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Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Titel: Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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kochen müssen, und so hat man die Brühe für die Suppe. Während dessen hat man Zeit für die kleinen Klößchen. Hunderte müssen gemacht werden. Also frisches Hackfleisch muss her, das Semmelmehl, Eier und natürlich Gewürze. Alles in großen Mengen, denn schon beim Mischen und Abschmecken gibt es den ersten Schwund, der sich dann beim Formen fortsetzt. Besonders wenn Naschkatzen«, hier warf sie einen Blick auf die Laura und Astrid, »mit ›helfen‹. Keiner verrät natürlich sein Rezept und so schmecken sie immer wieder anders. Die Klößchen werden dann noch in leicht kochendem Wasser gegart und bis zum nächsten Tag kaltgestellt.«
Walter Dreyer ergänzte: »Dasselbe Problem gibt es beim Eierstich. Auch da helfen Naschkatzen gern mit. Wenn die Milch und die Eier gestockt sind, muss die Masse vorsichtig aus dem Topf genommen und in Würfel geschnitten werden. Es duftet herrlich nach Muskat und man braucht schon einen eisernen Willen, um nicht gleich darüber herzufallen. Für das Schneiden nimmt man übrigens ein Messer mit gewellter Klinge, damit die Würfel hübscher aussehen.«
»Es ist wirklich köstlich. Auch die kleinen Würstchen sind wunderbar«, schwärmte Judith Brunner.
»Die gibt’s beim Metzger gratis, wenn man genügend Hackfleisch kauft«, verriet ihr Walter Dreyer. »Als Laura ein Kind war, hat sie immer am liebsten Buchstaben-Nudeln gehabt und damit versucht, ihren Namen auf dem Tellerrand zu legen. Aber die Sternchen tun es sicher auch.«
»Und ich finde das Gemüse immer am leckersten«, offenbarte sich Astrid jetzt.
»Ja, aber nur, wenn du die Schoten nicht auspahlen und die Möhren nicht putzen musst«, scherzte Laura.
»Richtig, und den Spargel nicht schälen.«
Judith Brunner gab mit Freuden zu, einen weiteren Teller Suppe zu vertragen, und auch die anderen baten um Nachschlag. Selbst Laura entwickelte einen gesunden Appetit, und als das Dessert aufgetragen wurde, waren alle rundum zufrieden. Selbst Wilhelmina, die in der Küche für sich ein Schüsselchen Frikassee gefunden hatte, wusste nicht, ob sie dösen oder schnurren sollte, und versuchte beides.
»Sie haben übrigens sehr hübsche Löffel, Frau Rehse. Was ist das für ein Wappen hier?« Judith betrachtete interessiert die Prägung am Stiel.
»Ach, das weiß ich nicht genau. Die Löffel sind Teil von einem Besteck, das wir nach dem Krieg im Wald gefunden haben.«
»Im Wald gefunden? Wie das?«
»Na, viele von uns, und auch Fremde, die hier auf der Flucht durchkamen, haben ihre Wertsachen vergraben, um sie vor den anrückenden Truppen oder Plünderern zu verstecken. Natürlich hatten die Ahlsens das meiste zu verstecken, aber auch einfachere Familien wie meine wickelten ihre wenigen Silberteile, Schmuck oder sogar Bilder in Ölpapier ein, um sie zu retten.«
»Mein Großvater erzählte mir, dass er sogar Würste und Schinken vergraben hatte, damit die Soldaten sie nicht finden konnten.« Laura hatte seinen Geschichten immer mit Inbrunst gelauscht.
Walter bestätigte: »Das haben viele gemacht, stimmt. Und die Polizei hatte nach dem Krieg zu tun, die Streithähne auseinander zu bringen, die sich die Kisten untereinander abspenstig machen wollten. Alle hatten Hunger und viele hatten Haus und Hof verloren. Besonders die Flüchtlinge und später die Vertriebenen waren arm dran. Oft ohne das Nötigste bei Nacht und Nebel davon, kaum das Leben gerettet. Wem wollte man da das Graben verübeln?«
»Wichtig war auch, den richtigen Zeitpunkt zum Ausgraben seiner Sachen zu finden. Die Truppen oder ihre versprengten Einheiten mussten schon in sicherer Entfernung sein, doch zu viel Zeit durfte man sich auch nicht lassen. Sonst drohte die Plünderung durch andere oder die Lebensmittel verdarben«, wusste Irmgard Rehse noch aus eigener Erfahrung. »Wir haben jedenfalls noch Jahre danach im Wald Sachen gefunden. Ein Nachbar brachte mir jedenfalls diese Besteckteile mit, als er Holz schlagen war. Sie waren in ein Tuch gewickelt und ganz schwarz angelaufen. Nach dem Putzen aber sah man dann, wie fein sie gearbeitet waren.«
»Sehr schöne Löffel, wirklich«, bewunderte Judith Brunner das Besteck. Dann wandte sie sich Laura zu. »Frau Perch, was könnte das denn für ein Wappen sein?«
»Ich denke, das ist kein echtes Wappen, sondern wurde lediglich zur Zierde entworfen. Es fehlt zum Beispiel ein ausgearbeitetes Schild, was in den meisten Fällen üblich war. Und das Motiv, diese Blumenranke, ist auch eher untypisch für ein

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