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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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die morgige Gerichtsverhandlung vorbereiten.«
    »Ach, kommen Sie, Herr Jia. Wir wissen doch beide, daß das reine Formsache ist. Da brauchen Sie sich nicht vorzubereiten. Aber was meine Geschichte anbelangt, so muß ich wissen, ob sie plausibel klingt und sich überhaupt zur Veröffentlichung eignet. Der Abgabetermin drängt.«
    »Wie wäre es morgen abend? Auf meine Rechnung. Oder in Abwandlung eines Tang-Gedichts: Eine Begegnung mit dem Oberinspektor läßt sich nicht in Gold aufwiegen. «
    »Herr Jia, es war keineswegs einfach für mich, den heutigen Abend für unser Treffen freizuhalten. Manche Leute sind geduldig, aber andere nicht.«
    »Am Vorabend einer solchen Gerichtsverhandlung kann alles mögliche passieren, zumal bei dem verstärkten Medieninteresse im In- und Ausland. Einige Leute werden heute abend sehr beschäftigt sein.«
    Die beiden warfen mit Andeutungen um sich, die nur sie selbst verstanden. Yu war ratlos.
    »Meine Geschichte dürfte allerdings noch mehr Medieninteresse hervorrufen. Zumal ich sie hervorragend bebildern kann. Eine der Aufnahmen wurde früher schon einmal in der Zeitschrift Chinesische Fotografie veröffentlicht, und zwar unter dem Titel ›Mutter, laß uns dorthin gehen‹. Das Foto wurde irgendwann Anfang der sechziger Jahre gemacht.«
    Diesmal war die Pause am anderen Ende der Leitung länger. Die Erwähnung des Fotos kam völlig unvermutet für Jia. Chen hatte seine Trumpfkarte ausgespielt, und Jias Schweigen sprach für sich.
    »Hervorragende Fotos, wie gesagt«, setzte Chen mit der Hartnäckigkeit des geübten Spielers nach.
    »Was sind das für Fotos? Andere als in der Zeitschrift?«
    Jia schien ins Wanken zu geraten. Egal, welche Bilder Chen in der Hinterhand hatte, Jia würde ihre Bedeutung in Zweifel ziehen. Yu nahm eine Zigarette aus der Packung und klopfte damit wie ein faszinierter Zuschauer beim Poker auf den Couchtisch.
    »Ein professioneller Fotograf verschießt normalerweise mehrere Rollen Film, bevor er sich für die Aufnahme entscheidet, die er publizieren will«, antwortete Chen ausweichend. »Ich werde sie Ihnen beim Abendessen zeigen. Es wird nicht lange dauern, Sie haben anschließend noch genug Zeit, sich auf morgen vorzubereiten.«
    »Sie sind sicher, daß das keinen Einfluß auf die Verhandlung haben wird?«
    »Ja, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    »Gut. Wann treffen wir uns?«
    »Ich bin noch auf der Suche nach einem ruhigen Lokal, wo wir uns ungestört unterhalten können. Meine Sekretärin wird sich darum kümmern. Am besten, wir treffen uns gegen fünf am Hengshan Hotel. Ich habe heute nachmittag dort eine Besprechung. In der Gegend gibt es jede Menge Restaurants.«
    »Gut, wir sehen uns dann am Hotel.«
     
    »Ich wußte, daß ihn diese Fotos nicht kaltlassen würden«, sagte Chen sichtlich erregt, als er das Telefon weglegte.
    Yu wußte nur, daß Chen mehr wußte als er. »Aber warum treffen Sie ihn zuerst am Hotel und nicht gleich im Restaurant?«
    »Weil er womöglich nicht käme, wenn ich ihm den Namen des Restaurants genannt hätte. Ich will ihm einen gezielten Schock versetzen.«
    Chen führte das nicht weiter aus, sondern wählte schon wieder. Der Lautsprecher seines Mobiltelefons war noch immer angestellt.
    »Ich muß dich um einen Gefallen bitten, Überseechinese Lu.«
    »Schieß los, mein Freund.«
    »Kennst du den Besitzer des Alten Herrenhauses an der Hengshan Lu?«
    »Fang den Bärtigen, natürlich kenne ich ihn.«
    »Reserviere mir bitte für heute abend ein Séparée mit Blick auf den Garten. Es ist wichtig, eine Begegnung auf Leben und Tod.« Dann fügte er noch hinzu: »Vermutlich wird es ein langes Gespräch werden. Natürlich bezahle ich für alle Überstunden und den Extraservice.«
    »Kein Problem, falls nötig, wird das Restaurant die ganze Nacht geöffnet bleiben. Dafür sorge ich.«
    »Ganz herzlichen Dank. Ich wußte, daß ich auf dich zählen kann, Überseechinese Lu.«
    »Keine Frage, zumal wenn es um Leben und Tod geht.«
    »Und als Gourmetkoch bitte ich dich, dir möglichst grausame Gerichte für die Speisenfolge auszudenken.«
    »He, das wird ja immer interessanter. Da bist du bei mir richtig. Ich werde ein echtes Folterbankett zusammenstellen. Und natürlich bin ich persönlich zugegen.«
    »Dann bis später im Restaurant.«
    »Grausame Gerichte?« fragte Yu, als Chen sich ihm mit schweißnasser Stirn zuwandte.
    »Meine Nerven wurden erst kürzlich von einem solch grausamen Bankett strapaziert. Und heute nacht will

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