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Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Titel: Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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gehört sich auch nicht, oder?«
»Akzeptiert«, gab Judith Brunner zurück. »Aber ich darf Sie einladen!« Sie wollte ihr schlechtes Gewissen beruhigen.
»Nichts da! Was meinen Sie, wie mein Ansehen hier schwindet, wenn ich mich von einer Kollegin einladen ließe, noch dazu von einer so charmanten Frau. Nein, nein. Sie müssen sich schon anderweitig revanchieren.«
Während sie so freundschaftlich disputierten, waren sie fast am Wirtshaus »Zur altmärkischen Schweiz« angelangt. Es lag auf ungefähr halber Strecke zwischen dem Ober- und dem Unterdorf in einem präsentablen, zweistöckigen Gebäude. Sogar einige Gästezimmer waren vorhanden. Das schöne Herbstwetter hatte den Wirt ermuntert, einige Tische und Stühle ins Freie zu stellen. Judith und Walter fanden einen Platz mit den letzten Sonnenstrahlen, geschützt an der Hauswand, wo man noch ein paar Minuten verweilen konnte. Gegenüber, an der kleinen Anpflanzung zwischen der Straße und dem Teich des Gutsgeländes, hielt gerade ein Bus und einige Fahrgäste stiegen aus. Walter beobachtete interessiert die Ankommenden und wusste zu berichten: »Das ist der Bus, der nachmittags aus Gardelegen kommt, mit Schülern und mit Leuten, die dort arbeiten oder einkaufen. Er wartet am Bahnhof immer noch auf den Zug, mit dem aber um diese Zeit kaum noch jemand kommt, der nach Waldau möchte. Die Fahrer sind über die kleine Pause froh und manchmal reicht die Zeit sogar, um auf einen Kaffee und einen Schwatz in die Bahnhofswirtschaft zu gehen. Vormittags ist es übrigens dieselbe Prozedur, nur sind die Leute dann mittags hier. Und wer gleich früh morgens in die Stadt fährt, hat den ganzen Vormittag Zeit, seine Angelegenheiten zu erledigen und kann mittags wieder hier sein. Der Bus ist mit seinen nur vier Runden sehr beliebt, wobei der Spätbus aber nicht immer fährt.«
Judith schwieg und sah den Leuten zu, die sich nun, nach Abfahrt des Busses, verliefen. Zwei Männer, die Walter Dreyer grüßend zunickten, setzten sich an einen anderen Tisch, und sahen nun ihrerseits neugierig zu ihnen herüber. Nicht etwa verstohlen, nein ganz direkt und eigentlich auf eine erklärende Bemerkung von Dreyer spekulierend.
Doch der tat nicht dergleichen und sah nur Judith Brunner wieder an. »Nun, ich denke, ich erzähle Ihnen etwas mehr von den Winter-Schwestern.«
Doch ausgerechnet in dem Moment kam der Gastwirt und fragte nach ihren Wünschen. Auch er blickte Dreyer auffordernd an, seine Tischnachbarin vorzustellen. Dem Wirt tat er den Gefallen. Anschließend bestellte er für sich ein Bier und Semmelwürste. Judith Brunner nahm nur eine Weinschorle. Während sie warteten, begann er: „Wissen Sie, die beiden sind wohl gleich nach dem Krieg hierher gekommen, bezogen das vornehmste Haus im Oberdorf und tun im Übrigen so, als gehöre das Anwesen schon seit Generationen ihrer Familie. Als ich meinen Dienst bei der Polizei aufnahm, interessierten mich die Schwestern nicht. Im Dorf aber waren sie schon eine gewisse Attraktion. Fremd, unnahbar und völlig anders als die Altmärker im Allgemeinen, und so dauerte es nicht lange, bis die merkwürdigsten Gerüchte im Umlauf waren. Von verarmten polnischen Adligen über geflohene ostpreußische Gutsherrinnen war alles vertreten. Sie mieden unnötigen Kontakt zu den Dorfbewohnern und empfingen nur selten Besuch. Das ist übrigens heute noch nicht viel anders. Nun gut. Ein paar Jahre später kehrte ich nach einem Kurzlehrgang nach Waldau zurück und war nun Vorsteher der Ortspolizeistation. In der Zwischenzeit hatten sich mehrere Diebstähle ereignet, nichts Wertvolles, aber für die Betroffenen ärgerlich. Natürlich ging niemand davon aus, dass es einer von hier war und mangels anderer Fremder waren Anne und Emily Winter schnell als Schuldige ausgemacht.
Walter Dreyer machte eine Pause, als die Getränke serviert wurden. Sie prosteten sich zu und er fuhr fort: »Ich begann, wegen der Diebstähle intensiv zu ermitteln. Es war schließlich mein erster Fall, und tatsächlich stieß ich im Wald auf Spuren von Landstreichern, irgendwer hatte sogar gewildert und aus den Gärten verschwand Gemüse. Alle im Dorf waren jetzt auf der Hut. Schon bald hatte jemand Männer beobachtet, wie sie von den verlassenen Gebäuden des Vorwerks, nahe am Wald, flohen. Danach hörten die Vorfälle schlagartig auf. Doch das Misstrauen im Dorf gegenüber den Schwestern blieb. Die Sache selbst verlief aber im Sande«, unterbrach Walter Dreyer kurz seine Erzählung.

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