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Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Titel: Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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alten Geschichten aus. Das wunderte mich etwas, denn er war hier genauso zu Hause wie ich.«
»Was für Geschichten?«, Judith Brunner wurde hellhörig.
»Na ja, unsere Schulzeit betreffend. Mit wem wir zur Schule gegangen sind. Was aus den anderen geworden ist und so weiter. Ich dachte erst, er hat es wirklich vergessen und machte mir schon Sorgen um seine Gesundheit. Doch dann habe ich die alten Fotos raus gekramt und merkte, ihm fielen sogar noch mehr Namen ein als mir.«
Walter Dreyer und Judith Brunner sahen sich an. Wieder Fotos! Bei Heitmann waren welche verschwunden. Fragte er seinen Freund deshalb?
»Alte Fotos? Dürfen wir die vielleicht auch mal sehen?«
»Kein Problem! Ich suche die Schachtel gerne raus. Es waren meist Klassenfotos. Ich habe viele davon aufgehoben, schließlich bin ich hier der Lehrer gewesen«, blickte er stolz in Judith Brunners Richtung. Das Aufstehen fiel ihm wieder schwer, doch zog er sich an der Tischkante mit der einen Hand hoch und mit Unterstützung des Stockes gelangte er in einen, wenn auch unsicheren, Stand. »Hilf mir mal Walter, hier unten müssen die Schachteln sein, da rechts.« Er wies auf einen geschlossenen halbhohen Schrank mit zwei Türen. Walter Dreyer öffnete die rechte Tür und sah, dass der gesamte Schrank mit Schachtel unterschiedlichster Größe gefüllt war. »Meine Güte, das müssen ja Generationen sein. Wie finden wir die Fotos wieder?«
»Oh«, Meiring wirkte überhaupt nicht ratlos, »ich habe sie einfach reingestellt. Sind es nicht die oberen?«
»Na, ich versuche mal, die richtige zu finden.« Walter Dreyer kniete vor dem Schrank nieder und begann, die oberen Schachteln zu durchsuchen.
Judith Brunner half dem betagten Mann, sich wieder hinzusetzen, und ließ ihm Zeit.
Unvermittelt setzte Johannes Meiring fort: »Jetzt fällt es mir wieder ein: Von heut auf morgen wurde Laurenz aktiver. Lief mehr als sonst im Wald herum! Alleine wandern war sonst nicht seine Art.«
Auch ohne das Besondere an dieser Aussage zu verstehen, fragte Judith Brunner gespannt nach: »Wann war das, können Sie sich daran erinnern?«
Meiring erzählte weiter: »Ach, das war alles in diesem Sommer. Doch so in letzter Zeit bemerkte ich, dass ihn das Wandern nicht entspannte; dass er irgendwie wütend war, nur fand ich keine Erklärung, worauf. Sogar Hass habe ich bei ihm bemerkt. So etwas kannte ich bis dahin nicht von ihm und es beunruhigte mich schon mächtig.«
»Haben Sie ihn gefragt, was los war?«
»Ja, natürlich!«
»Und, hat Heitmann es Ihnen gesagt?«
»Er sagte, und es war merkwürdig, mit welcher Entschlossenheit, dass es Gerechtigkeit geben muss, auch wenn es nicht mehr allen helfen kann.«
»Gerechtigkeit? Was könnte Ihr Freund damit gemeint haben?«
»Keine Ahnung, unter Umständen wollte er es mir vorgestern anvertrauen, doch daraus wurde ja nichts mehr.«
Alle drei schwiegen einen Moment.
»Vorgestern? Hatten Sie etwas geplant?«, fragte Judith Brunner nach. Kamen sie dem außergewöhnlichen Vorhaben Laurenz Heitmanns für den Donnerstagabend endlich auf die Spur? Bisher hatten sie niemanden gefunden, dem Heitmann seine Absichten anvertraut hatte.
Johannes Meiring fing erneut an zu erzählen: »Vorgestern war unser besonderer Abend. Eigentlich albern, doch wir haben ihn all die Jahre beibehalten.«
Walter sah seine Kollegin an und bedeutete ihr zu schweigen. Dann setzte er sich leise wieder an den Tisch.
»Wir waren drei. Der Laurenz Heitmann, der Emil Winter und ich. Wir wuchsen zusammen auf, gingen hier zur Schule. Als der Erste von uns zehn wurde, der Emil, haben wir uns abends bei den Blutbuchen getroffen. Er hatte schon Tage vorher vom gelungenen Stibitzen einer Flasche Obstwein aus den Beständen seines Großvaters berichtet und wir waren voller Vorfreude. Wir haben wie immer viel geredet und Pläne fürs Leben geschmiedet; der Alkohol tat sicher sein übriges dazu, und dann schlug Emil vor, egal was das Leben noch bringt, sich jedes Jahr an diesem Tag bei den Blutbuchen in Waldau zu treffen. Jeder sollte versuchen, hierher zu kommen. Es ist uns gelungen, diese Verabredung sogar während der Kriegsjahre einzuhalten! Doch beim ersten Treffen im Herbst danach fehlte Emil Winter. Ohne Nachricht. Emil blieb verschwunden und wurde zehn Jahre später für tot erklärt. Doch der Laurenz und ich, wir haben uns weiter dort getroffen, an Emils Geburtstag. Wir haben an unseren Freund gedacht, und dann haben wir meistens noch im Wirtshaus bei einem

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