Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
macht das sehr gut«, lächelte er seine Nichte an. »Im Gartenhaus wohnt noch unser alter Gärtner, Wilhelm Berger. Er erledigt die groben Dinge, Rasenmähen, Sprengen, Heckenschnitt und so, und betreibt den Gemüseanbau. Die Blumenzucht ist meine Passion und Laurenz hat mir dabei immer geholfen«, schloss er leise.
»Wissen Sie noch, wann genau er hier losgefahren ist?«, erkundigte sich Judith Brunner bei Astrid Ahlsens.
»Wie immer nehme ich an, wenn er zum Zug wollte. Gegen elf vielleicht oder, Onkel Botho?«
»Ich denke vielleicht eine halbe Stunde früher wegen der Pflanzen. Genau weiß ich es auch nicht. Ich hab’ nicht so darauf geachtet.«
»Danke, Herr Ahlsens. Wenn wir nun noch einen Blick in das Zimmer von Laurenz Heitmann werfen dürften?«
Die beiden sahen sich erschrocken an. Offenbar wurde ihnen erst jetzt klar, dass eine polizeiliche Untersuchung auf dem Gut stattfand, die den gewohnten Gang der Dinge erheblich beeinträchtigen würde. »Ja, sicher. Kommen Sie mit«, ergab sich Botho Ahlsens in die Umstände. Er stand auf und ging voran.
Vom Wintergarten führten ein paar flache Stufen in die Diele des Gutshauses. Astrid machte das Licht dort an. Auf dem Boden waren große Steinplatten verlegt, die Wände waren über einem hölzernen Paneel cremefarben gestrichen. Auf die Wandfläche war mit einem Stempel ein Muster aus zierlichen Blättern in einem altrosa Farbton aufgebracht. Möbel waren nur wenige aufgestellt worden: eine lange, alte Sitzbank mit Kissen im selben Design wie die Wände, eine Kommode mit drei Schüben und ein Garderobenschrank. Es war ein freundlicher Eindruck, den dieser Raum vermittelte, den man in der Regel zuerst betrat, wenn man in das Gutshaus kam.
Das Zimmer des Chauffeurs lag am Ende eines rechts gelegenen kleinen Flurs mit mehreren Türen. Eine davon war als Badezimmer gekennzeichnet, eine andere war nur angelehnt und der dahinter liegende Raum wurde offenbar als Abstellkammer für die großen Putzutensilien genutzt.
Botho Ahlsens öffnete die letzte Tür und betrat den Raum. Seine Nichte blieb im Flur stehen.
Judith Brunner ging ihrem Kollegen hinterher und sah einen recht altmodisch wirkenden Wohnraum, von dem, durch einen Vorhang abgetrennt, in einem Alkoven die Schlafgelegenheit des Chauffeurs zu sehen war. Das Zimmer wirkte ordentlich, doch nicht allzu aufgeräumt. Die hiesige Tageszeitung, die »Altmärkische Volksstimme«, lag auf einem runden Tisch, um den vier Lehnstühle standen. Über einem hing eine Strickjacke, die schon mehrfach gestopft worden war. Ein Buffetschrank enthielt im oberen Teil einige Gläser, Becher und etwas Geschirr.
Judith Brunner zog die dünnen Gummihandschuhe über und bückte sich, um die unteren Türen zu öffnen. »Würden Sie uns einen Moment allein lassen?«, bat sie Botho Ahlsens.
»Was? Oh. Sicher. Wir sind im Wohnzimmer, wenn Sie uns brauchen. Komm, Astrid!« Ahlsens Nichte war an der Tür stehen geblieben und hatte den Raum achtsam betrachtet, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
Walter Dreyer, der das bemerkte und wusste, dass das nicht sein konnte, würde darauf zurückkommen müssen. »Na gut, sehen wir uns etwas um«, wandte er sich seiner Kollegin zu.
»Hier unten ist nichts Besonderes drin. Wäsche, Handtücher, Tischdecken.« Judith Brunner zog eine Schublade heraus. »Seine Papiere. Rechnungen, Belege, ach, die Kontoauszüge.« Sie blätterte rasch den kleinen Hefter durch. »Scheint alles normal zu sein. Zwei Sparbücher. Wir nehmen am besten alles mit.« Judith Brunner schloss den Schrank wieder. »Was ist in der Kommode?«
Walter Dreyer hockte vor den Schubladen. »Das Übliche. Hemden, Pullover und, hier, eine alte Zigarrenschachtel. Ah, mit Fotos!«
»Prima. Die sollten wir auch gleich mitnehmen. Scheinen ganz schön alt zu sein.« Judith Brunner sah sich weiter um. Das Bücherregal enthielt eine Sammlung von Nachschlagewerken und Sachbüchern zu Zierpflanzen, Bücher zur Altmark, etwas Reiseliteratur und im unteren Fach lagen die Zeitungen der letzten Tage. Judith ging zum Alkoven, um den Nachttisch durchzusehen. Doch auch hier war nichts Außergewöhnliches zu finden: Taschentücher, Medikamente.
»Lassen Sie uns gehen. Morgen kann sich die Spurensicherung hier gründlicher umsehen.«
Er versiegelte den Raum und Judith bemerkte, dass Walter Dreyer sich im Haus offenbar bestens auskannte, denn er ging zügig zum Wohnzimmer und klopfte leise an die nur angelehnte Tür und schob sie auf. Auf Botho
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