Blut Und Knochen: Thriller
vernagelt, behängt mit einem Sortiment von Nachtclub-Flyern und mit Graffiti beschmiert: »KANNIBALENSCHWEIN!«, »MÖRDER«, »ABSCHAUM«, sowie aus irgendeinem unerfindlichen Grund: »ENGLÄNDER RAUS!« Insch wickelte ein Schokoladen-Eclair aus, stopfte es sich in den Mund und das Papier in die Tasche und deutete auf die blaue Tür neben der Metzgerei. »Sie wissen ja, was Sie zu tun haben.« Neben der Tür befand sich eine Gegensprechanlage, und auf einem PlastikschiIdchen stand in Druckbuchstaben McFarianes Name. Logan drückte auf den Knopf. Keine Antwort. Also klingelte er noch einmal, und dann zur Sicherheit noch zweimal. Eine verängstigte Stimme tönte aus dem Lautsprecher: »Verschwinden Sie! Ich rufe die Polizei!« »Hier ist die Polizei, Mr. McFariane. Ich bin's, DS McRae - wir kennen uns von der Vernehmung, erinnern Sie sich? Wir sind gekommen, um mit Ihnen über den Vandalismus zu sprechen.«
»Oh ... « Ein tiefes, knirschendes Summen ertönte, und Logan stieß die Tür auf. Sie gingen bis zum Ende des kurzen Flurs und stiegen durch ein in bunten Farben gestrichenes Treppenhaus hinauf. McFarlane nahm sie oben in Empfang. Er sah nicht viel besser aus als beim letzten Mal, als Logan ihn gesehen hatte. Die blauen Flecken waren zwar verblasst, aber der Metzger wirkte irgendwie zerdrückt, als hätte man ihn ausgehöhlt und nur eine leere Hülle mit gebrochener Nase und ausgeschlagenen Zähnen zurückgelassen. Sie folgten ihm ins Wohnzimmer.
McFarlanes Wohnung war nicht ganz das, was Logan erwartet hatte. Ein einsamer Alkoholiker, der über seinem Laden wohnte da dachte man an einen mit alten Fastfood-Kartons und leeren Flaschen übersäten Boden, abblätternde Tapeten und schwermütige Countrysongs aus der Stereoanlage. Statt dessen war die Wohnung in dezenten Cremetönen gestrichen und blitzsauber aufgeräumt, Landschaftsaquarelle hingen an den Wänden, und was da aus den Lautsprechern drang, klang verdächtig nach Carmen.
Auf dem Kaminsims waren Fotos aufgereiht: McFarlane; McFarlane mit einer jüngeren Frau; die gleiche Frau als frisch Graduierte mit Barett und Talar; die beiden als Brautpaar. Sie hatte ihn vor achtzehn Jahren sitzen lassen, und er hatte immer noch ihre Fotos im Wohnzimmer stehen. Das nannte man wohl wahre Liebe. Der Metzger ließ sich auf einen Ledersessel sinken, wo er eine Literflasche Wodka in Griffweite hatte. Er goss sich mit zitterrnden Händen ein großes Glas ein. »Ich würde Ihnen ja auch was anbieten, aber Sie sind ja beide im Dienst.«
»Kein Problem, Sir.« Insch stand mitten im Zimmer, die Hände in den Hosentaschen, und ließ den Blick über die Fotos, die Topfpflanzen und die Bilder schweifen. »Schön haben Sie es hier.« Der Metzger zuckte mit den Schultern und trank sein Glas in einem Zug halb aus.
»Na ... « Insch lächelte ihn an. »Erwarten Sie immer noch, dass wir Ihnen glauben, Sie hätten nichts mit den Leichenteilen in Ihrem Laden zu tun gehabt?«
McFarlane rieb sich die Augen mit den Handballen. »Ich dachte, Sie wären wegen des Vandalismus hier.« »Unter uns gesagt, Sir, ich glaube, es könnte da eventuell einen Zusammenhang geben.«
»Sie kommen jede Nacht. Werfen mit Gegenständen. Sie sollten mal den Laden sehen ... Es sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, als ich aus dem ... als ich nach Hause kam.«
»Und haben Sie mit Wiseman geredet, während Sie im Knast waren?«
»Ich habe nie irgendetwas verbrochen, und mein Leben ist ruiniert.«
Er trank noch einen großen Schluck Wodka. »Wer wird jetzt noch Fleisch aus meiner Metzgerei kaufen? Nach allem, was passiert ist?
Jahre hat es mich gekostet, das Geschäft aufzubauen -«
»Ich bin sicher, dass Sie das Mitgefühl aller genießen. Meins haben
Sie jedenfalls. Wo doch bloß meine kleine Tochter tot im Leichenschauhaus liegt!«
McFarlane goss noch einen großen Wodka in sein Glas und anschließend in sich hinein. »Das ist nicht meine Schuld - ich habe nichts getan!«
»Sie war VIER!«
»Sir, ich denke, wir sollten -«
Insch baute sich vor dem Metzger auf. »Sie war vier, und dieses
Schwein hat sie umgebracht!«
»Ich ... « McFarlane erschauderte und blickte dann auf, in das vor
Wut dunkelrot angelaufene Gesicht des Inspectors. »Wissen Sie, wie
das ist, einen Mörder in der Familie zu haben? Wissen Sie das?Wie es
ist, mit dem Hass und den Lügen und der Schande zu leben? Wenn Sie
selbst überhaupt nichts dafür können?«
»Ich sollte Ihnen den Kopf ab-«
Logan legte dem Inspector die
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