Blutbeichte
ein Stück von ihr ab und schaute sie an. »Möchtest du über diese Dinge sprechen? Oder regt es dich auf?«
»Nein. Ich will gerne darüber reden. Manche Erinnerungen zeigen mir, dass ich früher ein schönes Leben hatte. Die Leute mochten mich. Und damals konnte ich noch selbst etwas unternehmen.« Sie starrte auf die Erde. »Ich weiß, dass ich jetzt nicht mehr zurechnungsfähig bin.«
»Das ist Unsinn, Mary. Du bist klug und hübsch, und du heiterst mich auf. Du erinnerst mich daran, dass die Welt gut und rein ist …« Er verstummte, denn manchmal erinnerte Mary ihn im Gegenteil daran, dass die Welt ein schrecklicher Ort war.
»Schau auf deine Hände«, sagte Mary.
David senkte den Blick. »Was ist denn?«
»Sie zittern.«
»Nein«, sagte er lächelnd und hielt ihre Hand fest. »Das bildest du dir ein.«
Mary schaute ihn an. »Hast du keine Lust mehr, mich zu besuchen?«
»Doch, natürlich! Sag so etwas nicht. Du und ich gehören zusammen, Mary. Das war immer so, und es wird immer so bleiben. Okay?«
Mary nickte. »Okay. Und das mit den Briefen … es tut mir leid.«
Joe und Danny hielten an der Waschstraße in der Columbus Avenue, als Joes Handy klingelte. Er holte es hervor und klappte es auf.
»Ja?«, meldete er sich.
»Joe, hier Rencher. Diese Mary Burig wurde vor elf Monaten ins Downtown Hospital eingeliefert, nachdem ihr jemand eine Kugel in den Kopf geschossen hatte …« Eine kurze Pause; dann fügte Rancher hinzu: »Mit einer Automatik vom Kaliber zweiundzwanzig.«
Als Joe und Danny zur Klinik zurückkehrten, stand Julia Embry am Empfangsschalter und beugte sich über die Rezeption zur Empfangsdame vor. »Schicken Sie Magda bitte in die Cafeteria, wenn sie kommt«, sagte sie. »Danke.« Dann wandte sie sich erstaunt Joe und Danny zu. »Was kann ich für sie tun? Gibt es etwas Neues?«
»Allerdings«, sagte Joe. »Wir müssen uns unterhalten. Es geht um Mary.«
Sie suchten sich einen ruhigen Ecktisch.
»Sie wissen sicher«, begann Joe, »dass jede Schießerei von der Notaufnahme an die Polizei gemeldet wird. Daher haben wir den Fall in unserer Datenbank gefunden, als wir Marys Namen überprüft haben.«
Julia nickte. »Ich wusste nicht, dass es wichtig ist.«
»Haben Sie sich die Nachrichten angesehen? Oder Zeitung gelesen?«
»Wieso?«
»Der Besucher tötet seine Opfer mit einer ähnlichen Waffe.«
»Mein Gott!«
Joe nickte. »Sieht so aus, als wäre Mary Burig möglicherweise eines seiner Opfer.«
»Aber waren seine Opfer nicht ausschließlich Männer?«
»Bisher ja«, sagte Joe. »Aber es sind zu viele Zufälle im Spiel. Mary hat uns diese Briefe geschickt. Sie scheint irgendwelche Informationen über die Verbrechen zu haben. Und jetzt stellt sich auch noch heraus, dass ihr eine ähnliche Verletzung zugefügt wurde wie den anderen Opfern.«
»Ich nehme an, Sie müssen noch einmal mit ihr reden.«
»Ja. Wie ging es ihr, nachdem wir mit ihr gesprochen haben?«
»Sie war niedergeschlagen und enttäuscht, weil sie Ihnen nicht helfen konnte. Und sie hatte Angst. Sie ist jetzt wieder in ihrer Wohnung. Ich kann Sie dorthin bringen lassen.«
»Wir möchten Mary auf keinen Fall in Aufregung versetzen«, sagte Danny. »Wir hoffen lediglich, weitere nützliche Informationen zu erhalten. Wenn wir ihrer Erinnerung vielleicht ein wenig auf die Sprünge helfen könnten …«
»Einverstanden. Zuerst können Sie mit Magda sprechen. Ah, da kommt sie schon. Ich habe sie angerufen, als Sie Stanley heute Morgen aufs Revier gebracht haben. Sie hat gesagt, sie müsse herkommen.«
Magda näherte sich Julia und den beiden Detectives. Sie trug eine große blaue Leinentasche bei sich.
»Guten Tag«, sagte sie. »Ich bin Magda Oleszak, Mary Burigs Therapeutin.«
Sie setzte sich Joe und Danny gegenüber und legte die Tasche auf ihren Schoß.
»Guten Tag«, sagte Joe. »Wie geht es Ihnen?«
»Danke der Nachfrage. Hier.« Magda griff in die Tasche und zog einen großen braunen Umschlag heraus. »Das ist von Mary.«
»Hat Mary Sie gebeten, uns das zu geben?« Joe nahm den Umschlag entgegen.
Magda schüttelte den Kopf. »Nein. Ich werfe manchmal Briefe für sie ein. Sie schreibt Unmengen an Briefen, wissen Sie. Manche kann ich allerdings unmöglich einwerfen. Wie den Brief, den sie geschrieben hat, um dem neuen Papst zu gratulieren. Oder die Briefe an Sie. Mary hatte sich die Pressekonferenz angeschaut. Als ich aus Polen zurückkam, habe ich gehört, dass Mary Ihnen angeblich fünfzehn Briefe
Weitere Kostenlose Bücher