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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Nähe, der Geruch ihres Blutes, hatte ihn komplett um seine Selbstbeherrschung gebracht. »Das sag ich dir ein andermal …«

    »Du sagst mir in letzter Zeit ziemlich viel ›ein andermal‹, Bruder. Muss mir das zu denken geben?«
    »Nicht mehr als gewöhnlich.«
    »Sicher? Joaquín …« Der leicht spöttische Ton war endgültig aus Rafaels Stimme verschwunden. Joaquín rieb sich über die Stirn. Dass Rafael und er sich beängstigend oft ohne Worte verstanden, konnte jetzt zu einem Problem werden.
    »Es ist alles in Ordnung. – Sag du mir lieber, was zwischen Lucinda und Cris ist.« Auch wenn er es bereits ahnte: Etwas in ihm musste es hören.
    »Was meinst du?«
    »Tu nicht so. Ich werde vielleicht Nosferatu; das bedeutet aber noch lange nicht, dass mein Verstand auf der Strecke bleibt. Er hat sich heute Nacht vor sie gestellt …«
    »Das hast du noch mitbekommen?«
    »Ja, das habe ich noch mitbekommen. Ebenso wie die Tatsache, dass das zwischen mir und meiner Blutbraut mein kleiner Bruder war.«
    »Er ist zu Tode erschrocken, als er dich gesehen hat. Immerhin hatte er keine Ahnung, dass du schon so weit …«
    »Die erste Regel, die man jedem von uns einhämmert, ist: Stell dich nie zwischen eine Sanguaíera und ihren Hexer. Cris hat sie ebenso gelernt wie du und ich. Er kann von Glück sagen, dass ich offenbar doch noch nicht ganz › so weit ‹ bin, sonst wäre er möglicherweise nicht mehr am Leben. – Also?«
    »Hör mal …«
    »Was ist da?«
    Rafael räusperte sich. »Sie haben sich geküsst?«
    »Aha. – Wie?« War er tatsächlich so masochistisch veranlagt, dass er auch hier Gewissheit wollte?

    Schweigen.
    »Rafael.«
    Noch immer Schweigen.
    »Rafael.« Diesmal war sein Ton eine kleine Terz höher. »Wie haben sie sich geküsst?«
    Seufzen. »Richtig.«
    »Wie ›richtig‹?« Was hatte er erwartet? Bloßes Händchenhalten mit Anstandsdame? – Es fühlte sich trotzdem wie ein Schlag in den Magen an.
    »Heilige Muttergottes, willst du wissen, wie tief seine Zunge in ihrem Hals war? Entschuldige, dass ich nicht nachgemessen habe.« Es klang, als würde Rafael irgendetwas mit ziemlicher Wucht gegen irgendeine Fläche knallen.
    Joaquín drückte abermals Mittel – und Ringfinger gegen die Schläfe. »Du hast es gesehen?«
    »Ja.«
    Er schloss die Augen. »Hat es ihr …«
    »… gefallen?«
    »Ja.« Er hatte das Wort einfach nicht über die Lippen gebracht. Warum eigentlich?
    Rafael holte deutlich hörbar Atem und stieß ihn ebenso wieder aus. »Ich denke, ja.«
    »Okay.« ›Schlag in den Magen‹ traf es mit jeder Sekunde weniger.
    »Es tut mir leid.«
    »Warum? Es ist ja nicht deine Schuld.« Er war schon immer ein Meister darin gewesen, Gleichgültigkeit zu heucheln.
    »Du weißt, wie ich es meine. – Schmeiß ihn raus!«
    »Was?«
    »Schmeiß Cris raus! Er soll in das Penthouse in L. A. ziehen.«

    »Rafael …«
    »Was? Er ist dein Bruder und macht sich an das Mädchen ran, von dem er weiß, dass sie dir gehört …«
    »Eben. Er ist mein Bruder.«
    »Jetzt komm mir nicht mit dieser ›Blut ist dicker als Wasser‹-Nummer. «
    »Nein, ich komm dir mit der ›Er ist mein Bruder, und so wie sich erstens diese Sache mit den Nosferatu gerade zuspitzt und zweitens auch der Ordre wieder hinter der Hermandad her ist, will ich ihn auf Santa Reyada und damit in Sicherheit haben‹ –, und mit der ›Ich will ihn aus der Schusslinie halten, damit niemand auf die Idee kommt, ihn als Druckmittel gegen mich zu benutzen‹-Nummer.«
    »Er ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen.«
    »Alt genug vielleicht, aber auch mächtig genug?«
    »Du kannst seinen Hintern nicht ewig retten.«
    »Er ist mein Bruder.«
    »Familie ist nicht alles.«
    »Wenn du das sagst.«
    Rafael stieß ein Grollen aus. »Ja, in Ordnung. Schon kapiert. Mit dir darüber zu diskutieren, ist zwecklos. – Dann sieh zu, dass du deiner Tigerin klarmachst, dass du die bessere Partie von euch beiden bist.«
    Leichter gesagt als getan. »Tigerin?«
    »Ja, Tigerin. – Immerhin hat sie sich gewehrt wie eine. Du erinnerst dich? Sie hat mir ein verdammtes Springmesser in den Oberschenkel gerammt!« Schaben und Klappern über dem Blubbern einer Kaffeemaschine. Als Rafael nach einem Moment weitersprach, war sein Ton ernst. »Joaquín, sie hat mehrfach versucht davonzulaufen.« Das konnte er sich denken.
»Meiner Meinung nach hatte sie Todesangst.« Was ihn nicht überraschte. »Was in drei Teufels Namen hat die Alte ihr erzählt?« Zu viel.

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