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Blutbeichte

Blutbeichte

Titel: Blutbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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werden will. Weil ich glaube, es könnte zu spät sein.«
    »Sie können mir nicht die Schuld geben an dem, was Sie getan haben.«
    »Ich möchte dir etwas anderes geben.«
    Mary begann zu zittern. Sie sah die Waffe in seiner rechten Hand.
    »Ich will dir Zeit schenken«, sagte Blake und stand auf. Mit der linken Hand zog er etwas aus der Tasche. Mary sah etwas Silbernes im Mondlicht schimmern, das durchs Fenster schien. Blake reichte ihr das Smartphone zurück, ihren Rettungsanker. Mary nahm es entgegen.
    Plötzlich wurde die Tür hinter ihm aufgerissen, und er wirbelte herum. Mary kniff die Augen zu, als helles Licht aufleuchtete und ein Schuss die Stille zerriss. Das Fenster hinter ihr zerbarst mit lautem Knall. Mary warf sich auf den Boden und kroch zur Tür. Schreie, Schüsse, schnelle Schritte und ein furchtbarer Geruch. Mary spürte etwas Warmes auf ihrem Gesicht – Feuchtigkeit, die über ihre Wangen lief. Sie wischte die warme, klebrige Nässe weg, ehe sie in ihren Mund rann. Als sie den Gang erreichte, rannte sie los. Sie hörte es knarren und knacken, die normalen Geräusche eines Hauses, die Tag und Nacht zu hören waren und die sie sonst niemals wahrnahm, sondern nur jetzt,da sie allein durch die Dunkelheit lief, von panischer Angst erfüllt.
    Schließlich gelangte sie zu den Aufzügen. Sie schluchzte lautlos. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Auf einem Schild stand, dass der Aufzug bei einem Feuer nicht benutzt werden durfte. Mary dachte daran, wie schnell sie mit dem Lift ins Erdgeschoss fahren und von dort zur Rezeption und ins Freie gelangen konnte. Dann stellte sie sich vor, in dem Aufzug eingesperrt zu sein. Jeder konnte auf jeder Etage auf einen Knopf drücken und zu ihr in die kleine Kabine steigen.
    Mary drehte sich um. Sie wusste, dass sie zum Treppenhaus zurückgehen und den Bereich durchqueren musste, der gerade renoviert wurde. Sie schauderte, als sie unter der kahlen, schaurig schwarzen Decke ohne Deckenplatten und mit den freiliegenden elektrischen Kabeln hindurchlief, an Türen vorbei, hinter denen sich gespenstische, leere Wohnungen befanden.
    Mary lief über den Flur zum Treppenhaus und beschloss, eine Etage höher zu steigen anstatt hinunter. Sie packte das Treppengeländer und zog sich hoch. Immer wieder hörte sie jemanden laut ihren Namen rufen und das Echo, das im Treppenhaus verhallte. Sie presste sich die Hände auf die Ohren.
    Aufhören! Aufhören! Aufhören!
    Mary hatte das Gefühl, von den Wänden erdrückt zu werden. Sie wusste nicht, was sie gesehen hatte. Ihr Verstand war von wirren Gedanken und Bildern erfüllt, die ihr Hirn nicht mehr verarbeiten konnte.
    Sie hasste es. Sie hasste es so sehr.
    Im zweiten Stock fand Mary eine leer stehende Wohnung. Sie trat ein und schloss leise die Tür hinter sich. Ihre Orientierungslosigkeit verängstigte und verwirrte sie. Als sie ans Fenster trat, wusste sie nicht, welche Aussicht sie erwartete. Doch als sie hinunterschaute, schlug ihr Herz vor Freude schneller: Dieses Zimmer bot einen Blick auf das Blumenbeet, das sie mit David angelegt hatte. Mary wusste nie, welcheErinnerungen in ihrem Gedächtnis Wurzeln schlugen, warum sie sich das eine merken konnte und das andere nicht.
    Wieder rannen ihr Tränen übers Gesicht. Sie wischte sie weg. In der Dunkelheit sah sie nicht, dass die Tränen mit Blut vermischt waren. Sie blieb am Fenster stehen und dachte an ihren Bruder, an seine liebenswürdige Art, seine lächelnden Augen, seine …
    Als ein Schatten über das nasse Gras huschte, drückte Mary sich an die Wand. Panik stieg in ihr auf. Sie rutschte an der Wand zu Boden, klammerte sich dann am Fensterbrett fest und zog sich langsam wieder hoch, um noch einen Blick hinauszuwerfen.
    Sie musste etwas tun!

28
    In der Mitte des Saales, wo runde Tische mit schneeweißen Decken standen, stiegen rosa Luftballons empor und schwebten durch den Festsaal. Die Tische füllten sich allmählich mit Frauen und Kindern. Die Jugendlichen und die Männer stellten sich an die Bar.
    Rufo stand allein neben dem Buffet. Er trug einen Smoking und trank einen Wodka.
    »Na, Chef?«, sagte Danny und schlug ihm auf den Rücken. »Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Sie, um in einer Fitnesszeitschrift Fotos von Ihnen zu veröffentlichen. Sie wissen schon, diese ›Vorher-nachher-Fotos‹.«
    Rufo legte eine Hand hinters Ohr. »Sollte das ein Kompliment gewesen sein?«
    Joe kam zu den beiden. »Schick sehen Sie aus, Chef. Hübscher Zwirn. Neuer Haarschnitt.

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