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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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schien zu florieren.
    An der Wand hingen alte Fotografien. Eine zeigte einen Mann mittleren Alters im Kreis von Ausländern vor der damals neu erbauten Villa. Das Bild mußte in den Dreißigern aufgenommen worden sein: Ming Zhengzhang, der ursprüngliche Besitzer des Hauses. Mei war auf keinem der Fotos zu sehen. Erinnerungen an die Kulturrevolution heraufzubeschwören wäre hier unpassend; so etwas interessierte heutzutage niemanden mehr.
    Der Restaurantbesitzer hatte das Haus stilvoll herrichten lassen. Dunkle Holztäfelung, antiker Flügel, Ölgemälde, einzelne Nelken in Kristallvasen auf jedem Tisch, dazu schimmerndes Silberbesteck; das alles beschwor die Atmosphäre jener Zeit herauf. Man fühlte sich aus den Neunzigern zurückversetzt ins Shanghai der dreißiger Jahre.
    Doch was war in der Zwischenzeit hier passiert?
    Geschichte läßt sich nicht wegwischen wie ein Sojasoßenfleck, der unter der rosa Serviette in der Hand einer hübschen Bedienung einfach verschwand. Sie führte ihn zu einem Tisch an der großen Terrassentür. Als Chen sie auf die Umgestaltung der Villa in ein Restaurant ansprach, lächelte sie nur entschuldigend.
    »Unser Chef hat den ehemaligen Bewohnern, mehr als zehn Familien, große Summen ausbezahlt, dann hat er das Haus umgebaut. Mehr weiß ich auch nicht.«
    Er schlug die Speisenkarte auf, die den Umfang eines Buchs hatte. Die letzten beiden Seiten enthielten die »Hausspezialitäten«, darunter auch »Lebfrisches Affenhirn«, vermutlich ein ähnliches Gericht wie in seinem Ferienresort, außerdem gab es »Lebfrische weiße Ratten«. Er bezweifelte, daß Mei in ihrem roten qipao so etwas auf den Tisch gebracht hatte.
    Die Bedienung stand noch immer aufmerksam lächelnd neben ihm.
    »Wäre es möglich, nur eine Tasse Kaffee zu trinken?«
    »Kaffee wird nur im Anschluß an das Essen serviert. Die Mindestverzehrsumme beträgt zweihundert Yuan«, erklärte sie. »Finden Sie nicht, daß es schon ein bißchen spät ist für Kaffee?«
    Damit hatte sie zweifellos recht. Nach der beängstigenden Erfahrung von neulich sollte er mit Kaffee besser vorsichtig sein.
    »Dann eine Kanne Tee. Und einige kalte Snacks im Wert der Mindestverzehrsumme – mal sehen: Schweinezunge in Shaoxing-Wein, Lotoswurzel mit Klebreisfüllung, Gänsefüße ohne Knochen in der Spezialsoße des Hauses und Tofu mit Frühlingszwiebeln und Sesamöl. Mit den Gerichten hat es keine Eile, bringen Sie mir erst mal den Tee.«
    »Wie Sie wünschen«, erwiderte sie.
    Vermutlich taxierte sie ihn als einen jener ›billigen Gäste‹, die nur preiswerte Gerichte wählten. Er glaubte, eine Spur Verachtung in ihrer Stimme wahrzunehmen.
    Als der Tee kam, schenkte er sich eine Tasse ein. Das Getränk war alles andere als stark. Während er auf einem Blatt herumkaute, ließ er noch einmal Revue passieren, was er an neuen Informationen zusammengetragen hatte.
    Von Tante Kong wußte er, daß der alte Fotograf wegen der Aufnahme Schwierigkeiten bekommen hatte, also durfte man das auch für Mei annehmen. Der qipao , den sie auf dem Bild trug, war von gleicher Machart wie jene der Mordopfer. Mit Xiangs Hilfe hatte er herausgefunden, daß jener Genosse Revolutionäre Aktivität kein anderer war als Tian, dessen Tochter Jasmine das erste Opfer gewesen war. Und wie auch Weng bestätigt hatte, war Mei unter zweifelhaften Umständen gestorben, und ein Unbekannter hatte dabei möglicherweise eine Rolle gespielt.
    Immerhin sah er jetzt eine Verbindung zwischen Mei in ihrem originalen qipao und den Opfern in den Nachbildungen. Wie er bereits im Gespräch mit Yu vermutet hatte, dürfte Jasmine das eigentliche Ziel des Täters gewesen sein. Alle weiteren hatte er wohl aus anderen Gründen ausgesucht. Der Mörder mußte Mei gekannt und um ihren Tod in Verbindung mit Tian gewußt haben.
    Damit klärten sich auch einige andere Fragen, etwa der zeitliche Abstand zwischen Meis und Jasmines Tod. Der Mörder wollte sich, anstatt kurzen Prozeß zu machen, an Tians langem Leiden weiden.
    Die Begegnung mit dem Nachbarschaftspolizisten, der Licht in die Umstände von Meis Tod, ihr Verhältnis zu Tian und dessen revolutionäre Aktivitäten bringen konnte, war also von entscheidender Bedeutung. Nur wenn er darüber Genaueres erfuhr, konnte er seine Vermutungen weiterspinnen.
    Die Bedienung brachte die kalten Vorspeisen.
    »Wir haben auch spezielle dongzhi -Gerichte«, teilte sie ihm mit. »Möchten Sie vielleicht eines probieren?«
    »Ah, dongzhi -Gerichte«,

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