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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Lider aufeinander und drückte es in meine Haut. Der Schmerz war harmlos. Trotzdem verzog ich das Gesicht. Neben mir erklang ein Knurren. Ich riss die Augen auf. Die Schneide des Messers schimmerte rot. Ein einzelner Tropfen rann daran ganz langsam Richtung Griff. Joaquín starrte wie hypnotisiert darauf, schluckte heftig und krampfhaft. Immer wieder. Dann zuckte sein Blick plötzlich zu meinem Gesicht. Seine Oberlippe war gehoben. Ich konnte seine Fänge sehen. Wieder ein Schlucken. Um ein Haar hätte ich aufgeschrien, als er sich unvermittelt vorwärtslehnte, seine Hand vorschoss und sich über meine legte. Doch er drehte meine Hand nur – und damit das Messer, bis die Klinge waagerecht lag. Und schnippte mit dem Fingernagel knapp neben meinem Blut gegen die Schneide. Der Tropfen verharrte. Und kroch dann wie in Zeitlupe auf die flache Seite der Klinge. Wo er zitternd zum Stillstand kam. Diesmal starrte ich darauf.
    Sehr, sehr vorsichtig nahm er es mir schließlich aus der Hand und balancierte es zu einem der Bruchsteine, wo er es ebenso vorsichtig ablegte. Peinlich darauf bedacht, dass die Klinge in der Waagerechten blieb.
    Als er sich wieder zu mir umdrehte, barg ich die Hand an
meiner Brust. Nicht, dass der Schnitt noch geblutet hätte, aber die Art, wie er auf diesen Tropfen gestarrt hatte …
    Den Blick wie zuvor auf meiner Hand, wies er zum Rucksack hin. »In dem einen Seitenfach, links, ist Verbandszeug. Da sind auch Pflaster mit dabei.« Seine Stimme klang heiser. Beinah noch immer wie ein Knurren. Ich nickte. Rührte mich aber ansonsten nicht. Wieder ein Schlucken. Mit einem Ruck wandte er die Augen ab, zerrte die Kette mit den beiden Kristallen über den Kopf. Seine Hände bebten unübersehbar. Ich nickte zu ihnen hin.
    »Was ist das?« Mäusepiepen. Wenn überhaupt.
    Er blickte mich nicht an. »Nachtkristalle. Nach den Gesetzen der Hermandad schwarze Magie.«
    Unbehaglich sah ich auf die Kristalle. »Und was … bewirken sie?«
    »Durch sie kann ich die Sonne ertragen.«
    Er spreizte die Finger, als wolle er sie so zur Ruhe zwingen, sah zur Mauer hinauf, auf deren anderer Seite das Rot des Sonnenuntergangs allmählich einem dunkler werdenden Violett wich, dann löste er die Kristalle von der Kette, holte sich einen knapp faustgroßen Steinbrocken und zerschlug sie auf dem Kreis. Für eine Sekunde flackerte etwas wie schwarzes Feuer entlang des Kreises auf, dann war da nichts anderes als Kristallsplitter.
    Fassungslos starrte ich darauf, schaute schließlich wieder ihn an. »Und was wird jetzt? Ich meine, morgen, wenn die Sonne aufgeht? Wie willst du ohne diese … Nachtkristalle nach Santa Reyada zurückkommen?«
    Er hob die Schultern, beugte sich vor, um ein weiteres Zeichen in sie hineinzuschreiben. »Darüber mache ich mir dann
Gedanken. Jetzt hilft das, was die Sonne heute von ihrer Kraft übrig gelassen hat, erst einmal den Bannkreis zu verstärken.«
    Ich sah zwischen ihm und den Splittern hin und her, schüttelte den Kopf. – Womit rechnete er? Dem Jüngsten Gericht? – Und holte scharf Atem, als er sich unvermittelt die Fänge in sein Handgelenk schlug, nur um sie direkt wieder herauszuziehen. Blut quoll aus den Zwillingslöchern hervor. Rann über seine Haut. Tropfte zu Boden. Auf das Zeichen, das er mit den Splittern geschrieben hatte. Daneben. Ein weiterer Tropfen, noch einmal direkt daneben. Noch einer. Eine Spur aus Rot, das träge ineinanderlief. Der nächste traf Kreide. Ich biss mir auf die Lippe. Über ein Detail hatte ich mir keine Gedanken gemacht: Mein Blut hing an meinem Springmesser. Sein Dolch war bei mir im Kreis. Womit hätte er an sein eigenes Blut kommen sollen, wenn nicht so? Blut rann noch immer über seine Hand, während er ein letztes Zeichen schrieb. Den Kreis schloss. Weiße Flammen fauchten die Linien entlang, schlugen in die Höhe und verblassten wieder. Er leckte sich das Blut vom Arm, drückte die andere Hand einen Moment auf die beiden Löcher, griff dann nach der Kreideschachtel. Nicht, dass der Biss tatsächlich vollständig aufgehört hätte zu bluten.
    »Du hast nichts zum Verbinden.« Meine Stimme klang schwach. Selbst die Mäuse hätten sich über mich totgelacht. Und hier bei mir im Rucksack war vermutlich alles, was er dazu gebraucht hätte.
    Ein kurzes, freudloses Lächeln huschte über seinen Mund. »Das macht nichts. Bisswunden, die wir uns selbst oder anderen zufügen, schließen sich ziemlich schnell wieder. Es sei denn, wir legen es darauf an, dass

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