Blut Licht
sich Gedanken darüber machen, übervorteilt zu werden.“
Wieso nur zeigte Steven mir, mit aller gebotenen Empörung jetzt einen Vogel?
Apropos Vögel. Wo war Luzifer abgeblieben? Aufgrund seiner Sonnenschirmlieferung an Steven, würde ich ihn gern nochmals in Anspruch nehmen. Leider glänzte er momentan mit Abwesenheit. Jason, vernahm ich den Gedankenimpuls und sah instinktiv auf. Na logisch. Jason hatte ja auch meine Kiste bei sich. Was lag daher näher, als dass er sich ebenfalls dort aufhielt. Ob ich ihn dennoch um einen weiteren Schirm bitten sollte?
Nein.
Ich kicherte leise in mich hinein und schickte ihm gedanklich eine dezente Denkhilfe. Rosen.
Seine Antwort traf umgehend ein: Übertreib es nicht, Menschenkind!
Nun verstand ich, warum Steven um seinen Schirm fürchtete. Vielleicht sollte ich den Sachverhalt aufklären.
„Ich befürchte, meine erwachte Neugierde auf eine nähere Bekanntschaft mit deiner Frau führt dazu, dass wir unsere Zwistigkeiten für eine Weile hinten anstellen müssen, Dahad“, meldete sich der Herr aus dem Schatten indes, nach einer kurzen Bedenkzeit zu Wort. „Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich mich deiner liebreizenden Gattin ein wenig mehr widme?“
„Nicht zu sehr“, knurrte Darian unwillig und winkte gleichzeitig
Steven zu uns heran. „Leihst du uns kurz deinen Schirm?“
Damit hatte sich das mit der Klärung wohl erledigt.
Steven bewegte sich nicht einen Meter und sah uns nur ungläubig an. „Machst du Witze?“
„Nein, danach ist mir derzeit nicht zumute. Doch bitte ich dich, um meiner alten Bruderschaft mit Rahid, um diesen kleinen Gefallen. Du erhältst ihn zurück.“
Sichtlich widerwillig klappte der junge Vampir den Schirm zusammen, zog sich weiter in den Schatten der Hauswand zurück und übergab ihn an meinen Bruder. Zögernd trug der ihn zu Darian und sah ihn skeptisch an. „Überleg dir, ob du ihm trauen kannst. Ich könnte ins Haus stürmen und dem schnell ein Ende bereiten.“
„Ich wage zu bezweifeln, dass dir das so ohne Weiteres gelingen würde“, flüsterte mein Mann mit einem Seitenblick auf die Tür. „Rahid hat mich seinerzeit ausgebildet. Er kennt jede Form des Kampfes und wird dir mehr entgegensetzen, als du dir vorstellen kannst. Wir müssen das unblutig und ohne Verluste beenden, Alistair. Und wenn das hier der Weg ist, werde ich ihn gehen.“
Mein Bruder wirkte verwundert. „Greifst du ihn deswegen nicht an?“
Darian nickte kaum merklich. „Du hast es erfasst.“
„Dann werde ich ihm den Schirm bringen und dafür sorgen, dass er vorher das Mädchen aus seinen Fängen entlässt“, entschied mein Bruder, wandte sich um und steuerte die Tür an. Einen knappen Meter davon entfernt blieb er stehen. „Ich bekomme das Mädchen, du im Gegenzug den Schirm.“
„Du bist ein Lykantroph!“, platzte Rahid unerwartet heftig heraus, zog die Tür weiter auf und funkelte meinen Bruder im Schutz des Schattens zornig an. „Deinen abstoßenden Geruch habe ich selbst durch die Wände wahrnehmen können." Dann galt sein ganzer Grimm meinem Mann. „Ist es nicht genug der Demütigung an deiner eigenen Rasse, indem du auf der falschen Seite stehst? Musst du dich zudem mit diesen widerwärtigen Kreaturen einlassen?“
„Ich befürchte, er schlägt den Schirm nun doch aus“, murmelte Alistair und trat einen Schritt zurück. Da ich schon eine Handgreiflichkeit erwartet hatte, war ich erleichtert. Mein Bruder blieb trotz der Anfeindung erstaunlich gelassen.
Weniger jedoch mein Mann. Er ließ mein Handgelenk los, ging schnurstracks an Alistair vorbei und nahm ihm auf seinem Weg den
Schirm ab. Direkt vor der Tür blieb er stehen und erwiderte gepresst: „Diese Kreatur ist der Bruder meiner Frau, Rahid, und er steht mir weit näher, als es auch nur ein einziges Mitglied deines so hochgeschätzten Clans jemals getan hätte. Loyalität und Freundschaft sind für ihn Charaktereigenschaften und keine an das Blut gebundene Verpflichtung. Gunst wird nicht durch die Verwandlung erzwungen, sie wird vom Herzen her erteilt. Ich weiß, du wirst Verbindungen dieser Art niemals verstehen können, doch rechtfertigt das nicht, meine Familie zu beleidigen. Hier ist der Schirm. Nutz ihn, tritt heraus und lass das Mädchen frei. Dann ist dieser Farce ein Ende bereitet.“ Welche Wirkung Darians erzürnte Worte bei Rahid erzielten, konnte ich nicht sagen, denn Darians breitschultrige Gestalt füllte fast den kompletten Türrahmen aus und nahm mir die
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