnete der Kommissar, „ich nehme es ebenfalls an. Die Merkmale sind jedenfalls nach meinem ersten Eindruck typisch.“
    „Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Anschlägen und dem Bekennerschreiben?“
    Böhnke atmete tief durch. „Ich werde noch gezielter bei unserer Arbeit vorgehen und die Sicherheitsmaßnahmen noch intensiver kontrollieren.“
    „Wer steckt hinter diesem Schwachsinn?“
    „Das kann ich nicht definitiv sagen.“ Böhnke erweckte den Eindruck, als wolle er momentan dieses Problem nicht besprechen. „Vielleicht weiß ich Montag oder Dienstag mehr.“ Ob das Video angekommen sei, wollte er wissen. Er bat mich, ihn ruhig privat anzurufen, falls mir etwas auffallen würde. Böhnkes Nummer kritzelte ich schnell auf einen Notizblock.
     
     
    Sabine holte mich am Nachmittag im Büro ab. Ich wollte zunächst in meine Bude und anschließend mit ihr zu Do und Dieter. Mein Freund würde sich bestimmt gerne mit mir das Video ansehen, dachte ich mir. In seinem Haus an der Gulpener Straße hatte er sämtlichen technischen Schnickschnack, auf den ich verzichtete und der mir niemals in die Wohnung kommen würde.
    Sabine sprang schon die Treppe hinauf zu meiner Wohnung, während ich im Hausflur den Briefkasten öffnete. Ein einziges, flaches Kuvert lag darin, mit meiner Maschinen geschriebenen Anschrift und einem mir nicht bekannten Absender Werner Scholz aus Aachen. Solche Post von Unbekannten war gar nicht so selten, es waren meistens Menschen, die meine in einem Aachener Verlag erschienene Sammlung von Kurzgeschichten gelesen hatten und mir nun ihre Meinung dazu mitteilten.
    Der Brief fühlte sich ungewohnt an, elastischer als üblich, und mich beschlich ein unwohles Gefühl. Behutsam legte ich den Brief zurück und eilte in meine Wohnung! Schnell griff ich zum Telefon und versuchte, Böhnke im Präsidium zu erreichen. Doch er nahm nicht ab. Mehr Glück hatte ich mit der Privatnummer, unter der sich eine angenehme Frauenstimme meldete. Bereitwillig gab sie das Gespräch an den Kommissar weiter. „Ich habe ein Problem“, sagte ich ein wenig atemlos. „Ich glaube, jemand hat, mir eine Briefbombe ins Hause geschickt.“ Ob er sich darum kümmern könne, fragte ich nervös. „Ich packe das Ding nicht an.“
    „Ruhig bleiben, mein Freund“, empfahl Böhnke aus sicherer Entfernung. „Die Sache ist schon so gut wie erledigt.“
     
     
    Tatsächlich fuhren wenige Minuten später zwei Polizeiwagen am Templergraben vor und hielten vor dem Haus.
    Schnell hatte ich den Beamten die Sachlage erklärt. Konzentriert kleidete sich ein Polizist mit schwerer Schutzkleidung, Helm und Handschuhen an, öffnete den Briefkasten und nahm den mysteriösen Umschlag heraus. Vorsichtig legte er ihn in einen gepolsterten Stahlbehälter, den er sorgfältig verriegelte. „Da kann nichts mehr passieren“, sagte mir der Mann, nachdem er den Helm abgelegt hatte. Ruhe strahlte er aus, dass er dennoch unter Anspannung stand, machten die Schweißperlen deutlich, die ihm über die Stirn liefen.

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