Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
und doch für die Leute hier immer noch das Mädchen Laura. Sie hatte hier viele Verehrer, glauben Sie mir. Irgendwann begann Martin in Berlin zu studieren, ausgerechnet in Lauras Stadt. Und natürlich sind sie sich begegnet. Ich weiß nicht, was dort passierte, jedenfalls kam Laura wieder öfter hierher. Sie hatte auch angefangen zu studieren und in ihrer vorlesungsfreien Zeit verbrachte sie hier viele Wochen. Martin besuchte sie oft. Fakt ist, dass Laura noch immer allein lebt und Martin inzwischen noch zwei Kinder hat und mit einer Frau, die er nicht wirklich liebt, verheiratet ist. Er trauert um die Chance mit Laura, doch ich denke, das ist vorbei. Er hat es akzeptiert, in ihrem Leben nicht mehr die Hauptrolle zu spielen.«
Judith Brunner war da eher skeptisch. »Das sah mir eben aber nicht so aus. Er war ziemlich besorgt.«
»Na, ich habe ja auch nicht gesagt, dass er die Zeit nicht wieder zurückdrehen möchte.«
Judith Brunner überlegte. »Was ist mit Bachs Ehefrau? Weiß sie davon?«
»Seine Frau? Warum? Sie glauben doch nicht, dass die etwas mit diesem Überfall zu tun hat?«
»Warum nicht? Das hier muss gar nicht mit dem Fall Heitmann zusammenhängen. Vielleicht war Laura Perch hier jemandem einfach nicht willkommen.«
»Nun muss ich Sie aber mal zitieren, dass Zusammenhänge dieser Art, nein – ›es wäre schon ein großer Zufall, wenn hier mehrere derartige Ereignisse unabhängig voneinander aufträten‹ – Ihre Worte, Frau Kollegin. Und außerdem hat Bachs Frau ein Alibi.«
»Ach ja?«
»Sie ist derzeit in Behandlung, geschlossene Station. Leider ist sie dort öfter, und wie es aussieht, wird sich ihr Zustand dauerhaft nicht bessern lassen.«
»Oh!? Was ist passiert?«
»Genau weiß ich das nicht, auf jeden Fall hat sie schlimme Depressionen. Wollen Sie es genauer wissen?«
»Ja, bitte erkundigen Sie sich morgen bei Herrn Bach danach, und bitte auch direkt in der Klinik, ob seine Frau heute Abend wirklich dort war.«
Walter hielt das für übertrieben, mochte aber keine Diskussion mehr zu dieser späten Stunde beginnen und nickte. »Wird erledigt.«
»Und Sie sind sicher, dass die beiden kein Paar mehr sind?« Judith Brunner ließ nicht locker.
»Doch, doch. Ich kenne sie nun über dreißig Jahre, noch als Kinder sozusagen. Aber fragen Sie doch Laura selbst«, lächelte Walter seine Kollegin an.
»Ja klar«, schmunzelte sie zurück, »hoffentlich kann sie uns morgen etwas erzählen. Die Frage von Herrn Bach war berechtigt: Was wollte sie eigentlich dort auf dem Dorfplatz? Um diese Zeit?«
»Meinen Sie wirklich, jemand wollte sie umbringen? Vielleicht hatte er nur vor, sie zu erschrecken oder ihr eine Warnung zukommen zu lassen.« Er fuhr sich mit der Hand ein paar Mal über den Nacken. Er war müde. »Wie machen wir nun weiter?«
»Ich fahre morgen früh erst mal nach Gardelegen in die Kreisbehörde, sicher haben die dort die ersten Ergebnisse aus den Laboren. Und zur Gerichtsmedizin muss ich ja auch noch. Das wird sicher interessant. Ich freue mich richtig darauf, Dr. Renz wiederzusehen. Mal sehen, wie weit ich dort komme.«
Die Vorfreude war ihr anzumerken. Dr. Renz also. Na ja, Walter Dreyer war der Name unbekannt. »Und ich?«
»Sie können hier mit den Befragungen weiter machen, Sie kennen die Leute doch gut. Den Gärtner, die Putzfrau und all die Leute, die Heitmann an seinem letzten Tag noch gesehen haben.«
»Hm, gut«, Walter stand auf, »falls Sie mich heute Nacht wegen Laura brauchen sollten – Sie wissen, wo ich wohne.«
»Ich hoffe, das wird nicht nötig sein. Doch es beruhigt.« Judith Brunner erhob sich ebenfalls und begleitete ihn zur Tür. »Danke und gute Nacht.«
Judith überlegte kurz, ob sie ihren Chef so spät noch informieren sollte. Immerhin hatten sich die Dinge recht unerwartet entwickelt. Und morgen früh würde er die Meldung über den Mord auf seinem Schreibtisch vorfinden und von ihr Erklärungen verlangen. Doch viel hatte sie noch nicht vorzuweisen. Außerdem war er um diese Uhrzeit sicher nicht mehr im Büro, und zu Hause wollte sie ihn nun wirklich nicht anrufen. Sie wählte ohne große Erfolgsaussichten seine Dienstnummer. Nur die Bereitschaft meldete sich und Judith hinterließ eine kurze Nachricht. Irgendwie war sie erleichtert, dass es ihr gelungen war, der Form Genüge getan und trotzdem das direkte Gespräch vermieden zu haben.
Sie räumte den Tisch ab, sah nach der Patientin, kontrollierte, ob Tür und Fenster geschlossen waren, und
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