Blutbeichte
Ich bin hier fertig.«
»Sag mal, schreibst du alles mit der Hand?«
»Ja, ich schreib nun mal ein Buch«, sagte Nic. »Oder hast du schon mal gehört, dass jemand sagt, er tippt ein Buch?«
Joe nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich neben Old Nic.
»Willst du hier einziehen?«, fragte Nic.
Joe lächelte. »Und mit so einem Griesgram die Wohnung teilen? Nein. Da plage ich mich lieber weiterhin mit einem Sohn ab, der außer Kontrolle geraten ist.«
»Na, das ist nicht ganz so schwer, wenn einem dabei eine hübsche Französin wie Anna zur Seite steht. Wie läuft’s zu Hause? Hast du meinen Rat befolgt?«
»Natürlich. Die Lage hatte sich auch schon entspannt … bis gestern Abend.« Joe erzählte ihm, was im Restaurant Pastis geschehen war.
»Die Hormone spielen verrückt«, sagte Nic.
Die Küchentür hinter ihnen wurde aufgerissen, und schwere Schritte näherten sich der Schiebetür. Joe und Nic hoben den Blick. Bobby, einen billigen Blumenstrauß in der Hand, beugte sich auf die Terrasse hinaus. Er runzelte die Stirn und schaute sich im Garten um.
»Ist Mom nicht da?«, fragte er und nickte Joe knapp zu.
»Sie ist einkaufen«, sagte Nic. »Möchtest du ein Bier?«
»Nein, danke. Mom hat mich gebeten, eine Tür im Schlafzimmer zu reparieren. Die schließt wohl nicht richtig.«
»Das habe ich schon erledigt, Junge. Setz dich. Es ist ein schöner Abend.«
»Du hast das schon erledigt?«, stieß Bobby hervor. »Wann denn?«
»Heute Nachmittag. Deine Mutter nervt mich schon seit Wochen damit.«
»Aber wegen der Tür bin ich extra hergekommen!«
»Du warst doch auch am Wochenende hier. Warum hast du es da nicht schon gemacht?«
Bobby seufzte und spähte zu Joe hinüber, der sich eine Zeitschrift vom Tisch genommen hatte.
»Hast du gegessen?«, fragte Old Nic.
»Nein«, antworteten Bobby und Joe im Chor.
»Entschuldigung«, sagte Joe. »Ich dachte, du meinst mich, Nic.«
»Ich meinte euch beide.«
»Ich will nicht länger stören.« Joe stand auf.
»Du bleibst, wo du bist«, sagte Bobby. »Da ich gerade hier bin, gehe ich die Kinder besuchen. Die hier sind für Mom.« Er hielt die Blumen in die Höhe. »Ich leg sie in die Spüle.«
»Okay. Pass auf dich auf.« Nic seufzte, drehte sich zu Joe um und öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch Joe blickte in die Ferne und dachte an Shaun.
Am nächsten Morgen fuhr Joe zeitig ins Büro, um den Abholservice der chemischen Reinigung nicht zu verpassen, der dreimal in der Woche die Anzüge abholte. Er achtete immer darauf, zwei vollständige Garnituren im Spind zu haben, aber jetzt hatte er nur noch eine. Er ging gerade zurück an seinen Schreibtisch, als sein Telefon klingelte.
»Lucchesi«, meldete er sich.
»Joe, hier ist Giulio.«
»Hallo, Dad. Alles in Ordnung?«
»Ja. Ich habe neulich deinen Namen in der Zeitung gelesen.«
»Ach ja?«
»Ja. Es ist eine Schande.«
»Was ist eine Schande?«
»Dieser ganze Wirbel.«
»Was für ein Wirbel?«
»Können sie dich nicht aus dem Spiel lassen?«
»Wer?«
»Die Medien.«
»Ich hab mit keinem einzigen Journalisten gesprochen,Dad. Die tun bloß ihren Job. Ich war in einen Fall verwickelt, der für Schlagzeilen gesorgt hat. Daraus machen sie nun eine wilde Story, aber das ist nicht meine Schuld.«
»Aber du stehst schon wieder im Licht der Öffentlichkeit, und die Journalisten kramen alles hervor, was dir, Anna und Shaun widerfahren ist. Du musst daran denken, was es für deine Familie bedeutet, wenn du dich in den Vordergrund drängst.«
»Ach, daher weht der Wind«, sagte Joe. »Ich dränge mich nicht in den Vordergrund, Dad. Ich leite eine Ermittlung. Es ist ja nicht so, dass ich von ein paar Morden und dem Interesse der Medien gehört und dann gesagt habe: ›Das ist ja großartig, bitte setzen Sie mich in dem Fall als leitenden Detective ein.‹«
»Ich habe nur gesagt …«
»Ich weiß, was du gesagt hast, Dad. Du gehst von falschen Fakten aus. Du kannst nicht die ganze Welt kontrollieren.«
»Ich mache mir Sorgen.«
»Das ist Unsinn. Hör mal, wir reden später darüber. Ich muss jetzt los.«
Joe legte auf und ging zur Kaffeemaschine. Es stank nach saurer Milch und verbranntem Kaffee. Auf der Tischplatte waren dunkle Ringe, und auf dem Fußboden war Kaffeemehl verstreut.
»Warum macht hier nicht jeder seinen Dreck selbst weg?«, schimpfte er. »Es geht nicht an, dass Ruthie das immer machen muss. Das ist nicht ihre Aufgabe. Sie hat genug damit zu tun, jeden anderen
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