Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
weinend an ihrem Tisch sitzen sah.
»Es trifft sie schwer! Verdammt, es ist so lange her und trotzdem!«
»Wir werden nicht verhindern können, dass sie von den Umständen erfährt«, befürchtete Judith.
»Das ist mir schon klar, doch ich konnte sie jetzt nicht noch mit Emil Winters Überfall belasten, ich hab’s einfach nicht fertiggebracht. Vielleicht morgen.«
Judith widersprach ihm nicht. »Ob wir noch Angehörige von Emil Winter finden? Von Geschwistern war bisher nie die Rede und die Eltern sind weggezogen. Ob die noch leben?«
Walter überlegte kurz. »Nein, kann ich mir nicht vorstellen. Warum?«
»Na, wegen der Beerdigung. Er wird doch nun ein neues Grab bekommen, denke ich.«
»Oh! Daran habe ich noch gar nicht gedacht, doch werden sich in Waldau sicher Leute finden, die sich darum kümmern.«
»Auch, wenn sie erfahren haben, warum er dort bei Lindenbreite begraben lag?«, fragte Judith skeptisch.
Walter sah jetzt auch das Problem. »Ich rede morgen mal mit Meiring darüber.«
Als sie in die Allee zum Gutshaus einbogen, war es schon dunkel. Die Laternen boten nur das notwendigste Licht. Es roch nach Herbst, feuchtem Laub und Pilzen. Judith wünschte sich, einmal unbelastet hier spazieren gehen zu können. Bisher war sie nur mit dramatischen Nachrichten zu den Ahlsens gekommen. Mittlerweile gab es drei Morde zu untersuchen und erst einer schien aufgeklärt. Auch dieses Mal war sie bestimmt keine willkommene Besucherin. Judith versuchte, sich auf die bevorstehende Befragung zu konzentrieren.
Walter war, ebenfalls schweigend, neben ihr hergegangen und fragte hilfsbereit: »Soll ich wieder anfangen?«
»Ja, machen Sie ruhig. Ich halte mich zurück.«
Auf ihr Klopfen hin öffnete Botho Ahlsens die Tür. »Ach, Herr Dreyer, kommen Sie rein. Und Sie natürlich auch, Frau Brunner.« Er klang reserviert. Doch Begeisterung hatte Judith auch nicht erwartet. Sie wandten sich wieder zum Wintergarten. »Astrid ist übrigens heute Abend nicht da. Sie ist bei Laura.«
Sie nahmen Platz, und Ahlsens fragte nach Getränken. Es war inzwischen wie ein Ritual, und es war traurig. Sie saßen auf quasi angestammten Plätzen, ihre Getränke in der Hand und redeten über Mord.
Botho Ahlsens begann: »Es gibt Neuigkeiten, nehme ich an?«
»Ja. Wir wissen nun, dass Ihr Bruder am letzten Freitag ermordet wurde«, informierte Walter Dreyer ihn.
»Freitag? Da hatten wir ihn zurück erwartet. Wo wurde er denn ermordet?«
»Wir gehen davon aus, dass er in der Frachthalle am Bahnhof gestorben ist.«
»Oh, mein Gott, da wollte er bestimmt wegen meiner Pflanzen hin!«
»Das dachten wir zuerst auch, doch er ist ohne seinen Wagen dort gewesen, zu Fuß. Wir denken, er wollte dort etwas Wichtiges überprüfen oder sich mit jemandem treffen. Und dabei muss er seinem Mörder begegnet sein.«
»Die Leute am Frachtschalter?!«
»Nein, nein, die Mitarbeiter haben ein Alibi, die waren es mit Sicherheit nicht.«
Der Befürchtung in Ahlsens Gesicht folgte erneute Ratlosigkeit. »Wer war es dann? Wer sollte ihn ermorden wollen?«
»Wir verfolgen eine bestimmte Spur, Herr Ahlsens«, klärte ihn Judith Brunner auf. »Aber Genaueres können wir Ihnen wirklich noch nicht sagen. Sehen Sie, wir fanden diese Fotografien aus Heitmanns Zimmer in der Brieftasche Ihres Bruders. Können Sie sich erklären, warum er die bei sich hatte?«
Botho Ahlsens schüttelte verstört den Kopf.
Plötzlich hatte Judith Brunner eine Idee: »Sagen Sie, hat Ihr Bruder mal mit Ihnen über ein bestimmtes Messer geredet?« Judith tat die ungestüme Frage gleich leid, doch sie hatte sie nun mal gestellt. Neben einem verwunderten Blick Walters trug sie ihr folgerichtig eine Gegenfrage von Botho Ahlsens ein: »Über ein Messer? Was meinen Sie?«
»Entschuldigen Sie bitte, ich meine, hatte er in letzter Zeit über ein Jagdmesser oder einen Dolch oder etwas in der Art mit Ihnen geredet?«
»Paul? Nein. Weshalb?«
»Sehen Sie, wir suchen die Waffe, mit der Emil Winter ...«
Botho Ahlsens platzte heraus: »Emil Winter wurde auch erstochen? Und Paul sollte die Waffe haben? Wieso?« Seine Stimme wurde schrill.
»Nein, nein«, versuchten Judith Brunner, ihn schnell wieder zu beruhigen, »es ist nur so, dass Laurenz Heitmann möglicherweise das Messer besaß und Ihrem Bruder davon berichtet, oder es ihm sogar übergeben hat, so wie diese Fotos.«
»Sie meinen, als Beweise oder so?«, fragte Ahlsens, wieder ruhiger.
Nun wurde auch Walter klar, worauf Judith
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