Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
wieder Sorgen. Mir geht es gut, so wie ich lebe. Bisher war einfach noch nicht der Richtige dabei. Erzähl du mir lieber, was sich in den letzten Wochen in Waldau getan hat. Zu Astrid wird nicht so viel Klatsch getragen und ich bin doch so neugierig. Bitte!«, lenkte Laura ab. Sie wollte nicht über den Mord reden. Noch nicht. So konnte sie die ungetrübte Stimmung noch etwas genießen.
Irmgard Rehse begann, Brot abzuschneiden.
Laura hatte nie aufgehört zu bewundern, wie die Frauen freihändig, den dreipfündigen Brotlaib vor die Brust geklemmt, mit einem Messer gleichmäßig dicke Scheiben selbst von frischem Brot abschneiden konnten. Ihr gelang das nicht einmal auf einem Tisch.
»Was soll hier schon los sein, Mädchen. Herbst ist’s geworden. Da passiert bei dir in der Stadt sicher mehr«, zierte sie sich. Doch dann begann Tante Irmgard zu erzählen.
Laura hörte über eine Stunde lang den belanglosen Neuigkeiten aus der Umgebung zu: Im übernächsten Dorf hatte es gebrannt. Zwei Nachbarkinder waren in die Stadt gegangen, um dort einen Beruf zu lernen. Das Haus von Heuers aus dem Oberdorf war fertig geworden, und es hatte ein lustiges Fest gegeben. Die »jungen Leute« waren dabei natürlich zu laut gewesen und hatten zudem im Park »rumgemacht«. Tante Irmgard nahm einen Schluck Kaffee und fuhr fort: »Also, ein paar Tage nachdem du das letzte Mal weggefahren warst, erschien eine Zeitung mit Werbung für die Altmark. Für Leute aus der Stadt, du weißt schon. Seitdem waren tatsächlich ein paar Touristen im Dorf. Einige wollten hier sogar ein Haus kaufen, oben, an der Pflaumenallee. Andere haben überlegt, ob ausreichend Platz für neue Häuser wäre. Na ja, das wird wohl alles noch dauern. Jedenfalls waren allerhand Fremde unterwegs und der Umsatz im Gasthof stieg.«
Laura wollte mehr wissen. »Was für Leute waren das denn so?«
»Ach, na alle möglichen eben. Meistens kamen sie im Auto und fuhren langsam durchs Dorf. Schon ein bisschen älter die meisten, aber auch junge darunter. Stell dir vor, einige hatte sogar Kameras dabei! Und ohne zu fragen, fotografierten sie drauflos, als gäbe es hier was zu sehen. Erna Zuber hat sie ausgeschimpft und vor ihrem Garten weggescheucht, doch die haben bloß über sie gelacht. Und einer ist sogar gleich hier geblieben. Ein junger Lehrer«, betonte sie stolz. »Er ist in das alte Hirtenhaus gezogen, das stand ja sowieso schon ewig leer.«
Jetzt konnte Laura den Grund für das Geschimpfe der Winter-Schwestern auf die jungen Lehrer erahnen, das sie im Zug unfreiwillig mitbekommen hatte. »Und sonst, wer hat sich noch so interessiert?«, fragte Laura beharrlich weiter.
»Na ja, irgendwelche großen Betriebe wollten wohl gleich die ganze Wiese hinten am Schäferberg kaufen und dort solche Bungalows für ihre Belegschaften und Touristen aufstellen, damit die sich hier am Wochenende von ihrem Stress erholen können. Als ob hierher jemand freiwillig kommen würde!« Irmgard Rehse schüttelte ungläubig den Kopf.
Laura hoffte, dass Tante Irmgard recht behielt, denn ihr behagte die Vorstellung von einem Waldau, das mit Wochenendtouristen bevölkert wurde, gar nicht.
»Am meisten haben wir Ollen uns aber über die zwei jungen Männer gewundert, die aus dem Wald kamen und sich nach dessen Besitzer erkundigten. Was wollen die denn mit einem Stück Wald?«
Gute Frage, dachte Laura. »Was für Wald denn?«
»Na der hinten, bei Lindenbreite. Ich kann mir auch nicht denken, dass die in diese Ruine noch Geld stecken wollen. Aber sie waren im Dunklen dort, und vielleicht haben sie nicht so genau erkennen können, dass die Gebäude nicht mehr nutzbar sind.«
»Und, ist was daraus geworden?«
»Das war ja das Merkwürdige. Abends saßen sie im Gasthof und haben sich mit Alfi Schuler angefreundet – was ja nicht schwer ist, wenn man dem ein paar Schnäpse spendiert«, musste Tante Irmgard hinzufügen, »und sind spät nachts wahrscheinlich noch weggefahren. Hier hat sie jedenfalls keiner wieder gesehen.«
Laura fragte skeptisch: »Wie sollen die denn nachts aus Waldau weggekommen sein? Hier, wo nur tagsüber ein Bus verkehrt.«
»Ich weiß auch nicht. Aber es ist schon seltsam. Keiner hat sie mit einem Auto gesehen und mit dem Bus sind sie auch nicht gekommen, das wüsste ich!«
Laura glaubte ihr das unbesehen. Immerhin hatte sie jetzt einen Anhaltspunkt, der Judith und Walter bei ihren Ermittlungen vielleicht weiterhelfen konnte. Die Männer mussten noch anderen Bewohnern
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