Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
Ahlsens fragenden Blick erwiderte er: »Wir sind für heute fertig. Morgen werde ich mit den Technikern zur Spurensicherung herkommen und sie einweisen; und wir werden uns sicher in den nächsten Tagen noch mal gründlicher unterhalten müssen.« Die beiden standen auf und sie reichten sich zum Abschied die Hände. Judith Brunner blickte Astrid Ahlsens an und sagte: »Versuchen Sie trotzdem, ein wenig zu schlafen. Bis morgen dann.«
Als Judith Brunner und Walter Dreyer den kurzen Weg zum Auto gingen, sahen sie beide ganz deutlich hinten im Park, zwischen den Blutbuchen, ein Licht verlöschen.
~ 8 ~
Laura überlegte, was sie sagen sollte, wenn sie nach dem Grund ihrer verspäteten Ankunft in Waldau gefragt werden würde. Ihr fiel nichts ein, was sich im Nachhinein nicht als bloße Notlüge herausstellen würde. Den heutigen Abend wollte Laura ihrer Tante nicht verderben; die schlimmen Nachrichten würden sie noch früh genug erreichen. Doch schon war sie bei Irmgard Rehse angelangt – es waren ja nur ein paar Schritte – und konnte nur hoffen, dass das Thema nicht noch einmal zur Sprache kam.
»Hallo, da bin ich. Hm, das riecht ja verheißungsvoll. Was kochst du denn da?«
»Wirst du wohl vom Herd gehen! Topfgucker habe ich gar nicht gern«, schimpfte Irmgard Rehse, doch freute sie sich, dass Laura das Versprechen, sie heute noch zu besuchen, wahr gemacht hatte. Außerdem gefiel ihr die Unbefangenheit, mit der Laura ihre Küche inspizierte. »Das ist nur ein Huhn; da kannst du noch nichts naschen. Es ist für eine Hochzeitssuppe. Von der kannst du dich dann aber dick und rund essen. Für mich allein lohnt der Aufwand ja kaum, aber wenn du möchtest, können wir morgen Abend gemeinsam essen. Bringe ruhig deine neue Bekannte und Astrid mit. Ich lade noch Walter Dreyer ein und dann dürften wir genug sein, um die Suppe alle zu bekommen. Einverstanden?« Sie blickte Laura strahlend an.
Laura setzte sich auf die alte, gezimmerte und mit einem Polster versehene Munitionskiste, die eigentlich als Vorratsbehälter für Holz, Kohlen und Papier diente, aber neben dem Herd nahe am Schornstein auch eine gemütliche, warme Sitzgelegenheit bot.
»Wer soll da Nein sagen? Ich komme auf jeden Fall, bei den anderen müssen wir sehen, ob sie Zeit finden. Aber ich denke, wir können sie überzeugen. Deiner Suppe kann doch keiner widerstehen!«
Die alte Frau schmunzelte. »Mach mal hoch, ick bruk Holt«, forderte sie Laura auf. Sie bückte sich und holte gut getrocknetes, klein gehacktes Holz aus der Kiste, an dem hier und da noch kleine Tropfen von Harz klebten.
»Danke für deine Einkäufe und die anderen Leckereien von dir. Du musst mir noch sagen, wie viel Geld du dafür bekommst.«
Irmgard Rehse schüttelte den Kopf.
»Fang bloß nicht an, abzuwehren!«, kam Laura ihrer Ablehnung zuvor. »Es ist schon genug, dass du immer alles so schön vorbereitest«, dankerfüllt schaute sie ihr in die Augen. Das Holz im Herd knackte, der Wassertopf summte. Laura wurde schläfrig und musste gähnen.
»Na Mädchen, ist immer anstrengend so eine Reise, nicht wahr? Wollen wir noch zusammen essen?«
Laura wollte einem gemeinsamen Abendbrot, solange sie nicht wusste, wie sie den Mord verkünden sollte, lieber aus dem Wege gehen. »Ach, ich lege mich besser ein wenig hin, bin wohl gestern zu spät ins Bett«, wehrte sie vorsichtig ab. Der Tag forderte zudem jetzt wirklich seinen Tribut. Sie spürte, dass sie dringend Ruhe brauchte. »Am besten, ich gehe heute zeitiger in die Federn.«
»Mach ruhig, wir haben ja morgen noch Zeit füreinander«, hatte Tante Irmgard Verständnis. Es fiel ihr nicht leicht, den lang erwarteten Besuch ziehen zu lassen, doch sah Laura tatsächlich mitgenommen aus. Wer weiß, was für Sorgen das Mädchen hatte?
Laura war erleichtert, dass sie nicht über Laurenz hatte reden müssen. Gleichzeitig war ihr unwohl bei dem Gedanken, nichts davon erzählt zu haben. Tante Irmgard würde sicher enttäuscht sein, wenn sie später davon erfuhr.
Sie bereitete für sich ein kleines Abendessen vor, und während das Teewasser heiß wurde, ging sie ins vordere Zimmer und sah aus dem Fenster. Inzwischen war es dunkel geworden und die Straßenlaternen warfen ihr diffuses Licht, kaum mehr als winzige Flecken. Laura schaute in die Dunkelheit. Offenbar lag der Blumenstrauß immer noch auf der Bank; ein weißes Band leuchtete im Schatten. Wer hatte ihn bloß dort vergessen? Schade um die schönen Blumen! Sie
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