Blut Schatten
jedoch irren, werde ich höchstpersönlich für adäquaten Ersatz sorgen.«
»Ich lege ihm einen Gutschein in die Tasche, Jason. Und nun kommen Sie, ich muss die Hose noch abschneiden und umnähen.«
Wir liefen zurück, die Treppe hinunter und öffneten die Tür, als Alistair uns fast umrannte.
»Augen auf, junger Mann !«, rief ich und duckte mich gerade noch rechtzeitig unter seinem Ellenbogen ab.
»Entschuldige, Faye. Hab's verdammt eilig.« Damit bog er knapp vor mir ab und verschwand mit dem Stapel Kleidung auf dem Arm im Bad.
»Nein«, scholl es mir im Flur entgegen, und Kim winkte Jason und mich heran. »Daddy hat eine Verabredung und kommt nicht mit. Dafür aber Grandpa.«
Oh, das schmälerte meine Chancen, beim Billard zu glänzen, ungemein. Dennoch versprach es ein amüsanter Abend zu werden, wenn ein trinkfester Schotte wie Dad dabei war. Und als Kimberly erwähnte, dass auch Steven sich uns anschließen würde, wollte ich um nichts in der Welt diesen Abend verpassen.
So suchte ich in der Küche in einem der Schubfächer nach Nähzeug und machte mich daran, Jasons Outfit fertigzustellen, als mein Bruder barbrüstig, männlich herb duftend und frisch rasiert durch den Raum in Richtung Kaffee stürmte. Mit einer Tasse in der Hand verschwand er ebenso schnell wieder, und ich hörte eine Tür klappen. Ich hatte gerade das eine Hosenbein umgenäht, da tobte Alistair abermals in die Küche.
»Donnerwetter!«, kommentierte ich seinen dunkelblauen Nadelstreifenanzug nebst polierten, schwarzen Schnürschuhen erstaunt. »Hast du etwas Größeres vor?«
»Ja, Maja holt mich gleich ab. Sie hat Karten fürs Theater bekommen. Irgendein Drama. Passt das Hemd zum Anzug, Faye?« Ich nickte schnell. Hellblau gestreift war für mich in Ordnung. »Gott sei Dank, ich dachte schon, das geht nicht. Aber das weiße passt nicht mehr. Kannst du mir mal die Krawatte binden? Ich kriege das nie hin. Und bevor ich sie in die Ecke werfe -«
»Kommst du erst mal wieder runter, großer Bruder. Beruhige dich, das ist doch sicherlich nicht dein erstes Date, hm?« Ich hatte die Hose beiseite gelegt, war aufgestanden und hatte ihm den weinroten Kulturstrick aus den Händen genommen. Ruckzuck hatte ich mit geübten Fingern einen Krawattenknoten gebunden und zupfte ihn zurecht, ehe ich zurücktrat und Zufriedenheit signalisierte. »Perfekt, Großer. Wenn du dazu deine Mähne bändigst und dir einen Zopf machst, bist du salonfähig.«
Grinsend zog er ein schwarzes Haargummi von seinem Handgelenk. Flugs drückte er es mir in die Hand, drehte sich um und ging vor mir in die Hocke. Kopfschüttelnd kämmte ich seine Haare mit den Fingern durch und band sie ihm im Nacken zusammen. Da erklang vom Hof her ein lautes Hupen und Alistair sprang auf.
Ein Blick aus dem Fenster; Maja entstieg einem silberfarbenen Lexus und winkte herauf. Alistair winkte zurück, küsste mich auf den Scheitel und rannte los. Kurz darauf stürmte er um die Ecke und auf seine Angebetete zu. Vor ihr vollführte er einen eleganten Stopp und küsste sie zur Begrüßung liebevoll auf die Wange. Seine Unaufdringlichkeit ließ mich überrascht die Brauen hochziehen, denn ich hatte mit etwas völlig anderem gerechnet. Zudem verblüffte mich die rote Rose, die er plötzlich unter seinem Sakko hervorzog und ihr überreichte. Sie lachte laut, nahm die Rose entgegen und küsste Alistair auf die hingehaltene Wange. Dann stiegen sie in den Wagen und fuhren los, und ich machte mich an das andere Hosenbein.
Zweimal musste ich wieder auftrennen, weil ich an das verschmitzte Gesicht meines Bruders gedacht und mich nicht auf die Arbeit konzentriert hatte. Und Jason nicht nur mit geliehener Kleidung, sondern mit zwei unterschiedlich langen Hosenbeinen mit-zuschleifen, war doch etwas zuviel verlangt.
Schließlich war alles bereit zum Aufbruch. Jeder hatte sein passendes Outfit gefunden. Dad in Jeans und gefüttertem Karohemd, Jason in Darians Jeans und gestreiftem Hemd, darüber eine schwarze Weste von Alistair. Ich ging davon aus, dass Jason zumindest seine eigene Unterwäsche trug, verkniff mir die Frage danach jedoch.
Ernestine hatte sich von Kimberly Kleidung geliehen. Sie trug einen langen, schwarzen Samtrock, den sie mit einem bunt bedruckten Shirt kombinierte. Ihre Haare waren in rockigem Style auftoupiert. Frisur und Make-up ließen vermuten, dass Kimberly Hand angelegt hatte. Kim selbst hatte weiterhin die Kleidung vom Nachmittag an, trug statt der Plüschtreter nun wieder
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