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Blutbeichte

Blutbeichte

Titel: Blutbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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»Das ist mein Problem. Es ist wahr. Niemand will es zugeben. Aber ich beweise es. Wenn man die Menschen weit genug treibt, sagen sie die Wahrheit. Aber warum muss man sie so weit treiben?«
    Lügen spielten eine große Rolle in Mary Burigs Leben. Lügen hatten sie in diese Situation gebracht und Preston Blake in ihr Leben geführt. Es war an dem Abend vor ihrer letzten Examensprüfung. Sie saß in einer ruhigen Ecke des Tewkes, der ödesten Kneipe in Boulder. Ihr Lehrbuch für Biopsychologie lag auf dem kleinen runden Tisch aufgeschlagen vor ihr. Während der Seminare, an die sie sich kaum erinnern konnte, hatte sie Notizen an den Rand geschrieben. Aber sie wusste, wie ihr Gedächtnis funktionierte. Intensives Büffeln vor einer Prüfung zahlte sich aus. Für die meisten Fächer hatte sie das ganze Jahr regelmäßig gelernt. Undwenn sie für die Fächer, die sie vernachlässigt hatte, zwölf Stunden intensiv paukte, bestand sie jede Klausur mit Bravour.
    Mary wartete eine Stunde, konzentrierte sich auf das Buch und trank eine Tasse Kaffee nach der anderen.
    Dann kam Jonny Tewkes herein, der Sohn des Besitzers, dem die meisten aus seiner Klasse folgten, die auf Freibier hofften. Mary konzentrierte sich auf ihr Buch. Doch Jonny hatte sie schon entdeckt und steuerte auf sie zu. Er setzte sich ihr gegenüber und schlug das Buch zu.
    »Mary Burig. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.« Er lächelte.
    Mary lächelte ebenfalls. »Nein. Es ist zu spät.«
    »Wann ist das Examen?«
    »Morgen früh.«
    »Dann bist du jetzt fertig. Du musst dich heute Abend entspannen. Das ist eine gute Vorbereitung.«
    Mary verdrehte die Augen.
    »Du studierst Psychologie, nicht wahr? Ist es nicht bewiesen, dass Sex Endorphine freisetzt und dass diese dazu beitragen, dass man entspannt und glücklich ist?«
    »Dann geht es jetzt sofort zur Sache?«
    »Nein. Zuerst mache ich dich betrunken.«
    »Du bist ein echter Loser.«
    »Ich muss immerzu an letzte Woche denken.«
    Mary lächelte. »Ich auch.«
    »Und was ist dein Problem?«
    Sie schlug das Buch auf. »Das hier.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Hör mal«, sagte Mary. »Wir können uns morgen Abend treffen, okay?«
    »Wenn ich vierundzwanzig Stunden warte, krieg ich bestimmt keinen mehr hoch.«
    Sie kicherte. »Soweit ich mich erinnere …«
    Ein Kellner kam mit einem Bier und einem Glas Weißwein an den Tisch.
    »Prost«, sagte Jonny.
    »Einen Schluck«, erwiderte Mary und nahm das Glas.
    Sie trat nicht zu ihrer letzten Examensprüfung an. Sie machte keinen Abschluss. Und nachdem sie monatelang mit Jonny Tewkes gefeiert hatte, zog sie mit ihm in die Wohnung über der Kneipe und nahm einen Job als Kellnerin an. Doch wilder Sex im Alkoholrausch konnte sie nur eine gewisse Zeit zufriedenstellen. Und viel mehr hatte Jonny nicht zu bieten.
    Mary verließ ihn und zog nach New York. Sie eröffnete eine kleine Praxis in SoHo, die David für sie bezahlte. Auf dem Schild an der Wand stand: Mary Burig, Psychologin . Es hörte sich gut an. Ihr Freund hatte für sie ein Zertifikat der Boulder University und dazu eine Diplomurkunde gefälscht. Er wusste, dass Mary sehr intelligent war. Sie hatte ihm im ersten Studienjahr geholfen, von Drogen loszukommen. Er wusste, dass sie auch anderen helfen konnte. David war zwar nicht damit einverstanden, was seine Schwester tat, doch er deckte sie, bis es zu ihrem ersten Treffen mit Julia Embry kam.
    Mary starrte Blake an. Das Wort korrupt schoss ihr durch den Kopf – und die damit verbundenen Symptome einer dissozialen Persönlichkeitsstörung: Ist nicht in der Lage, sich an Gesetze zu halten. Ignoriert Verpflichtungen. Hartherzig. Rücksichtslos. Hinterlistig. Unfähig, Pläne zu verwirklichen. Unbeherrscht.
    Mary begriff, dass einige dieser Eigenschaften auch auf sie selbst zutrafen.
    Blake hob die Stimme. »Hast du mich verstanden?«
    »Oh … tut mir leid«, sagte Mary. »Ich habe nachgedacht.«
    »Ich frage mich, wie dein Gehirn jetzt funktioniert.«
    »Das frage ich mich auch.« Mary wandte den Blick ab. »Hat sich dadurch irgendetwas geändert?«
    »Wodurch?«
    »Dass Sie diese Menschen getötet haben. Hat es bewiesen, was Sie beweisen wollten? Dass Sie normal sind und dass alle anderen genauso sind wie Sie und dass Sie nicht … verrückt sind?«
    »Alle Menschen sind wie ich. Alle lügen. Alle, die zu mir gesagt haben, ich sei verrückt, hatten Unrecht.«
    »Warum bin ich hier?«
    »Weil ich dich sehen wollte. Weil ich jetzt nicht mehr geschnappt

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